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Schwuler TikToker soll aus Russland deportiert werden
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Festnahme wegen Homo-Propaganda Schwuler TikToker in Russland

co - 14.04.2023 - 08:03 Uhr

Auf YouTube und TikTok sind Haoyang Xu (21) und sein russischer Freund Gela Gogishvili (23) für ihre Trend-Videos und Einblicke in ihr Leben als Paar bekannt. Jetzt wurden sie wegen genau dieser Videos verhaftet. Den beiden wird ein Verstoß gegen das Verbot von „LGBTI*-Propaganda“ vorgeworfen. Xu soll nun deportiert werden.

Über das Paar

Vor zwei Jahren zog Xu von China nach Russland, um dort an der Universität Russisch zu studieren. Gogishvili lernte er über eine Dating-App kennen. Seither sind die beiden auf YouTube und TikTok aktiv. In letzter Zeit werden sie von den Behörden allerdings zunehmend unter Druck gesetzt. PR-Manager Robert Lebedev von der Moskauer Organisation Delo LGBT+ erklärte Metro.co.uk, dass das Paar seit Dezember zur Zielscheibe bekannter LGBTI*-feindlicher Personen wurde.

Im Februar gab eine Person aus der Nachbarschaft der Polizei einen Hinweis zu den Social-Media-Auftritten des Paares. Daraufhin flohen die beiden aus Moskau. Bevor sie nach Kazan zurückkehrten, das in der russischen Republik Tatarstan liegt, wendeten sich die beiden an Lebedevs Organisation.

Unter Vorwand festgenommen

In einem YouTube-Video erklärte Gogishvili, dass die Polizei seinen Freund vor einer Burger-King-Filiale angehalten habe und seine Ausweispapiere sehen wollte. Xu habe daraufhin Gogishvili gebeten, die verlangten Dokumente zum Restaurant zu bringen. Die Polizeikräfte wollten die Ausweise jedoch vor Ort nicht anerkennen und eskortierten das Paar stattdessen zur Polizeiwache – angeblich um die Echtheit der Dokumente zu überprüfen.

„Es schien eine Falle zu sein“, erklärte der Russe. „Wir kamen an der Polizeidienststelle an und schon warfen sie mir LGBTI*-Propaganda nach Artikel 6.21 vor. Haoyang drohen sie mit Abschiebung. Sie haben uns getäuscht.“ Laut Gogishvili hielt die Polizei das Paar fünf Stunden lang fest. Xu musste sogar über Nacht bleiben – ohne Mobiltelefon, denn das hatte die Migrationsbehörde beschlagnahmt. Zugang zu einer Rechtsvertretung bekamen die beiden erst, als einer ihrer Abonnenten bei der Wache anrief und danach verlangte.

Das Urteil

Xu wurde beschuldigt, 19 Videos hochgeladen zu haben, in denen sich das Paar „gegenseitig an verschiedenen Körperteilen berührt, einschließlich der Genitalien“. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, „unter Minderjährigen den Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung zu verbreiten“. Anwalt Adel Khaydarshin stellte diese Behauptung in Frage: Die Zugriffsstatistiken des bemängelten YouTube-Accounts seien nicht öffentlich und seine Inhalte nur für Volljährige zugänglich.

Laut einem Beitrag des gemeinsamen Telegram-Accounts des Paares wurde Xu schuldig gesprochen. Nun soll er eine Woche in einer Haftanstalt für Migrierte verbringen. Danach wird er abgeschoben. Gogishvili sagte dem Telegramm-Nachrichtensender SOTA nach dem Urteilsspruch: „Wir wollten uns nicht verstecken und uns wie Ratten verkriechen. Wir wollten für unsere Rechte und unsere Liebe kämpfen.“ Er will gegen das Urteil Berufung einlegen. Gogishvili selbst könnte aufgrund derselben Vorwürfe zu Strafzahlungen von mehreren tausend Euro verurteilt werden.

Leider vorhersehbar

„Diese Szene haben wir kommen sehen“, so Lebedew über das Urteil. „Es gab für Haoyang nur eine kleine Chance darauf, dem zu entrinnen.“ Anwältin Ksenia Mikhailova von der Organisation Coming Out sieht den Schuldspruch als Beispiel dafür, wie das russische Propaganda-Verbot gegen nicht-russische LGBTI*-Personen eingesetzt werden kann. Sie erinnerte allerdings auch daran: Dasselbe Schicksal kann nicht nur LGBTI*-Personen ereilen, sondern auch andere Menschen, die als „ausländische Agenten“ für LGBTI*-Propaganda gelten. Es mache Migrierte generell anfälliger für intersektionelle Diskriminierung.

Tatsächlich richten sich laut Lebedev drei Viertel der Verfahren wegen des im November verschärften Verbots von LGBTI*-Propaganda gegen nicht-russische Personen. Das Land versuche so, LGBTI*-Lebensweisen als etwas Nicht-Russisches darzustellen und zu suggerieren: „Wir können niemals homosexuell sein. Das können nur ausländische Personen, und die sollten ausgewiesen werden.“

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