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Am Aschermittwoch war alles vorbei

Umfrage Am Aschermittwoch war alles vorbei

vvg - 31.03.2023 - 17:00 Uhr

Bart & Hans

2 Holländer aus Brüssel

Wir haben früher in Brabant/Holland gewohnt und dort schon immer Karneval gefeiert. Dann sind wir nach Belgien umgezogen, da wurde zwar auch Karneval gefeiert, aber das war für uns eher traurig. So kam uns die Idee, mal nach Köln zu fahren, weil die Stadt ja bekannt dafür ist, die Karnevalshochburg zu sein. Wir finden, die Kölner sind ein bisschen wie die Limburger und auch die kölsche Sprache hört sich ein wenig an wie die holländische. Köln und seine Bewohner haben eine gewisse Gemütlichkeit und man findet hier mehr Spaß, mehr Stimmung und viel mehr schwule Männer. Die Kölner verstehen einfach gut zu feiern, was wir bisher auch beim Gay-Pride und beim Bear-Weekend festgestellt haben.

Während der Coronazeit haben wir das erste Jahr Karneval vor dem Fernseher gesessen. Allerdings haben wir vor zwei Jahren den „Elften im Elften“ in Sitges/Spanien verbracht und dort unsere 32-jährige Beziehung gefeiert. Letztes Jahr waren wir auf Gran Canaria.

Über den Kölner Karneval können wir nichts Schlechtes sagen oder kritisieren. Selbst wenn das Wetter nicht mitspielt, die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich, die Atmosphäre bombastisch, die Menschen freundlich, in guter Stimmung, sehr hilfsbereit und stets kontaktfreudig. Und das ist eigentlich das ganze Jahr hindurch in Köln so. Wir lieben die bunten, sehr einfallsreichen Kostüme. Und selbst die uns sehr fremden Karnevalsschlager, die wir in den Tagen hören, können wir spätestens am dritten Tage mitsingen.

Wir sind sieben Tage in der Stadt und genießen die Zeit von Weiberfastnacht an, über den Rosenmontag, die Nubbelverbrennung, bis hin zum Aschermittwoch. Und wie man sieht: Selbst an das Kölsch trinken haben wir uns mittlerweile gewöhnt.

Jens, Stephan & Jörg © vvg

Jens, Stephan & Jörg  

aus Halle, Hamburg und Hannover

Jens: Für mich bedeutet Karneval: Feiern, ausgelassen sein, gute Stimmung, Freunde treffen und natürlich schöne Männer sehen und hier trifft man Männer in Mengen. In Halle gibt es auch einen Rosenmontagszug, aber da war ich noch nie dabei. Da passiert relativ wenig, weil alle arbeiten müssen und es hält sich auch die Stimmung in Grenzen. Kein Vergleich zu Köln und wenn ich Karneval feiere dann beim Original.

Stephan: Für mich bedeutet Karneval mit Freunden zusammen zu feiern und dabei ein paar lustige Tage zu verbringen. Dabei stehen der Spaß und Partys im Vordergrund. Wir machen das schon seit Jahren, dass wir uns mit acht Freunden aus ganz Deutschland für gemeinsame Tage in Köln verabreden. Leider können gesundheitlich bedingt nicht mehr alle dabei sein. In Hamburg könnte ich mir so einen Umzug durch die Stadt nicht vorstellen. Der Norddeutsche ist für so etwas nicht geeignet. Jetzt nach zwei Jahren Corona macht es umso mehr Spaß, mal wieder in der Masse zu feiern.

Jörg: Karneval ist Spaß, Stimmung und lecker Kölsch. Ich kannte früher nur den Braunschweiger Karneval, allerdings auch nur vom Hören. Für mich als Hannoveraner kommt nur der Kölner Karneval in Frage und den feiern wir seit 1989 gemeinsam. Damals waren wir sogar mit acht Freunden unterwegs. Wir besprechen vorher, für welches Kostüm wir uns entscheiden und zwar immer eins, dass man uns als Gruppe wahrnimmt. Unser geilstes Kostüm war - glaube ich - 2006: Da standen wir gemeinsam als Gartenzaun verkleidet, damals noch beim legendären Rosa Funken Ball. Das war echt sehenswert.

Ein Leben ohne Karneval wäre wie ein Leben ohne Spaß. Aber für uns gibt es ja ein Leben mit Karneval.

Mario & Holger © vvg

Mario & Holger  

aus Köln & Montabaur

Uns reizt am Karneval das Miteinander, das Verkleiden mit tollen, ausgefallenen Kostümen, die Atmosphäre und Superstimmung, zu der wir nicht mal Alkohol brauchen.

In der Coronazeit hat uns das alles gefehlt. Es wurde endlich Zeit, dass man wieder diese positive Energie bekam. Es ist einfach schön, dass man wieder ein bisschen verrückt sein darf.

Ich (Mario) als Italiener weiß, dass in Italien unterschiedlich Karneval gefeiert wird. Der venezianische Karneval ist sehr chic und teuer. Für ein Kostüm geben die Leute mehrere tausend Euro aus und man trägt echten Schmuck. In Viarregio hat man riesige Wagen mit beeindruckenden hohen Masken und Puppen darauf. Und in Ivrea/Piemont findet eine Orangenschlacht statt.

Ich wohne seit 16 Jahren in Köln und war anfangs überrascht, wie groß und toll man hier den Karneval feiert. Die ist Stimmung einmalig und die unzähligen schwulen, gutaussehenden Männer sind alle flirty und gut drauf. Mittlerweile bin ich schon bekannt, weil ich ein Tänzer bin und meistens als Mädchen verkleidet war mit riesigen Perücken und Federn. Wenn ich in eine Straßenbahn einstieg, hatte ich ein kleines Radio dabei und habe an der Stange getanzt. Ich bekam viel Komplimente.

Die Coronazeit hat uns ausgebremst, aber wir sind positiv und sehen, dass die Stimmung langsam wiederkommt. Wir waren auch nie nur schwul aus; besonders in gemischten Gesellschaften macht es viel Spaß und selbst ältere und verheiratete Männer haben ausgelassen mitgefeiert.

Wir hatten auch nie Probleme und hatten oft wesentlich ausgefallenere Kostüme an als heute. In meiner Heimat Neapel wäre man nicht so tolerant wie in Köln. Hier will man feiern, niemand will Streit haben. Und das lieben wir. Jeder Jeck ist zwar anders, aber alle gehören zusammen.

Ralf & Markus und Wolfgang © vvg

Ralf & Markus und Wolfgang

aus Köln und Wien

Ralf: Wir lieben den Karneval und treten seit Jahren meist als Kleingruppe auf, weil viele von einer Sorte einfach genialer sind und wir - je nach Kostümierung - auffälliger wirken. Als Kölner muss man aber kein Karnevalist sein; das Feiern geschieht auf freiwilliger Basis. Aber all die, die den Karneval lieben, sind heute auf der Straße, und - wie man sieht - die Kölner Straßen sind restlos überfüllt. Wer das nicht mitmachen möchte, fliegt in den Urlaub. Wir gehören auf jeden Fall zu denen, die Karneval lieben und wir hätten auch keine Probleme damit, in Düsseldorf zu feiern. Der Straßenkarneval ist doch überall gleich. Na gut: Hier in Köln ist die Anzahl der schwulen Männer natürlich am größten.

Markus: Karneval ist eine Ausnahmesituation im positiven Sinne. Man feiert, man verkleidet sich. Wir (Rolf und Markus) sind keine echten Kölner, sondern vor 22 Jahren hierhergezogen. In diesem Jahr feiern wir mit unserem Ex-Freund aus Wien. Circa drei Wochen vorher entscheiden wir uns für die Kostümierung, was wir über die Tage anziehen wollen und dann fangen wir an zu klöppeln. Das Schöne an den letzten beiden Coronajahren, als der Karneval ausfiel, war eigentlich nur, dass wir mal eine Pause vom vielen Nähen hatten. (lacht)

Wolfgang: In Wien gibt es keinen Karneval, sondern nur die „Alemannische Fastnacht“. Wenn wir wie hier in diesem Aufzug so auftreten würden, stände Wien Kopf. Aber ich bin kein Original Wiener, sondern bin ganz im Norden geboren und über München nach Wien gelangt. Aber zusammen mit Ralf, Markus und unzähligen feierwütigen Menschen genieße ich Kölns größte Straßenparty. Ralf würde behaupten, die hätten mich unter Drogen gesetzt und in ein Kostüm gesteckt. (lacht)

Stefan & Loisel © vvg

Stefan & Loisel

aus Cloppenburg bei Oldenburg

Eigentlich waren wir keine Karnevals-Fans, aber durch einen guten Freund haben wir in diesem Jahr die Chance bekommen, den Kölner Karneval mitzufeiern. Und wir müssen sagen: „Wir hatten bei unserem ersten Mal wirklich eine Menge Spaß!"

Bei mir, Stefan, war das anders: Ich komme aus einer kleinen Gemeinde bei Lastrup und da gab es früher einen kleinen Umzug, in dem ich mit Freunden in der Fußgruppe mitgelaufen bin. Ich kannte Karneval also und mag das. Leider wurde dieser Umzug eingestampft und es gibt ihn nicht mehr.

In Köln haben wir den Umzug von Weitem und vom Balkon aus miterlebt. Das Wetter spielte mit, es waren viele tolle Wagen und großartige Kostüme dabei. Uns gefällt einfach das ganze Drum-Herum-Paket.

Was uns auch fasziniert, ist die Größe des Zuges und die Logistik - all das, was hinter so einem Rosenmontagsumzug steckt, wie der organisiert wird, wie die Straßen direkt nach dem Umzug gereinigt werden und wie alles Hand in Hand auch hinter den Kulissen abläuft, dass so ein Groß-Spektakel reibungslos ablaufen kann. Es ist einfach interessant, so etwas mitzuerleben.

Wir waren auch am Samstag vor dem Rosenmontag auf dem Matrosenball, einer schwulen Veranstaltung der Kölner Stattgarde. Die Party war einfach mega. Kaum zu glauben, dass da 1.600 Männer im Matrosenoutfit gefeiert haben - das war schon ein Superspaß.

Ob wir im Nachhinein gesehen nun aber am Karnevalsgeschehen Blut geleckt haben – wissen wir noch nicht. Wer weiß, ob wir nicht schon im kommenden Jahr wieder mit dabei sein wollen. Was man ja nicht kennt, vermisst man ja bekanntlich auch nicht. Im letzten Jahr waren wir auch zum ersten Mal beim CSD auf Gran Canaria. Da haben wir Blut geleckt!

Stephan & Mathias © vvg

Stephan & Mathias

aus Oetinghausen bei Herford 

Stephan: Wir kommen gerne zum Karnevalfeiern nach Köln, denn uns bedeutet das „die schönste Jahreszeit“. Die Leute sind lustig und wir erleben dort jedes Mal eine supergeile Zeit. Während der Pandemiezeit haben wir einmal Streaming-Dienste benutzt, aber so etwas kommt leider über den Bildschirm nicht so rüber, als wenn man das live miterlebt. Im anderen Jahr habe ich eine Kölner Freundin besucht, ein ehemaliges Funken Mariechen und ihr einen „Frankfurter Kranz" mitgebracht. Die Torte haben wir gegessen, Sekt geschlürft und dabei die Puppensitzung vom Hännes’chen Theater angeschaut. Also die Tradition, Rosenmontag in Köln zu sein, habe ich auch in Coronazeiten nicht aufgegeben.

In Ostwestfalen gibt es auch Karneval, aber sehr eingeschränkt. Wir wohnen im nördlichen, evangelischen Teil, da hat Karneval feiern den gleichen Ruf, wie in den Puff gehen. Und so etwas macht man nicht! Es hängt halt davon ab, ob die Ortschaften katholisch oder evangelisch sind.  Bei uns in Diesberg, Delbrück oder Stukenbrock feiert man Karneval schon seit Menschengedenken. Aber ein Westfale feiert auch immer mit „gebremstem Schaum".

Ich habe in Münster studiert, da muss man nur Karneval feiern, weil man da ja katholisch ist: aber Lust dazu hat man eigentlich keine. Da wirkt Karneval ähnlich wie andern Orts Totensonntag.

Matthias: Ich stamme aus Rüsselsheim, da war mein Opa auch in einem Karnevalsverein. Von ihn habe ich meine Liebe zum Karneval und habe seit Kindertagen ein gutes Verhältnis zum Karneval. Irgendwann haben wir die Kölner Narrenzeit erlebt. Die Kölner sind offen und tolerant. Man trifft alte Freunde, lernt neue kennen und kann sich ganz frei als schwuler Mann bewegen. Und selbst der Karnevals-Gottesdienst alle im Kostüm ist beeindruckend.

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