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Das hat mich emotional total berührt …

UMFRAGE Das hat mich emotional total berührt …

vvg - 05.03.2023 - 17:00 Uhr

Georg

aus Leipzig

„Ooopaaa!“ - Dieser Ruf aus dem Mund meiner Nichte hat vor Jahren mein Herz aufgehen lassen. Bei einem Familientreffen in Hamburg machte die Sippschaft gerade eine Stadtrundfahrt, hinter mir saß auf Mamas Schoß das kleine Mädchen, noch keine eineinhalb Jahre alt, und irgendwo vorne lief gerade mein Vater durch den Bus.

Damals wusste ich: Jetzt ist es so weit, meine Eltern sind wirklich „Oma“ und „Opa“. Und ich habe mich sehr gefreut. Auch wenn ich keine eigenen Kinder habe und nicht gerade ein Papa-Typ bin, ist meine Familie für mich unendlich wertvoll. Eltern, Brüder, Omas und Opas waren immer ein Teil meines Lebens und haben mich geprägt. Hinzu kam ein riesiger Clan aus Verwandten um eine, zwei oder mehr Ecken, der nicht nur für Außenstehende unüberschaubar ist. Nur zur Einordnung: Ich hatte allein neunzehn Cousins und Cousinen ersten Grades, die heute zwischen 18 und 54 Jahre alt sind. Runde Geburtstage? Hochzeiten? Beerdigungen? Fallen bei uns schon mal eine Nummer größer aus. Als überzeugte Familienmenschen haben sich meine Eltern natürlich Enkel gewünscht. Leider konnte ich dazu nichts beitragen, aber meine Brüder und Schwägerinnen haben ihnen diesen Wunsch zum Glück gleich fünfmal erfüllt. Von Anfang an durften meine Eltern Oma und Opa sein, und bis heute füllen sie ihre Rollen mit großer Leidenschaft aus. Da wird besucht, miteinander telefoniert, gemeinsam verreist – und wie es sich gehört, werden die Enkel verwöhnt.

Für meine zwei Neffen und drei Nichten sind Oma und Opa ganz selbstverständliche Bezugspersonen. Es ist ein großes Glück, das alles mitzuerleben. Vater werde ich in diesem Leben nicht mehr werden. Geht in Ordnung. Aber dass ich kein Opa werde – das ist am Ende doch ein bisschen schade.

Jutta © vvg

Jutta  

aus Köln

Ich war mit Reinhard Münchenhagen, dem bekannten Radio- und Fernsehmoderator verheiratet. Er wurde vor allem durch die Formate „Spätere Heirat nicht ausgeschlossen“ und „Je später der Abend ...“ bekannt. Große Aufsehen erregten seine legendären Interviews mit der aus dem Osten übergesiedelten und späteren Punk-Ikone Nina Hagen, dem hervorragenden Schauspieler Klaus Kinski. Besonders ist mir aber die TV-Publikumsdiskussion nach der Filmausstrahlung „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt“ im Januar 1972 in Erinnerung geblieben, an der auch der Regisseur Rosa von Praunheim teilnahm.

Bei dieser Diskussion kam es zum Eklat, der sich immer weiter zuspitzte: schließlich war Homosexualität zu der Zeit ein absolutes Tabu. Mein Mann setzte sich zu Rosa von Praunheim und bekundete - ähnlich wie J. F. Kennedy in Berlin mit den Worten „Ich bin ein Berliner“ - seine Sympathie und Unterstützung mit den Worten „Ich bin ein Homosexueller!“. Was danach folgte war ein absoluter Skandal, ein Aufschrei ging durch die Medien und in den nächsten Tagen überschlugen sich die Zeitungen zum Thema „Ist Münchenhagen homosexuell?“. Es begann eine Hetzjagd gegen meinen Mann und die Familie. Wir bekamen anonyme Drohungen per Post und Telefon, wechselten mehrmals die Telefonnummern und entfernten die Einträge aus den Telefonbüchern. Man mied uns, missachtete uns und behandelte uns wie Aussätzige.


Was uns in dieser Situation rettete und Sicherheit gab, war, dass es vom damals amtierenden fantastischen Fernsehdirektor Werner Höfer immer Unterstützung gab. Er setzte sich sofort mit den Worten „Egal was immer jetzt passiert, sie haben meine Solidarität!“ für uns ein. Das war sehr emotional und für uns eine große Erleichterung. Ich glaube Rosa von Praunheim hat davon nur wenig mitbekommen, wurde er doch ebenso wegen seines Filmes angefeindet.

Marcos © vvg

Marcos  

aus Adenau

Mich hat die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal sowohl privat als auch geschäftlich betroffen. Es goss den ganzen Tag wie aus Kübeln und ich wohne in einem alten Fachwerkhaus. Irgendwann ergossen sich die Wassermassen durch die Wände. Das Wasser lief in den Keller und setzte die neue Heizungsanlage und die Stromversorgung außer Betrieb. Wir mussten in den Baumarkt fahren und bekamen tatsächlich die letzte verfügbare Pumpe. Auf der Fahrt, erahnten wir das Ausmaß der Katastrophe: Das Wasser kam im Schwall vom Berg, es gab Erdrutsche, Bäume stürzten um, Wiesen wurden zu Seen und tote Tiere trieben im Wasser.

Wir wollten noch ein weiteres Haus sichern, wozu wir nicht kamen, denn alle Straßen waren bereits überflutet. Auf dem Rückweg gab es die kritische Situation, dass der Wagen die Haftung zur Fahrbahn verlor und wie ein Boot unsteuerbar davontrieb. Ich hatte echt Angst um mein Leben. Zum Glück bekamen wir wieder Haftung zur Fahrbahn. Zu Hause konnten wir nur noch abwarten und hoffen. Dann erreichte mich ein Anruf, dass mein Kölner Mittelblond-Theater ebenfalls voll Wasser lief.

Die Nachrichten, die uns am nächsten Morgen erreichten, waren schlimm: Das Dorf Schuld an der Ahr - nur einen Steinwurf entfernt - war total zerstört und wir hörten erstmals von Todesopfern. Ich machte mich auf den Weg nach Köln, kam nur bis Erftstadt, wo die Katastrophe noch bevorstand. Alle Straßen nach Köln waren gesperrt, ich musste umdrehen und brauchte für 60 km Fahrweg neun Stunden. Ich bekam richtige Existenzangst und kriege heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Es hat Monate gedauert, bis ich wieder und mein gewohntes Leben zurückfand.

Markus © vvg

Markus

aus Hamburg

2022 durfte ich bei einem einmaligen Erlebnis mit dabei sein, dass unser gesamtes, kleines und intimes Team zutiefst bewegte und für das ich von Herzen dankbar bin. Ich bin als Kind mit den großen TV Shows der öffentlich-rechtlichen TV Anstalten aufgewachsen. In den 80er und 90er Jahren waren Mary & Gordy ein fester Bestandteil dieser TV Sendungen und gleichzeitig ein Leuchtfeuer für Individualität, Toleranz und guter Unterhaltung, die oft auch sehr gesellschaftskritisch und visionär waren.

Als ich für ein CD Projekt meiner gemeinnützigen Organisation SUPERHELDEN FLIEGEN VOR an Künstler dachte, die mich geprägt und mein Leben begleitet haben, so ist und war Mary auf der Liste ganz weit oben. Und so traute ich mich Georg Preusse anzufragen, ob er noch einmal als Mary zurückkommen wolle, um meinen Song “Noch singe ich” zu interpretieren. Seine Zusage war eine große Freude, die Zusammenarbeit ein Geschenk.Allein die Vorbereitungen für den Videodreh, indem Georg zum allerersten Mal seit 12 Jahren wieder als Mary auf der Bühne stehen sollte, waren wahnsinnig aufregend. Ich durfte bei der Anprobe der Kostüme dabei sein, auf der Fahrt zum Drehort saßen wir bepackt mit Kleidern, Perücken, meinem Hund und Georgs Patenkind im Auto. Georg konnte man ebenfalls anmerken, dass es ein besonderer Tag werden würde. Wir alle waren schon bevor der Dreh losging elektrisiert.

Der Moment jedoch, als ich dann live und in Farbe Mary gegenüberstand, das war in eines der Highlights meines bisherigen Lebens. Wie eine Erscheinung stand sie auf der Bühne, die Musik ging an und da war sie wieder! So wie ich sie als Kind im Fernsehen gesehen hatte. Dieselbe Strahlkraft, dasselbe Lachen, noch Immer diese Wahnsinnsfigur. Mary halt. Diesen Tag werde ich nie vergessen!

Olaf © vvg

Olaf

aus Ostfriesland, Norden-Norddeich

Meine Mutter ist „my best friend“. Im Sommer 2018 planten wir zwei Wochen gemeinsam in der Provence zu verbringen. Vor unserer Abreise äußerte sie einen Wunsch, bei dem ich ihr behilflich sein sollte, wenn wir zurück sind: Sie erzählte mir - nicht zum ersten Mal - die Geschichte meines erstgeborenen Bruders Uwe. Er kam 1960 auf die Welt, war ein Wunschkind und meine Eltern freuten sich riesig auf ihn. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Er atmete nicht nach der Geburt und verstarb trotz Hilfe der Ärzte. Für meine Mutter war das ein traumatisches Erlebnis, denn sie bekam nicht einmal die Chance ihn zu sehen, um sich von ihm zu verabschieden. In der Nacht schlich meine Mutter erschöpft und verzweifelt durchs Krankenhaus und suchte vergeblich nach ihrem toten Kind. Seit 63 Jahren, pflegt Sie nunmehr das kleine Grab von Uwe mit so viel Liebe, wie ein Sohn sie nur von der Mutter bekommen kann.

Und nun zurück zum Wunsch meiner Mutter, sie wollte sich mit 82 Jahren tätowieren lassen. „Ich möchte den Namen von Uwe als Tattoo haben, denn ich werde irgendwann nicht mehr zum Grab gehen können. Mit dem Tattoo wird er immer bei mir sein!“

Mich bewegten diese Worte sehr und ich versicherte ihr selbstverständlich meine Unterstützung. Als wir aus dem Urlaub zurück waren, sind wir als erstes in ein Tattoo-Studio gegangen. Sie ließ sich den Namen auf den rechten Arm stechen, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie wusste ja, für wen sie das macht. Sie hat es bis heute kein einziges Mal bereut. Es ist ihr erstes und einziges Tattoo und es bedeutet ihr so viel. Es ist nicht nur ein Tattoo; es ist viel mehr.

Silvia © vvg

Silvia  

aus Frechen  

Es war an meinem Hochzeitstag am 25. Juni letzten Jahres: vormittags hatten meine Frau Silke und ich unser Eheversprechen mit einem JA-Wort am Standesamt besiegelt, unseren Sektempfang in einem Szenelokal zelebriert und uns dann mit unserer Gästeschar zu unserer Hochzeitslokation aufgemacht.

Das alles war schon sehr emotional. Dann kam der Moment als mein Vater aufstand, das Wort ergriff und der Hochzeitsgesellschaft eine kleine Geschichte erzählte. Er räusperte sich kurz und erzählte von meinem Outing, das immerhin schon über 8 Jahre zurücklag. Damals hatte ich ihm, mit unsicherer Stimme und Herzklopfen gebeichtet, dass ich mich verliebt hatte, und ängstlich und nervös hinzugefügt, dass meine Liebe nicht einem jungen Mann, sondern einer jungen Frau galt. Mein Vater sah mich nur mit großen Augen an und da er nicht sofort darauf antwortete und ich mit dieser Stille nicht umgehen konnte, hatte ich unter Tränen nachgefragt, ob er enttäuscht sei. Er antwortete mit einem kurzen aber klaren „Ja, sehr!“ Das traf mich natürlich mitten ins Herz und schon stand ich vollkommen aufgelöst vor ihm. Da stand mein Vater auf und sagte „Aber nicht, weil du lesbisch bist, sondern nur, weil du mir das nicht schon lange vorher anvertraut hast und stattdessen solange mit der Angst gelebt hast, mir das zu sagen! Ich bin doch dein Vater und will doch, dass du glücklich bist. Wie kann ich darüber enttäuscht sein? “ Mich hatte schon damals seine Reaktion sehr berührt und auch jetzt hatte er die richtigen Worte gefunden.

Dass zeigte sich Sekunden nach seiner Rede: Die über 100 Gäste waren ergriffen, spendeten riesigen Applaus und ich stellte fest, dass sich die meisten von ihnen gerührt die Augen trockenwischten.

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