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Angriff auf LGBTI*-Jugendliche
Regional

Angriff auf LGBTI*-Jugendliche "Im Moment erleben wir die höchste Anzahl von Anti-LGBTI*-Gesetzesvorlagen, die jemals eingebracht wurden.“

ms - 23.01.2023 - 10:00 Uhr

Der Kulturkampf in den Vereinigten Staaten geht auch im neuen Jahr unbeirrt weiter – rund 150 neue Anti-LGBTI*-Gesetze wurden bereits in den ersten drei Wochen des noch jungen Jahres 2023 in die Parlamente der jeweiligen Bundesstaaten eingebracht – LGBTI*-Aktivisten befürchten, dass dieser Kampf gegen die LGBTI*-Community mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024 sogar noch weiter zunehmen werde. Eine neue Studie im Auftrag des landesweiten Hilfsprogrammes Trevor Project zeigt nun auf: Am stärksten davon betroffen sind junge LGBTI*-Menschen.

Die psychische Gesundheit leidet massiv

Das Trevor Project, die landesweit größte Beratungsanlaufstelle für LGBTI*-Jugendliche in den USA, veröffentlichte jetzt jüngste Zahlen einer Umfrage unter LGBTI*-Jugendlichen im Alter von 13 bis 24 Jahren. "Eine überwältigende Mehrheit der LGBTI*-Jugendlichen wurde von den jüngsten Debatten und Gesetzen rund um die Anti-LGBTI*-Politik negativ beeinflusst, und viele haben infolgedessen auch Schikanen erlebt", so das Fazit der Organisation. Drei von vier LGBTI*-Jugendlichen (71 %) gaben an, dass die staatlichen Anti-LGBTI*Gesetze und Gesetzesvorhaben – über 300 allein im letzten Jahr – sich sehr negativ auf ihre psychische Gesundheit ausgewirkt haben. Unter den transsexuellen und nicht-binären Jugendlichen waren es sogar rund 86 Prozent.

Angst und Stress – Alltag für LGBTI*-Jugendliche

Zudem erleben amerikanische LGBTI*-Jugendliche Dauerzustände von Angst und Stress, vor allem, weil Schutzräume immer mehr wegfallen, LGBTI* an immer mehr Schulen wie in Florida (“Don´t Say Gay“-Gesetz verbietet dort alle LGBTI*-Themen direkt) unter Beschuss steht und auch die Androhung von Gewalt gegen LGBTI*-Räume wie Gemeindezentren, Pride-Veranstaltungen oder medizinische Einrichtungen immer mehr zum Alltag gehört. 71 Prozent der LGBTI*-Jugendlichen leben daher in Furcht, für rund die Hälfe (48 %) ist dies sogar ein Dauerzustand. 

Allumfassende Isolation

Auch online sind immer weniger homosexuelle und queere Jugendliche noch sicher, rund 45 Prozent von ihnen erleben Cybermobbing oder Online-Beschimpfungen. Diese Angst wirkt sich dabei immer mehr auf alle anderen Lebensbereiche aus: 42 Prozent führen keine Gespräche mehr mit ihrer Familie, 29 Prozent haben kein sicheres Gefühl beim Arzt oder im Krankenhaus mehr und beinahe jeder dritte LGBTI*-Jugendliche (29 %) hat nicht einmal mehr einen Freund, mit dem er darüber sprechen kann. Dazu kommt der Druck seitens der Schule, jeder vierte LGBTI*-Jugendliche (24 %) hat dort bereits Mobbing erlebt, 10 Prozent wurden sogar körperlich angegriffen.

Wut über das Schweigen der Schulen

Gerade die Situation an den amerikanischen Schulen macht viele LGBTI*-Jugendliche auch wütend (58 %) und die Furcht ist groß, dass sich LGBTI*-Verbote an immer mehr Bildungseinrichtungen durchsetzen werden – aktuell planen bereits einige Bundesstaaten ähnlich wie in Florida, solche Richtlinien durchzusetzen. 66 Prozent der LGBTI*-Jugendlichen sind auch wütend darüber, dass in immer mehr Schulbibliotheken sowie aber auch öffentlichen Büchereien LGBTI*-integrative Bücher entfernt werden, in manchen Regionen gibt es regelrechte Bücherverbote – auch Buchverbrennungen sind bereits vorgekommen.

Mehr Hass als jemals zuvor

"Im Moment erleben wir die höchste Anzahl von Anti-LGBTI*-Gesetzesvorlagen, die jemals eingebracht wurden. Wir müssen die negativen Auswirkungen dieser hässlichen öffentlichen Debatten auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Jugendlichen berücksichtigen. LGBTI*-Jugendliche beobachten und verinnerlichen die Anti-LGBTI*-Botschaften, die sie in den Medien und von ihren gewählten Vertretern erhalten. Das Gleiche gilt für diejenigen, die unserer Gemeinschaft schaden wollen. Wir sind auf den bevorstehenden Kampf vorbereitet und werden nicht aufhören, uns für eine sicherere, akzeptierende Welt für alle einzusetzen", so Kasey Suffredini, Vizepräsidentin beim Trevor Project.

 

Hier gibt es Hilfe

Die Berichterstattung über Suizid oder psychische Probleme ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Mit Beratung steht dir auch der Coming Out Verein via Messenger oder E-Mail unter www.coming-out-day.de zur Seite. Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de

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