Direkt zum Inhalt
Dem Widerstand trotzend!

Dem Widerstand trotzend! China versuchte vergebens bis zuletzt, die Gay Games verbieten zu lassen

ms - 06.11.2023 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Trotz des massiven Widerstands aus China wurden am Wochenende die Gay Games in Hongkong eröffnet – es sind die ersten Gay Games in ganz Asien in der über vierzigjährigen Geschichte der Veranstaltung. Die Eröffnungszeremonie begann mit einem Einmarsch der Federation of Gay Games (GGHK) sowie einer Delegationen aus aller Welt, gefolgt von Aufführungen wie dem Hongkonger Löwentanz. Insgesamt werden bis kommenden Samstag über 2.300 Sportler aus rund 45 Ländern erwartet.

Gay Games-Team ist stolz

Zweiter Mitveranstalter ist die mexikanische Stadt Guadalajara. Nebst klassischen Sport-Wettkämpfen wird es auch typisch asiatische Kulturveranstaltungen geben, beispielsweise ein Drachenbootrennen oder Mahjong. Der GGHK betont dabei, die Organisation sei sehr stolz darauf, dass erstmals auch eine Kategorie für alle Geschlechter in den verschiedenen Sportarten eingeführt wurde. „Die Vision der Gay Games war schon immer, ein Sport-, Kunst- und Kulturfestival zu schaffen, das Partizipation, Inklusion und persönliche Bestleistungen zelebriert", so Lisa Lam, Ko-Vorsitzende der GGHK.

Strenge Richtlinien aus China

Seit Bekanntgabe der Spiele in Hongkong hatte die chinesische Zentralregierung in Peking immer wieder versucht, die Veranstaltung absagen zu lassen – mit sehr unterschiedlichen Argumenten. Einmal wurden generelle Sicherheitsbedenken vorgeschoben, ein anderes Mal erklärt, die Veranstaltung an sich widerspreche den traditionellen Familienwerten in China und betreibe Werbung für Homosexualität und die Homo-Ehe.

Seit 2020 wurde dann auch das Nationale Sicherheitsgesetz (NSL) über der Stadt verhängt, das jedwede regierungskritische Proteste oder ausländische Kollaborationen untersagt und mit teils lebenslanger Haft ahndet. Das GGHK-Organisationteam musste daher zudem versichern, dass die Gay Games in keiner Weise für politische Zwecke genutzt werden, insbesondere nicht für die Forderung nach mehr LGBTI*-Rechten.

Angriffe gegen Homosexuelle nehmen zu

In Hongkong gibt es weder eine gleichgeschlechtliche Ehe noch ein Anti-Diskriminierungsgesetz. In China wächst der Druck auf die LGBTI*-Community immer weiter, wobei die Angriffe seit diesem Jahr an Radikalität zugenommen haben. Zuletzt im Juni dieses Jahres musste das landesweit größte LGBTI*-Beratungszentrum nach fünfzehn Jahren von einem Tag auf den anderen schließen. Offiziell begründet wurde der Schritt nicht.

Immer wieder betonten Regierungsvertreter allerdings, dass Homosexualität nur ein „bösartiger ausländischer Einfluss“ sei, der die chinesische Jugend davon abhalten würde, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Inzwischen dürfen auch im Fernsehen keine homosexuellen Menschen mehr gezeigt werden und müssen aus ausländischen Filmen und Serien herausgeschnitten werden.

Keine Regierungsvertreter bei den Spielen

Folgerichtig hat die Regierung zur Eröffnungsfeier der Gay Games auch keine offiziellen Vertreter geschickt, wie das ansonsten bei internationalen Sportveranstaltungen üblich wäre. Lediglich die Vorsitzende des obersten Entscheidungsgremiums der Stadt, Regina Ip, war vor Ort und erklärte: „Die Ausrichtung der Gay Games in Hongkong ist ein starkes Zeugnis für die Vielfalt, Integration und Einheit unserer Stadt. Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung werden von unserer Regierung und unserem Volk hochgeschätzt.“ Inzwischen wurde sie von mehreren Regierungsabgeordneten dazu aufgefordert, von ihrem Amt zurückzutreten. Aus Angst vor Übergriffen hat Taiwan seine Athleten ausschließlich ins mexikanische Guadalajara geschickt, nicht nach Hongkong.

Hoffnungsschimmer für Gay-Community?

International sowie auch bei der Eröffnungsfeier selbst war der Jubel über die Gay Games trotzdem groß. Einer der deutschen Teilnehmer, der 80-jährige Gerrit Schulz aus Berlin, erklärte gegenüber Reuters: „Das ist eine gute Idee, denn vor allem in China sind Schwule nicht gern gesehen. Hier geht es also darum, in China als queere Menschen sichtbar zu werden!“ Auch ohne explizite Erwähnung sind die Hoffnungen so groß, dass die Spiele als Hoffnungsschimmer von den geschätzt mehr als 220 Millionen Homo- und Bisexuellen in China wahrgenommen werden. Die Abschlussfeier der Gay Games findet am kommenden Samstag statt.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Opfer mit Böller angegriffen

Verdächtige 16 und 18 Jahre alt

Vor zwei Monaten kam es im Hamburger Stadtpark zu einem schwulenfeindlichen Angriff. Zwei Brüder wurden nun als Hauptverdächtige festgenommen.
Bilanz ESC 2025

Mehrwert für die Schweiz

Die Schweiz zieht ein positives Fazit über den ESC 2025 in Basel: Die Kassen klingelten und das Image hat sich deutlich verbessert.
Schwules Paar überfahren

Homophober Angriff in London

Mordprozess in London: Am Weihnachtsabend 2024 raste ein 30-Jähriger in eine Menschenmenge, darunter ein schwules Paar. Ein Mann starb dabei.
Lügen vor Millionenpublikum

Anti-LGBTIQ+-Rhetorik von rechts

In der „Tucker Carlson Show“ mit dem rechten Aktivisten Milo Yiannopoulos entlud sich wieder einmal eine Welle LGBTIQ+-feindlicher Rhetorik.
Lynchversuch an Universität

Student in Uganda angegriffen

Eine Gruppe homophober Studenten versuchte an der größten Universität in Uganda einen Kommilitonen zu ermorden. Jetzt hat der Fall erste Konsequenzen.
Neue Vorwürfe in England

Homophobie unter Polizisten

Erneut steht die britische Polizei in der Kritik: Verschleppte sie die Aufklärung von Raubüberfällen auf Schwule aufgrund von Homophobie?
Italiens neue Zensur

Verbotspläne schreiten voran

"Gott, Vaterland und Familie“: Nur Sexualkunde und LGBTIQ+ soll es an vielen Schulen Italiens bald nicht mehr geben, beschlossen die Parlamentarier.
Jugend unter Druck

Psychische Probleme stark vertreten

Viele queere Jugendliche haben Zukunftsängste, neuerdings auch mit Blick auf die Spaltung der Gesellschaft. Details offenbart eine neue Studie.