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Don´t Say Gay 3.0

Don´t Say Gay 3.0 US-Senat will Lehrer auch zu Outings der Schüler zwingen

ms - 09.02.2023 - 14:00 Uhr

Don´t Say Gay – und kein Ende in Sicht. Nachdem erst zu Beginn der Woche der US-Bundesstaat Missouri erklärte, ein LGBTI*-Verbotsgesetz nach dem Muster des berüchtigten Gesetzes aus Florida vom vergangenen Jahr umsetzen lassen zu wollen, zieht jetzt North Carolina nach. Der befürchtete Wellen-Effekt in den USA scheint schrittweise einzutreten, derzeit liebäugeln 23 US-Bundesstaaten mit solchen Gesetzesinitiativen, die jedwede Gespräche oder Informationen zu LGBTI*, sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität auch im Rahmen einer sachlichen Aufklärung oder Information an allen Schulen verbieten. In elf Bundesstaaten gibt es bereits ähnliche Verbote, die in diesem Jahr sogar noch einmal verschärft werden könnten.  

Lehrer sollen LGBTI*-Schüler “verpetzen“

In North Carolina hat der, von den Republikanern geführte Senat jetzt eine direkte Blaupause des "Don't Say Gay"-Gesetzes verabschiedet, das es Pädagogen verbieten soll, LGBTI* in den Klassenzimmern vom Kindergarten bis zur vierten Klasse zu erwähnen. Ähnlich wie in Florida wird davon ausgegangen, dass das Gesetz darüber hinaus in allen Bildungseinrichtungen zum Standard werden soll. In North Carolina hat man sich zudem noch eine weitere Besonderheit einfallen lassen – Lehrer aller Klassenstufen sind künftig verpflichtet, jedwede "Veränderungen" in Bezug auf das Wohlergehen eines Kindes direkt den Eltern zu melden – das schließt mögliche Outings als homosexuell oder queer mit ein.

Damit verkommt die Rolle des Vertrauenslehrers zur Farce. Der Gesetzentwurf wurde parteiübergreifend angenommen und geht nun an das, von den Republikanern geführte Repräsentantenhaus des Bundesstaates. Einzig an einem möglichen Veto seitens des demokratischen Gouverneurs Roy Cooper (siehe Bild) könnte das Vorhaben noch scheitern, vorausgesetzt, nicht zu viele Demokraten unterstützen den Gesetzestext bereits im Vorfeld.

Gefährliche Bedrohung für Jugendliche?

Eine der Befürworterinnen des Gesetzentwurfs, Senatorin Amy Galey, sagte vor dem Bildungsausschuss des Senats: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Gesetzentwurf zu Meinungsverschiedenheiten führen wird. Ich kann nicht verstehen, warum es kontrovers sein soll, zu sagen, dass Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren nicht über Sexualität oder sexuelle Aktivitäten in öffentlichen Klassenzimmern unterrichtet werden sollten - das ist mir unbegreiflich."

Die LGBTI*-Organisation des Bundesstaates, Equality NC, wies derweil darauf hin, dass der Gesetzentwurf die Streichung sämtlicher Unterrichtsinhalte zu Geschlechtsidentität und Sexualität aus dem Lehrplan vorschreibt, einschließlich altersgerechter Kinderbücher, die Darstellungen von gleichgeschlechtlichen Familien oder geschlechtlicher Nonkonformität enthalten. „Die Einreichung eines weiteren ´Don't Say Gay´-Gesetzes durch den Senat von North Carolina ist eine gefährliche Bedrohung für LGBTI*-Jugendliche, die sich gegen Pädagogen und Schüler richtet. Die Streichung aus dem Lehrplan und das erzwungene Outing wirken sich negativ auf die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden von queeren und transsexuellen Schülern aus und führen zu lebensbedrohlichen Konsequenzen. Alle Schülerinnen und Schüler haben es verdient, sich im Klassenzimmer sicher zu fühlen und dass ihre Identität gefeiert und nicht ausgelöscht wird“, so ENC-Geschäftsführerin Kendra R. Johnson.

Wirtschaftliche Einbußen befürchtet

Gouverneur Cooper erklärte indes vor Reportern, er mache sich Sorgen, dass das Gesetz dem Ruf und der Wirtschaft des Staates schaden könnte. Er verglich es mit dem Gesetz aus dem Jahr 2016, das LGBTI*- Antidiskriminierungsverordnungen auf Stadtebene verboten hatte. Durch das Gesetz von 2016 gingen dem Staat schätzungsweise fast vier Milliarden US-Dollar an Einnahmen verloren. "Diese Art von Gesetzen ist nicht nur an sich falsch, weil sie Menschen schaden, sondern sie haben auch das große Potenzial, unserer Wirtschaft zu schaden und das Gleichgewicht, das wir geschaffen haben, zu stören", so Cooper. Das Veto des Gouverneurs kann aufgehoben werden, wenn mindestens ein demokratischer Abgeordneter für einen solchen Schritt stimmt. Damit wäre die erforderliche Dreifünftel-Mehrheit im Repräsentantenhaus erreicht

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