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Wird die Gender-Sprache Pflicht in allen Behörden?

Eckpunkte des Aktionsplans Lehmann übergibt Entwurf an Verbände und Ministerien

ms - 31.08.2022 - 10:00 Uhr

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hat jetzt einen Maßnahmenkatalog für den ersten Nationalen Aktionsplan gegen LGBTI*-Feindlichkeit vorgelegt. Der Entwurf “für die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt" wurde an Verbände und Ministerien der Regierung zur weiteren Abstimmung geschickt. Lehmann hofft, dass bis Ende des Jahres der Aktionsplan final ausgearbeitet ist und anschließend beschlossen werden kann.

In dem Papier werden die unterschiedlichen Vorhaben zusammengefasst und Vorschläge zur Umsetzung unterbreitet, das Schreiben liegt der dpa vor. Bisher bekanntgewordene Eckpunkte des Entwurfs sind diverse Diskriminierungsverbote, Projekte an Schulen oder auch ein geplantes Gremium für eine geschlechtergerechte Sprache. Lehmann schlägt dabei die "Einrichtung eines Gremiums zur Formulierung von Empfehlungen für den Öffentlichen Dienst" vor. Ob diese “Empfehlungen“ zur Gender-Sprache künftig dann in allen bundesdeutschen Behörden verpflichtend umgesetzt werden müssen, ist noch offen. Ebenso die Frage, ob diese angedachten sprachlichen Richtlinien dann auch für Schulen gelten sollen, allerdings wurde bereits bekräftigt, dass in Bildungseinrichtungen sowie im Sport Projekte gegen Sexismus und Queerfeindlichkeit gefördert werden sollen. Weitere Grundaspekte sollen die rechtliche Anerkennung, “Teilhabe und Sicherheit“ sein, so die dpa weiter, ohne mehr ins Detail zu gehen. Im Bereich Hasskriminalität gegenüber LGBTI*-Menschen soll die Polizei diese künftig separat erfassen, bisher gibt es hier sehr unterschiedliche Herangehensweisen je nach Bundesland – als vorbildlich diesbezüglich gilt aktuell Berlin, Kritik kommt dagegen öfters mit Blick auf Bayern. Zudem geplant ist die Kostenübernahme von künstlichen Befruchtungen bei einem Kinderwunsch auch für unverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare. Auch Teil des Nationalen Aktionsplans ist laut dpa die bereits anderweitig erklärte Idee, den Gleichbehandlungsartikel 3 des Grundgesetzes um ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zu erweitern – hierzu bedarf es allerdings nach wie vor einer Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.

Lehmann erklärte dazu gegenüber der dpa: "Wir sind in Sachen Gleichberechtigung und Akzeptanz weit gekommen, aber noch längst nicht weit genug. Der Aktionsplan wird die Agenda für eine Politik des Respekts." Im Interview mit SCHWULISSIMO hatte Lehmann vorab bereits bekräftigt, wie wichtig ihm die Teilhabe der Verbände und Ministerien sei, weil der Nationale Aktionsplan über Jahre angelegt sein soll, darunter auch im Bereich Bildung: „Hier wollen wir auch mit den Bundesländern zusammenarbeiten, beispielsweise auch bei der Frage, ob aktuelle Bildungsmaterialien wie Schulbücher auf dem aktuellen Stand sind. Wird darin etwa auch erwähnt, dass es okay ist, wenn ein Mädchen sich in ein anderes Mädchen verliebt, oder, dass transgeschlechtliche Menschen in der Gesellschaft vorkommen? Es geht darum, Kindern zu zeigen: Egal wie ihr seid, ihr seid okay und richtig so. Es geht auch um Bildungspläne oder um Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte.“ Konkrete weitere Eckpunkte liegen aktuell noch nicht vor, im Gespräch mit SCHWULISSIMO hatte Lehmann noch bestätigt, dass auch religiös geprägte Angriffe unter Schülern Beachtung finden sollen. „Auch das Thema wird natürlich beim Aktionsplan eine Rolle spielen. Genauso wie die Frage, wie man in Communitys verstärkt für Aufklärung sorgen kann, die bisher sich nicht mit dem Thema befassen. Da gehören auch explizit die Kirchen oder die Moscheen und ihre Gemeinden mit dazu. Integrationskurse werden auch ein Thema sein. Unsere Gesellschaft fußt darauf, dass alle Menschen verschieden sein können, aber gleiche Rechte haben und in Sicherheit leben können. Und dort, wo das nicht der Fall ist, müssen Staat und Gesellschaft ein Interesse daran haben, eine stärkere Antidiskriminierungspolitik zu machen.“ Details zu diesem Vorhaben sind aktuell nicht weiter bekannt.

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