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Kämpferisch gegen Erdogan!

Kämpferisch gegen Erdogan! „Wir werden weiterkämpfen! Die Befreiung von LGBTI* wird die gesamte Gesellschaft befreien!“

ms - 30.05.2023 - 13:00 Uhr
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Mit einer knappen Mehrheit von rund 52 Prozent der Stimmen konnte sich der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erneut im Amt durchsetzen – er regiert damit im dritten Jahrzehnt. Bereits kurz nach dem Sieg der Stichwahl am vergangenen Sonntag teilte Erdogan jetzt erneut gegen Kritiker, die Opposition und die LGBTI*-Community aus. Dabei verwies er auch auf seine Ankündigung, alle LGBTI*-Vereine schließen lassen zu wollen. Die türkische LGBTI*-Community indes zeigt sich jetzt kämpferisch!

Erdogan will gegen „perverse Tendenzen“ vorgehen

Bereits vorab hatte Erdogan immer wieder gegen die „LGBT-Lobby“ geschimpft und die teilweise homophobe Stimmung im Land weiter angeheizt – so hatte er unter anderem als Maßnahme nach einem Wahlsieg erklärt: „Wir werden aktiv gegen perverse Tendenzen wie LGBT vorgehen, die unsere Familienstruktur bedrohen.“ Seit rund acht Jahren verschlimmert sich schrittweise die Lage für Homosexuelle und queere Menschen immer mehr, zuletzt wurden auch immer wieder Pride-Paraden mit brutaler Polizeigewalt unterbunden. Im vergangenen Jahr hatten bereits tausende Türken gegen LGBTI*-Rechte auf den Straßen demonstriert.

Keine Hoffnung auf Besserung?

Für die Deutsche Welle ist klar: „Das neue Parlament ist das konservativste, nationalistischste und islamistischste der jüngsten Geschichte.“ Keine guten Voraussetzungen für die LGBTI*-Community. Es wird davon ausgegangen, dass die bereits seit einem guten Jahr existierende Auswanderungswelle junger Türken aus ihrer Heimat noch einmal zunehmen könnte, darunter wohl auch immer mehr Homosexuelle. Noch dazu, wo ein Ende nicht mehr in Sicht scheint, gegenüber seinen Anhängern erklärte der 69-jährige Präsident jetzt, er bleibe bei ihnen „bis ins Grab“, auch wenn er nach der türkischen Verfassung nach dieser Amtszeit nicht noch ein weiteres Mal antreten dürfte – aber auch Verfassungen lassen sich ändern.

Auch Henrik Meyer, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Istanbul, erklärte gegenüber der DW, dass er in Sachen Menschenrechte, Meinungs- und Pressefreiheit keine Verbesserungen erwarte. Die letzte schwache Hoffnung beruhe darauf, dass Erdogan in der neuen Amtszeit an sein politisches Vermächtnis denke und vielleicht kein zutiefst gespaltenes Land hinterlassen wolle – ob das allerdings auch eine Verbesserung von Homosexuellen und queeren Menschen im Land bedeuten könnte, darf bezweifelt werden.

„Die Befreiung von LGBTI* wird die gesamte Gesellschaft befreien!“

Darauf wollen sich die LGBTI*-Vereine in der Türkei wie Kaos GL und „17 Mayis“ nicht verlassen und zeigen sich indes nach den jüngsten Drohungen und dem Wahlsieg kämpferisch und erklärten in Richtung Erdogan: „Sie haben versucht, uns und unser Leben mit Beleidigungen zu entwerten. Doch unser Leben, unser Wille ist wertvoll und mächtig (…) Wir werden nicht wieder schließen! Der 13. Präsident hat uns in seiner Rede erneut ins Visier genommen. Wir gewöhnen uns nicht daran und nehmen es auch nicht als selbstverständlich hin; und wir werden nicht vergessen, dass unser Kampf größer ist als diese Worte. Als Vereine werden wir weiterhin die LGBTI*-Community stärken und für die Gleichheit und Freiheit von LGBTI*-Menschen kämpfen.“

Die beiden Vereine erklärten weiter, sie arbeiten bereits an neuen Strategien, die sie dann zeitnah mit der ganzen Bevölkerung teilen wollen. „Als lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle Menschen werden wir diese dunklen Tage mit unserem Kampf überwinden, der von dem Moment an begann, als wir geboren wurden. Wir werden weiterhin untereinander Kraft schöpfen. Wir werden weiterkämpfen, solidarisch sein und lieben. Wir werden unsere Lieben, unser Leben und uns gegenseitig schützen. Die Befreiung von LGBTI* wird die gesamte Gesellschaft befreien!“

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