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Kampf im Iran

Kampf im Iran Lesbische Aktivistinnen erwartet ein neuer Schauprozess

ms - 10.01.2023 - 11:00 Uhr

Nach einem ersten Teilerfolg von LGBTI*-Aktivisten geht der Kampf um das Leben der beiden lesbischen Frauen Zahra Sedighi-Hamadani (auch bekannt als Sareh Mansouri) und Elham Choubdar weiter. Beide Aktivistinnen hatten sich für die Rechte von LGBTI*-Menschen online ausgesprochen und waren deswegen im September letzten Jahres zum Tode verurteilt worden. Auf internationalen Druck seitens der Politik und mehrerer LGBTI*-Organisationen wurden die Todesurteile aufgrund von "Verdorbenheit auf Erden"  kurz vor Neujahr offiziell aufgehoben.

55 Organisationen für LGBTI*-Rechte

Einen großen Anteil an diesem Erfolg hat die lesbische Menschenrechtsaktivistin Shadi Amin. Sie ist die Gründerin der Berliner Vereinigung “6Rang“, die sich für die Rechte von LGBTI*-Menschen einsetzt. Zusammen mit der Organisation All-Out sammelte sie binnen kurzer Zeit über 130.000 Unterschriften. In einer Petition sprachen sich die Unterzeichner klar gegen die rechtswidrigen Urteile aus. Insgesamt setzen sich bis heute 55 Organisationen für die Rechte von LGBTI*-Menschen im Iran ein, auch mehrere Politiker aus Deutschland zeigten sich zwischenzeitlich solidarisch und übernahmen Patenschaften für inhaftierte oder zum Tode verurteilte Menschen.

Kein ordnungsgemäßer Prozess erwartet

Über die Abwendung der beiden Todesurteile zeigt sich Amin sehr erfreut und erklärte: „Als ich den Anruf von ihren Angehörigen erhielt, konnte ich es nicht glauben! Nach monatelanger massiver Medienaufmerksamkeit und internationalem Druck wurden die Berufungen von Sareh und Elham gegen ihre Todesurteile angenommen. Der Oberste Gerichtshof des Iran hat ihre Akten an ein Gericht in Urmia geschickt, wo sie für ein Wiederaufnahmeverfahren inhaftiert sind. Aber sie sind immer noch im Gefängnis und warten auf eine weitere Runde von Gerichtsterminen. Es ist uns allen klar, dass es sich nicht um einen ordnungsgemäßen Prozess handelt, sondern um die Wiederholung eines Schauspiels, das vielen von uns, die in der erstickenden Atmosphäre der Islamischen Republik aufgewachsen sind, vertraut ist.“ Aktivistin Amin bittet daher um weitere Unterstützung in Form von Unterschriften für eine Petition zur Freilassung der beiden Frauen sowie um Spenden.

Hinrichtungen seit vielen Jahren

Seit September letzten Jahres protestieren viele tausend Iraner gegen das menschenverachtende Mullah-Regime. Gerade auch viele homosexuelle und queere Menschen gehen gemeinsam mit Frauen und Aktivisten auf die Straßen, oftmals unter lebensgefährlichen Umständen, wie die Organisation 6Rang bestätigt. Auslöser des Aufstands war der Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini, die Mitte September im Polizeigewahrsam verstarb, nachdem sie wegen Verstoßes gegen islamische Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Bislang wurden zwei Demonstranten wegen ihrer Beteiligung an den Protesten hingerichtet, mehr als zwanzig weitere Menschen wurden zum Tode verurteilt.

Shadi Amin betont dabei: „Die iranische Regierung verurteilt und richtet Menschen nicht erst seit September hin, sondern bereits seit Jahrzehnten.“ Immer wieder wurden gerade auch homosexuelle Männer Opfer dieser Gräueltaten, Organisationen wie Amnesty International sprechen von mehr als 6.000 hingerichteten schwulen Männern in den letzten Jahrzehnten. Die Organisation 6Rang hofft darauf, dass die dramatische Situation und die Proteste im Iran nicht alsbald in der westlichen Welt in Vergessenheit geraten werden.

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