Direkt zum Inhalt
LSVD kritisiert FDP scharf

LSVD kritisiert FDP scharf Werden LGBTI*-Afghanen im Stich gelassen?

ms - 20.06.2023 - 11:00 Uhr
Loading audio player...

Mit scharfen Worten kritisiert der Lesben- und Schwulenverband Deutschland jetzt die FDP, konkret den FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sowie FDP-Präsidiumsmitglied und Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Hessen Dr. Stefan Naas – beide hatten sich in einem gemeinsamen Positionspapier zu aktuellen Themen geäußert. Djir-Sarai hatte sich dabei für den Stopp des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan beziehungsweise auch für erneute Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan ausgesprochen.

Laut dem LSVD sei dies mehr als ein „wahltaktisches Manöver“, die Partei spiele mit dem Feuer. Solche Äußerungen würden migrationsfeindliche Haltungen in der Bevölkerung verstärken und seien „brandgefährlich“, gerade auch mit Blick auf LGBTI*-Afghanen, die seit Monaten versuchen aus dem Land zu flüchten. In ihrer Heimat werden sie von den Taliban gejagt, inhaftiert und oftmals grausam hingerichtet.

Verstoß gegen queeren Aktionsplan

Zudem würden solche Forderungen nicht nur gegen den Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien, sondern auch gegen den Aktionsplan „Queer leben“ verstoßen, der ebenso wie die Ampel ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Afghanistan festgelegt hat. Dr. Jörg Hutter, Mitglied im Bundesvorstand, dazu: „Dass der FDP-Generalsekretär jetzt diese Zusagen zur Disposition stellt, ist mehr als schändlich. Wir fordern den FDP-Bundesvorstand daher auf, sich von der Äußerung des FDP-Generalsekretärs nach einem Stopp des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan umgehend zu distanzieren. Demokratische Parteien wären gut damit beraten, wenn sie dem populistischen Druck von rechts nicht nachgeben, um am rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen.“

FDP-Aussagen passen nicht zu Pride-Events der Partei

Hutter erkennt dabei auch eine deutliche Diskrepanz zum sonstigen Verhalten der Partei: „Während die FDP auf den Pride-Demonstrationen in Deutschland für die Rechte von LSBTIQ* mit auf die Straßen geht, will sie jetzt die afghanische LSBTIQ*-Community vollkommen den Taliban überlassen und nicht einmal im Rahmen eines Bundesaufnahmeprogramms einem festen Kontingent an Personen den versprochenen Schutz ermöglichen. Seit der Machtübernahme durch die Taliban passieren in Afghanistan Gräueltaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche, sowie queere Menschen (LSBTIQ*), für die sich kaum Worte finden lassen. LSBTIQ* werden systematisch verfolgt, inhaftiert, gefoltert und ermordet. In Afghanistan warten verfolgte queere Menschen verzweifelt auf eine Möglichkeit zur Ausreise und Aufnahme in Deutschland. Noch kein einziger Mensch ist bisher über das Aufnahmeprogramm nach Deutschland gekommen.“

Ampel-Regierung widerspreche sich selbst

Hutter ist dabei selbst ganz nah dran an der Thematik, er versucht mit dem Verein Rat und Tat Bremen seit 2021 rund 200 LGBTI*-Afghanen die Ausreise zu ermöglichen und steht im täglichen Kontakt mit Betroffenen wie auch den zuständigen Behörden in Deutschland. „Regelmäßig erreichen uns E-Mails von verzweifelten Personen aus Afghanistan, die bereits Schlimmstes erlebt haben oder Schlimmstes befürchten. Nachdem die Bundeswehr zusammen mit den anderen westlichen Bündnispartnern das Land fluchtartig verlassen hat, hat sich die Situation nicht nur, aber gerade auch für LSBTIQ* massiv zugespitzt. Die Bundesrepublik steht daher hier in der moralischen Verantwortung, gefährdete LSBTIQ*-Personen aus Afghanistan aufzunehmen. Die Bundesregierung kündigte noch letzte Woche in der Nationalen Sicherheitsstrategie an, die Rechte von Minderheiten auf internationaler Ebene stärken zu wollen. Die Forderung nach dem Stopp des Bundesaufnahmeprogramms widerspricht dieser Aussage völlig und stellt eine menschenrechtlich orientierte Asylpolitik erneut infrage“, so Hutter abschließend.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.