Direkt zum Inhalt
Nächstes Hass-Gesetz

Nächstes Hass-Gesetz 15 Jahre Haft für homosexuelle Handlungen im Irak

ms - 29.04.2024 - 09:00 Uhr
Loading audio player...

Noch letzte Woche hatte es kurzfristig danach ausgesehen, dass das irakische Parlament aus wirtschaftlichen Aspekten heraus das geplante Anti-Homosexuellen-Gesetz zumindest aufschiebt – am vergangenen Wochenende nun zerplatzen alle Hoffnungen der Gay-Community im Land. Der Irak führt als nächstes Land drakonische Hass-Gesetze gegen Schwule und Lesben ein. 

Schutz vor „moralischer Verderbnis“

Die Parlamentarier stimmten einem neuen Gesetz zu, das für homosexuelle Handlungen künftig Haftstrafen von bis zu 15 Jahren vorsieht. Wer für Homosexualität „wirbt“ oder sich dafür einsetzt wie beispielsweise LGBTI*-Organisationen aber auch Privatpersonen, die über ihre Homosexualität reden, muss mit sieben Jahren Gefängnis rechnen. Die neuen Richtlinien sind eingebettet in das bereits bestehende Anti-Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 1988.

Der geschäftsführende Parlamentsvorsitzende Mohsen al-Mandalaui erklärte, das Gesetz in seiner neuen Fassung sei ein entscheidender Schritt, um die „Struktur moralischer Werte in der Gesellschaft zu verteidigen. Ziel ist es, unsere Kinder vor den Rufen moralischer Verderbnis und Homosexualität zu schützen.“ 

Keine Todesstrafe mehr vorgesehen

Einzig die angedachte Todesstrafe für Schwule und Lesben wurde von der irakischen Regierung nicht mehr weiter verfolgt und beschlossen – ein wenig mag hier der wirtschaftliche Druck der USA vielleicht doch dazu beigetragen haben. Im Vorfeld hatten amerikanische Diplomaten sehr deutlich klargemacht, dass das Handelsabkommen mit dem Irak nicht zustande kommen könnte, wenn das Land die Todesstrafe für Homosexuelle einführt. 

Doch auch die jetzt beschlossenen Gesetzesverschärfungen dürften nicht im Sinne Amerikas sein. Das US-Außenministerium erklärte inzwischen, dass die neuen Richtlinien direkt Menschenrechte attackieren: „Dieses neue Gesetz bedroht diejenigen, die in der irakischen Gesellschaft am meisten gefährdet sind. Es kann dazu verwendet werden, die freie Meinungsäußerung zu unterdrücken und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen im gesamten Land einzuschränken.“ 

Jagd auf die irakische Jugend

Die LGBTI*-Organisation IraQueer erklärte online via Instagram: „Wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der es ein strafbares Verbrechen ist, sich selbst treu zu bleiben! Die Verabschiedung dieses Gesetzes wird das Leben vieler ruinieren, jetzt und in der Zukunft. Die irakische Jugend wird gejagt werden, ohne dass die Regierung dafür eine echte Grundlage hat, einfach nur, um Menschen willkürlich ins Gefängnis zu werfen oder Schlimmeres. Wie schon in der Vergangenheit werden sie im Namen von Angst und Fehlinformationen blindlings das Leben vieler Menschen verletzen. Nicht nur die LGBT-Gemeinschaft ist in Gefahr, auch die irakische Freiheit ist in Gefahr!“

Das neue Gesetz sieht in einem weiteren Passus auch Haftstrafen von bis zu drei Jahren für geschlechtsverändernde oder medizinische Behandlungen bei Trans-Personen vor. Auch das „Imitieren“ des anderen Geschlechts steht künftig im Irak unter Strafe. 

Schwere Menschenrechtsverletzungen

Rasha Younes, die leitende Forscherin für LGBTI*-Rechte bei der Human Rights Campaign, erklärte: „Die irakischen Gesetzgeber senden die entsetzliche Botschaft an LGBTI*-Menschen, dass ihre Äußerungen kriminell und ihre Leben entbehrlich sind.“ 

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), beteuerte, dass mit dem neuen Gesetz „schwere Menschenrechtsverletzungen gesetzlich legitimiert“ werden. Das neue Gesetz gefährde die „ohnehin vulnerabelsten Gruppen innerhalb der irakischen Gesellschaft.“ Bisher war Homosexualität im Irak legal, wenn auch Schwule und Lesben trotzdem immer wieder willkürlichen Festnahmen und gewaltvollen Angriffen ausgesetzt gewesen waren. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.