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Neue Eskalation in Uganda

Neue Eskalation in Uganda Letzte Anlaufstellen für Homosexuelle wurden geschlossen

ms - 11.08.2023 - 11:00 Uhr

„Jetzt wird der Missbrauch des Tyrannen weitergehen!“ Mit diesen traurigen Worten kommentierte jetzt die lesbische Aktivistin Kasha Jacqueline Nabagesera aus Kampala die jüngsten Entwicklungen in Uganda – der Präsident des Landes, Yoweri Museveni, hat nun die Büros der Vereinten Nationen (UN) im Land schließen lassen, das letzte in der Hauptstadt Kampala erst in dieser Woche. Damit müsse sich Museveni nun keine Sorgen mehr machen über den „Wachhund UN“, so Nabagesera weiter.

Homosexuelle sind Freiwild

Und in der Tat bedeutet die jüngste Entscheidung des Präsidenten eine weitere Eskalationsstufe für Homosexuelle im Land, die seit dem Inkrafttreten des „Anti-Homosexuellen-Gesetzes“ im Land zu Freiwild geworden sind. Homosexualität wird seitdem mit hohen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe geahndet; ebenso drohen Verurteilungen für all jene, die Schwulen und Lesben helfen, seien das nun Vermieter, Freunde oder die eigene Familie. Wer ein homosexuelles Familienmitglied vor der Regierung verschweigt, kann ebenso für mehrere Jahre ins Gefängnis kommen.

Willkürliche Verhaftungen mehren sich

Die mühsam aufgebauten LGBTI*-Zentren sowie die HIV-Beratungsstationen sind inzwischen allesamt geschlossen, nun stehen Schwulen und Lesben als letzte Anlaufstelle auch die UN-Büros nicht mehr zur Verfügung. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, drückte sein „großes Bedauern“ über das Schließen aller Büros aus, die Vereinten Nationen waren zuvor 18 Jahre lang in Uganda vertreten. „Im Laufe der Jahre wurden in Uganda viele Fortschritte erzielt“, so Türk weiter – diese seien nun allesamt in Gefahr. Zuvor Ende Juli war bereits in einem UN-Bericht die große Sorge festgehalten worden, dass sich die willkürlichen Verhaftungen von Homosexuellen sowie Menschenrechtsverteidigern und auch Journalisten im Land mehren würden.  

Ausrottung der LGBTI*-Community

Verschiedene LGBTI*-Organisationen sowie Aktivisten verurteilten die erzwungenen Schließungen als „schweren Schlag für die Menschenrechte“, die Entscheidung des Präsidenten sei „beschämend“. Steven Kabuye, Co-Geschäftsführer von Truth to LGBTQ, erklärte: „Es ist entmutigend, die Schließung eines kritischen Aufsichtsgremiums mitzuerleben, das versucht hat, Ugandas Defizite bei der Wahrung der Menschenrechte anzugehen. Diese bedauerliche Entwicklung unterstreicht einen besorgniserregenden Trend, bei dem die ugandische Regierung bereit zu sein scheint, die Unterdrückung und Ausrottung ihrer eigenen Bürger, insbesondere der Mitglieder der LGBTI*-Community, zu propagieren.“ Auch Human Rights Watch verurteilte die Schließungen scharf und sprach von einem „schlimmen Schlag“ und einem „Bärendienst“ für die Menschenrechte im Land.

Konsequenzen der Weltbank

Die Weltbank indes kündigte jetzt an, die Bewilligung neuer öffentlicher Finanzprojekte in Uganda pausieren zu wollen. „Ugandas Anti-Homosexualitäts-Gesetz widerspricht grundlegend den Werten der Weltbankgruppe. Unser Ziel ist es, sexuelle und geschlechtliche Minderheiten bei den von uns finanzierten Projekten vor Diskriminierung und Ausgrenzung zu schützen“, so der zuständige Manager der Finanzgruppe.

Ugandas Präsident Museveni verurteilte die Reaktion der Weltbank scharf und erklärte daraufhin, Uganda werde nun nach alternativen Kreditquellen suchen. „Es ist bedauerlich, dass die Weltbank und andere Akteure es wagen, uns mit Geld dazu zwingen zu wollen, unseren Glauben, unsere Kultur, unsere Prinzipien und unsere Souveränität aufzugeben. Sie unterschätzen wirklich alle Afrikaner", so Museveni. Uganda will ab 2025 in die Ölförderung einsteigen, zudem wurde im Land im letzten Jahr eines der weltweit größten Vorkommen an Gold entdeckt.

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