Direkt zum Inhalt
Vorstoß zum Grundgesetz

Neuer Vorstoß zum Grundgesetz Berlin fordert die Ergänzung der "sexuellen und geschlechtlichen Identität"

ms - 17.07.2024 - 08:30 Uhr
Loading audio player...

Seit rund 30 Jahren wird immer wieder darauf hingearbeitet, den Artikel 3 des Grundgesetzes zu ergänzen – bis heute sind Homosexuelle die einzige Opfergruppe, die gezielt in der Nazi-Zeit verfolgt und ermordet wurden, und dabei nicht unter dem namentlich erwähnten besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen. Die Berliner Landesregierung will das nun ändern. 

Keine Stimmen der Union?

Es ist zugleich eines der großen Vorhaben der Ampel-Regierung, doch bis heute stockt das Vorhaben – für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig, ohne die Stimmen der Union geht es nicht.

Zwar laufen bis heute immer wieder Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit zur Grundgesetzänderung, je näher allerdings die Bundestagswahl 2025 rückt, desto unwahrscheinlich scheint ein solches Vorhaben überhaupt noch zu sein. CDU-Fraktionschef Friedrich Merz hatte zudem bereits in diesem Jahr jede weitere Zusammenarbeit mit der Ampel als nichtig erklärt. Die bisher einzigen Unions-Befürworter sind Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst

Problemfall „geschlechtliche Identität“

Die Berliner Regierung will nun mit einer Bundesratsinitiative neuen Schwung in die Gespräche bringen – ein erster Entwurf liegt nach Angaben des Tagesspiegels den Senatsverwaltungen zur Mitzeichnung bereits vor. Darin soll der Absatz 3 des Grundgesetzartikels 3 um die „sexuelle und geschlechtliche Identität“ erweitert werden. Ob dies tatsächlich mit der Union machbar ist, darf bezweifelt werden, denn sowohl CDU- wie auch CSU-Abgeordnete wehrten sich in der Vergangenheit immer wieder vor allem gegen die „geschlechtliche Identität“ als Textbaustein fürs Grundgesetz. Auch einige Juristen halten die Begrifflichkeit als nicht ausreichend definiert, sodass ein Einzug ins Grundgesetz aus deren Sicht ein Fehler sein könnte. 

Bekenntnis gegen Diskriminierung 

„Die Aufnahme der sexuellen und geschlechtlichen Identität (…) steht für das deutliche Bekenntnis der Verfassung, dass hierauf bezogene Diskriminierungen in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verboten sind (…) Die Schutzwirkung der verfassungsmäßigen Grundrechte müssen dem Wechselspiel der verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kräfte entzogen und ein deutliches Bekenntnis gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen und geschlechtlichen Identität auch auf Verfassungsebene normiert werden“, zitiert der Tagesspiegel aus der Entwurfsbegründung. 

Ähnlich begründen auch Befürworter der Regierung das Vorhaben: Die Grundrechte von LGBTI*-Menschen sollen explizit geschützt werden, sodass auch künftige Regierungen in Deutschland diese nicht so leicht wieder streichen können.  

Die Chancen stehen gut, dass die Mitzeichnung der Senatsverwaltungen noch in dieser Woche erfolgt, dann könnte die Bundesratsinitiative bereits nächste Woche im Senat beschlossen werden – bevor sie schlussendlich einmal mehr am Nein der Union-Parteien scheitern dürfte. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Queerer Rugbyclub

Besonderes Jubiläum in England

In England feiert ein LGBTIQ+-Rugbyclub zehnjähriges Bestehen und setzt damit ein besonderes Zeichen für mehr queere Sichtbarkeit im „Männersport“.
Gefährliche Jugendzeit

Kindeswohlgefährdungen nehmen zu

Kindeswohlgefährdungen haben in Deutschland erneut stark zugenommen, insbesondere davon betroffen sind LGBTIQ+-Jugendliche.
Mord in Hollywood

Harry und Sally-Regisseur und Frau

Regisseur Rob Reiner und seine Ehefrau Michele Singer wurden ermordet – beide unterstützten tatkräftig Schwule und Lesben. Tatverdächtig ist ihr Sohn.
Aktion „I Am Not Propaganda“

Weltweit Proteste gegen Hass-Gesetz

Am vergangenen Wochenende demonstrierten vor zahlreichen Botschaften aus Kasachstan Menschen gegen das geplante Anti-LGBTIQ+-Gesetz im Land.
Proteste in Budapest

Kritik an Ministerpräsident Orbán

Ein Skandal erschüttert Ungarn: Über 50.000 Menschen forderten am Wochenende den Rücktritt von Ministerpräsident Viktor Orbán.
Nouripour kritisiert FIFA

Debatte um Pride-Spiel 2026

Bundestags-Vizepräsident Nouripour kritisierte die FIFA und sagte zum Pride-Spiel 2026 zwischen Iran und Ägypten: Die „Mullahs“ müssten das aushalten.
Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.