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Falsche Regenbogenfarben als Zeichen der Vielfalt

Peinlich, peinlicher, DFB! Machen sich europäische Fußballvereine in Katar lächerlich?

ms - 23.09.2022 - 11:30 Uhr
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Die neue Kapitänsbinde der Deutschen Fußballmannschaft für die Fußballweltmeisterschaft im November in Katar sorgt für hitzige Diskussionen. Immer mehr kristallisiert sich dabei heraus, dass der Deutsche Fußballbund sowie andere europäische Fußballvereine es gekonnt geschafft haben, sich abermals an Peinlichkeit zu überbieten und dabei erneut und unmissverständlich an die LGBTI*-Community zu signalisieren, dass ihnen im Ernstfall die Rechte von LGBTI*-Menschen offensichtlich herzlich egal sind.

Seit Monaten wird darüber diskutiert, wie sich gerade der DFB und die Nationalmannschaft bei der WM präsentieren sollen angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen und der Tatsache, dass in Katar noch immer die Todesstrafe auf homosexuelle Handlungen angewandt wird. Zudem sollen bis zu 15.000 Gastarbeiter beim Bau der Fußballstadien ums Leben gekommen sein. Der Weltfußballverband FIFA versucht seit Monaten, zu beschwichtigen und jedwede Vorfälle kleinzureden, sodass in Deutschland die letzte Hoffnung lange Zeit beim DFB ruhte. Mehrfach hatte der Fußballbund erklärt, er wolle nochmals Gespräche führen, sich für Homosexuelle in Katar einsetzen und ein starkes Signal für Gleichberechtigung setzen. Zwischenzeitlich stand von privater Seite auch die Idee im Raum, die deutsche Nationalmannschaft könnte mit einem speziellen Flugzeug der Lufthansa nach Katar anreisen, auf dem die Regenbogenflagge als Zeichen für die LGBTI*-Community zu sehen ist.

© DFB

Nun hat sich der DFB dazu entschlossen, zusammen mit einigen anderen europäischen Fußballverbänden, den Kapitän der Mannschaft, Manuel Neuer, mit einer speziellen Binde am Oberarm auflaufen zu lassen. Die Idee dazu sei innerhalb der UEFA Working Group entstanden. Stolz erklärte der DFB, man wolle damit ein Zeichen gegen Diskriminierung und für Vielfalt setzen. Auf der Binde sind aber nicht etwa wie bei der vergangenen Europameisterschaft die sechs Farben des Regenbogens zu sehen – damals als Protest von Neuer gegen die Anti-Homosexuellen-Gesetze in Ungarn gedacht –, sondern wahllos drapierte bunte Farben samt Herz mit der Aufschrift “One Love“. Bei der Präsentation erklärte auch Nationalspieler Jonas Hofmann zusammen mit Kollege Thilo Kehrer, wie wichtig es doch sei, ein Statement zu setzen. An die Regenbogenflagge indes traute sich offensichtlich kein europäischer Fußballverein heran, wohl auch deswegen, weil mehrere Vertreter des Emirats im Vorfeld klargestellt hatten, dass sie gerade jene Regenbogenfahne als Zeichen für die LGBTI*-Community ablehnen und diese in Katar verboten sei – auch für anreisende Touristen. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Auf die jetzt immer größer werdende Kritik, der DFB hätte mit der neuen Kapitänsbinde der Community nicht nur einen Bärendienst erwiesen, sondern stehle sich abermals aus der Verantwortung zugunsten des finanzstarken Gastgebers Katar, setzte Fußballer Hofmann noch einmal nach und erklärte, dass „ein paar Farben von den Regenbogenfarben schon drinnen“ seien im Logo. Die Symbolik sei ja ohnehin allgemein bekannt, so Hofmann. Man könne sich sozusagen die ursprüngliche Aussage denken und verstoße auch nicht gegen die Richtlinie der FIFA, die besagt, dass politische Botschaften jedweder Art verboten sind. Für die einen ist es ein bestmöglicher Kompromiss, für die anderen der ausgestreckte Mittelfinger an die ganze LGBTI*-Community. Die Fußballvereine aus Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich und Dänemark haben bereits erklärt, dass sie ebenfalls die neue Kapitänsbinde einsetzen wollen. Aus Deutschland wird vielerorts Kritik und Häme laut, die Rede ist von einer “symbolpolitischen Lächerlichkeit“ und “Rückgratlosigkeit“. Der Chefredakteur der Satire-Zeitung Titanic brachte es via Twitter mit Blick auf den Botschafter von Katar so auf den Punkt: „Und in Manuel Neuers Unterhose ist ein QR-Code gedruckt, der auf eine Best-of-Playlist der Village People bei Spotify führt. Das wird Emir Scheich Tamīm bin Hamad ath-Thānī von Katar zur Weißglut bringen, danke DFB!“

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