Schlingerkurs bei der PrEP? Wann kommt die flächendeckende Versorgung mit der PrEP?
Seit Mai 2019 kann die PrEP als Kassenleistung zur HIV-Vorsorge verschrieben werden, wenn Patienten 16 Jahre oder älter sind und ein sogenanntes “substantielles HIV-Infektionsrisiko“ vorliegt – dieses haben praktisch alle Männer, die Sex mit anderen Männern haben (MSM). Obwohl die PrEP weltweit bereits als Erfolg angesehen wird, musste das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem Evaluationsbericht im April dieses Jahres feststellen, dass sich die Versorgung mit dem Medikament bis heute sehr stark auf fünf größere Städte in Deutschland aufteile, flächendeckend würde es aber bisher keine bedarfsgerechte Versorgung geben. Die Partei Die Linke blickt deswegen mit Sorge auf das kommende Jahr und fragte beim Gesundheitsministerium nach, ob sowohl finanziell wie auch planungstechnisch nach dem RKI-Bericht jetzt eine Ausweitung der PrEP-Versorgung in Deutschland angedacht ist.
Das Problem im Bericht des RKIs, welches nun auch das Gesundheitsministerium als Begründung für ein weiteres Abwarten heranzieht: Aufgrund von Kontaktbeschränkungen während den letzten zweieinhalb Jahren Corona lässt sich zwar grundsätzlich festhalten, dass die PrEP effektiv als Prävention gegen HIV wirke, aber epidemiologisch sich schlicht noch nicht abschließend bewerten lässt, welche tatsächlichen positiven Auswirkungen die PrEP in Bezug auf die HIV-Verbreitung in Deutschland hat. Kurzum, es fehlt an weiteren Daten, weswegen das Gesundheitsministerium darauf besteht, erst einmal weitere Ergebnisse abzuwarten, bevor neue Schritte in puncto PrEP abermals auf den Tisch kommen: „Zur weiteren Prüfung und Untermauerung der Ergebnisse sowie weiteren Surveillance der Versorgung mit PrEP wurde daher ein Folgeprojekt initiiert, das derzeit durchgeführt wird und dessen Ergebnisse in die weiteren Planungen der Bundesregierung eingehen werden“, so die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar.
Ates Gürpinar, Gesundheitsexperte der Linken, verurteilt das Verhalten des Gesundheitsministeriums scharf: "Es ist enttäuschend, wie wenig sich das Bundesgesundheitsministerium darum kümmert, dass es ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Angebot an Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) gibt. Dabei ist die PrEP nach einhelliger Meinung der Fachöffentlichkeit ein wichtiger Baustein in der Safer-Sex-Strategie insbesondere bei Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben. Es ist offenkundig, dass die PrEP zur Eindämmung der Neuinfektionen bei MSM beigetragen hat, auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie manche Daten der Evaluation etwas verzerrt werden. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI), eine Bundesoberbehörde unter dem Dach des Bundesgesundheitsministeriums, schließt sich dieser Position an. Darum ist es umso bedauerlicher, dass sich die Bundesregierung nicht in aller Deutlichkeit für die flächendeckende und bedarfsgerechte Etablierung der PrEP ausspricht. Denn selbstverständlich wäre es ein deutliches Signal an die Selbstverwaltung, sich hier einzubringen und dies ausreichend zu finanzieren. Die Unterfinanzierung in diesem Bereich gefährdet die bisherigen Erfolge in der HIV-Prävention."