Direkt zum Inhalt
Das ZDF erklärt sich zu den cis-Mainzelmännchen

Sind die Mainzelmännchen homophob? Das ZDF erklärt sich zu den cis-Mainzelmännchen

ms - 26.01.2022 - 15:30 Uhr

Es ist im Grunde nur eine kleine Frage, die der Zuschauer Tho P. dem ZDF via Facebook stellte – unter einem Bild mit einem der beliebten Zeichentrickfiguren der Mainzelmännchen schreibt er: „Sind das MainzelmännchenInnen? Warum ist da kein Mainzelfrauchen dabei?“ Das ZDF hätte nun entspannt reagieren können, die Sache vielleicht als Witz oder Satire einordnen sollen oder angesichts der Anonymität des fragenden „Tho P.“ gar nicht antworten müssen. In der Realität sah sich das ZDF nun aber zu einer Stellungnahme genötigt und zeigt damit einmal mehr, zu was für einem politischen Minenfeld die Gender-Debatte inzwischen geworden ist und wie groß die Angst vor dem nächsten Shitstorm auch bei überregionalen Medienanstalten mittlerweile ist. So schreibt das ZDF via Facebook:

„Liebe/r Tho, bei den Mainzelmännchen handelt es sich um fiktive Trickfiguren, die nicht mit real existierenden Personen gleichgesetzt werden können. Sie sind seit dem 2.April 1963 im Programm des ZDF zu sehen. Seit dieser Zeit sind sie – abgesehen von einigen zeichnerischen Anpassungen – unverändert. In der Welt der Mainzelmännchen werden Themen wie Geschlecht, Religion, Ethnie, jegliche Formen von Beeinträchtigungen, kulturelle oder soziale Unterschiede sowie die sexuelle Identität etc. ganz bewusst nicht thematisiert. Die Mainzelmännchen erzählen kurze und stets positive Geschichten ohne jegliche Wertung. Das gehört zu ihrem Markenkern. Sie möchten den TV-Zuschauern ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern – ganz ohne Schadenfreude, Häme oder Sarkasmus. In diesem Sinne wird bei den Mainzelmännchen niemand benachteiligt, diskriminiert oder übervorteilt.“

© ZDF
© ZDF

Die Reaktionen darauf ließen nicht lange auf sich warten – binnen kürzester Zeit kommentieren tausende User auf Facebook die Erklärung des Mainzer Fernsehsenders. Während die einen immer wieder darauf hinweisen, man möge bitte mit einem solchen „Schwachsinn“ aufhören, wollen andere Menschen die Debatte gerade jetzt vertiefen. Antje E. beispielsweise erklärt, dass dies sehr viele Worte des ZDFs seien, um zu sagen, dass das ZDF das Problem nicht sehen wolle und auch keinen Grund erkenne, sich darüber Gedanken zu machen. Andere stimmen darin überein, stellen klar, dass es sich bei den Mainzelmännchen eben nur um Männer handle, wie die Namen bereits belegen würden und stellen klar: „Die Antwort ist also nur Gewäsch. Ehrlicherweise hätte man schreiben können, dass man sich seit 1963 keine Gedanken darum gemacht hat.“ Es sei eine „bedenkliche Antwort“ des ZDFs, stimmen weitere ein und eine Suzanne S. kommentiert mit Blick auf andere Frauen, die diese Gender-Debatte für absurd halten: „Oh wow. Wie viele Frauen weiterhin gern unsichtbar bleiben.“ Die Mainzelmännchen seien eben doch männlich und unterschieden sich eindeutig in Merkmalen wie Kleidung oder Brille, so Felix D., der daraus schlussfolgert: „Da finde ich, kann man zumindest im Bereich Geschlechter und Hautfarben den nächsten Schritt gehen.“

Aktuell überwiegen die Gegner des Genderns in der Debatte, was auch die Einstellung der Mehrheitsgesellschaft widerspiegelt. Quer durch alle Altersklassen und Geschlechter lehnen 65 Prozent der Deutschen das Gendern ab (Umfrage Infratest Dimap). Manche versuchen es mit Ironie und fragen nach, wann denn als nächstes die sieben Zwerge bei Schneewittchen divers werden würden. Tom L. stellt klar, dass Diskriminierung ein zu wichtiges Thema sei, um es „mit solchem Blödsinn, wie man Mainzelmännchen richtig gendert, der Lächerlichkeit preiszugeben.“ Der Aussage stimmt auch Schauspieler und Komiker Dieter Hallervorden zu. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, ob das nun wirklich die drängenden Probleme in Deutschland seien. So korrekt die Frage auch sein mag, zeigt die vorauseilende Antwort des ZDFs, wie verfahren die Situation ist. Immer wieder schreiben User von der „puren Angst vor den Zuschauern“, die das ZDF inzwischen habe. So sei es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch die Mainzelmännchen divers würden und gegendert werden müssten. Siegfried H. fasst das neue Politikum passend zusammen: „Wenn fiktive Zwerge zum Problem erklärt werden, geht´s uns wirklich gut.“

Auch Interessant

Trauriger US-Rekord

Verbot von 4.000 LGBTI*-Buchtiteln

4.000 LGBTI*-Bücher sind aktuell an Schulen in den USA verboten! Der US-Autorenverband spricht von einer „beispiellosen Welle der Zensur“.
Trauerspiel in Sachsen-Anhalt

Dunkler Fleck bei Hasskriminalität?

Die Anzeichen mehren sich, dass es beim Justizministerium in Sachsen-Anhalt wenig Engagement im Einsatz gegen LGBTI*-feindliche Gewalt gibt.
Gloria von Thurn und Taxis

Neue Theorien der Fürstin zu LGBTI*

Gloria von Thurn und Taxis erklärt der LGBTI*-Community einmal mehr die Welt. Dieses Mal geht es um das Selbstbestimmungsgesetz.