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Tiefe Trauer nach Amoklauf

Tiefe Trauer nach Amoklauf LGBTI*-Community gedenkt mit einer Mahnwache den ermordeten Freunden

ms - 22.11.2022 - 08:38 Uhr

Die Polizei von Colorado Springs hat jetzt weitere Ermittlungsergebnisse zu dem Amoklauf am vergangenen Wochenende im Club Q bekanntgegeben, bei dem fünf Menschen erschossen und 25 weitere Personen teilweise lebensgefährlich verletzt worden sind. Einige der Personen schweben nach aktuellem Stand noch immer in Lebensgefahr, weswegen die Polizei befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer noch ansteigen könnte. Derweil versammelten sich hunderte LGBTI*-Menschen und Angehörige bei einer Mahnwache in Gedenken an die fünf ermordeten Freunde und Familienmitglieder.

Der Schock in der örtlichen Community sitzt tief und viele Fragen sich, wohin sie künftig überhaupt noch gehen können, um sich sicher zu fühlen. Der Tatort, der Nachtclub Q in Colorado Springs, war die einzige Anlaufstelle für LGBTI*-Menschen in der Region.

Fassungslose Trauer in Colorado Springs

Die Helden von Colorado Springs

Der mutmaßliche Schütze Anderson Lee Aldrich (22) war am vergangenen Samstag um Mitternacht in den Club gegangen und hatte ohne Vorwarnung mit einem Sturmgewehr um sich geschossen. Zwei Gäste sprangen kurzerhand auf den Amokläufer zu, rissen ihn zu Boden und überwältigten ihn schließlich. Die Polizei von Colorado Springs sowie auch Bürgermeister John Suthers erklärten, dass die beiden Männer Thomas James und Richard Fierro heldenhaft gehandelt haben – ohne sie wären wahrscheinlich noch deutlich mehr Todesopfer zu beklagen gewesen.

Gegenüber der New York Times hatte der ehemalige US-Soldat Fierro geschildert, wie er den Attentäter von hinten gepackt, ihm die Waffe entrissen und ihn damit schließlich auf den Kopf geschlagen habe: „Ich bin einfach in den Kampfmodus gegangen, ohne genau zu wissen, was ich getan habe. Mir war klar, ich muss diesen Kerl töten, bevor er uns alle tötet!“, so Fierro weiter.

Die fünf ermordeten Menschen werden fehlen

Zudem nannte die Polizei auch die Namen der fünf getöteten Personen, zwei davon waren die Barkeeper des Clubs Q: Kelly Loving (40), Daniel Aston (28), Derrick Rump (38), Ashley Paugh (35) und Raymond Green Vance (22). Dabei bekräftigte Adrian Vasquez, der Polizeichef von Colorado Springs: "Unsere Beamten und Ermittler werden weiterhin sorgfältig und gründlich arbeiten, um den Verdächtigen für diese schrecklichen Taten zur Verantwortung zu ziehen.“ Das ganze Polizeidepartment stünde geschlossen zu der LGBTI*-Community, so Vasquez weiter, bevor er eine Schweigeminute bei der Pressekonferenz einlegte.

Noch keine Anklage erhoben

Bezirksstaatsanwalt Michael J. Allen sagte, dass trotz anderslautender Medienberichte noch keine Anklage gegen den mutmaßlichen Schützen Aldrich erhoben worden sei, dies aber in den kommenden Tagen nach Faktenlage geschehen solle. Zudem erklärte Allen, dass der 22-jährige mutmaßliche Schütze in den kommenden Tagen zum ersten Mal vor Gericht erscheinen soll, sofern sein Pflegeteam im Krankenhaus ihn aus der Behandlung entlässt – Aldrich war in der Nacht ebenso verletzt worden, nachdem er von den beiden Gästen des Clubs überwältigt worden war.

Der US-Staatsanwalt für den Bundesstaat Colorado, Cole Finegan, drückte derweil seine Solidarität im Namen des ganzen  Justizministeriums aus: "Wir möchten den Opfern und ihren Familien sowie all jenen, die an den schrecklichen Vorfällen im Club Q beteiligt waren, unser tiefstes Mitgefühl und Beileid aussprechen. Wir versprechen im Namen unseres Amtes und des Justizministeriums, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um in diesem Fall Gerechtigkeit zu schaffen!“

Die beiden ermordeten Barkeeper Derrick Rump und Daniel Aston

Motiv weiter unklar

Der inhaftierte Aldrich selbst schweigt nach wie vor zu seinem Motiv, in der US-Presse wird die Anti-LGBTI*-Politik sowie der amerikanische Kulturkampf dafür mitverantwortlich gemacht, mehrfach wurde so auch Floridas Gesetz “Don´t Say Gay“ benannt, das alle Gespräche an Schulen zum Thema LGBTI* seit Sommer dieses Jahres verbietet. Auf der Mahnwache vor dem Nachtclub erklärten mehrere Mitglieder der LGBTI*-Community, dass das Massaker im Club Q den Anfang vom Ende der politischen Hass-Rhetorik gegenüber LGBTI*-Menschen darstellen müsse. Auch der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates, Phil Weiser, bekräftigte, dass es sich seiner Meinung nach ganz eindeutig um ein Hassverbrechen gegen die LGBTI*-Community handeln würde.

Attentäter war polizeibekannt

Über den 22-jährigen Schützen ist indes nach wie vor wenig bekannt, nach Angaben der Lokalzeitung Denver Gazette soll Aldrich bereits 2021 auffällig geworden sein, als er seiner Mutter drohte, sie mit einer Bombe zu töten. Die Polizei hatte den jungen Mann damals zwar verhaftet, zu einer Verurteilung war es allerdings nicht gekommen. Seine Mutter Laura Voepel erklärte via Facebook, ihr Sohn habe schon früh eine Faszination für Waffen gehabt, weswegen ihm seine Mutter zu seinem 15. Geburtstag auch einen Tarnanzug für Scharfschützen geschenkt habe. Nach Aussagen des Lokalblattes soll der 22-Jährige zudem der Enkel eines rechtspopulistischen republikanischen Politikers sein, der im Parlament in Kalifornien sitzt.

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