Urteil für Schwulen-Mörder gefällt Dunkles Kapital Australiens berührt die gesamte LGBTI*-Community
Nach mehr als dreißig Jahren findet ein grausamer Mord an einem jungen schwulen Mann in Sydney jetzt seinen vorläufigen Abschluss und wirft dabei auch ein Licht auf ein dunkles Kapitel der australischen Geschichte im Umgang mit schwulen Männern.
Im Jahr 1988 wurde der schwule amerikanische Mathematiker Scott Johnson im Alter von 27 Jahren an einem Schwulentreffpunkt in North Head Sidney brutal ermordet und anschließend nackt am Fuß einer Klippe am Blue Fish Point zurückgelassen.
Der Täter soll Johnson angegriffen haben, bis dieser in Todesangst über die Klippen in den Tod stürzte. Drei Jahrzehnte lang sorgte der grausame Fall für Rätsel, verschiedene gerichtliche Untersuchungen kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen und die Annahme, dass Hass auf Homosexuelle der Ausgangspunkt für die Tat gewesen sein könnte, wurde oftmals von Seiten der Polizei und anderer Behörden bestritten und vereitelt.
Johnsons Familie kämpfte seitdem dafür, die Wahrheit über den Mord ans Licht zu bringen und stieß dabei vor allem in den Anfangsjahren immer wieder auf Ablehnung und offene Anfeindung.
Kaum jemand wollte sich ernsthaft mit dem Mord an einem schwulen jungen Mann auseinandersetzen. In den 1980iger und 1990iger Jahren herrschten in Australien noch massive Vorurteile gegenüber homosexuellen Menschen, in einigen Regionen wie Tasmanien stand gleichgeschlechtlicher Sex noch unter Strafe.
Drei Jahrzehnte lang wurde der Tod von Scott Johnson als "ein Fall, der nicht gelöst werden kann" abgetan. Nur der Unnachgiebigkeit seiner Familie ist es zu verdanken, dass der Sachverhalt jetzt doch aufgeklärt werden konnte. LGBTI*-Aktivisten stellen sich dabei die Frage, wie viele andere, aus Hass begangene Morde an Homosexuellen aus dieser Zeit letztlich nie aufgeklärt worden sind.
So dunkel sich die homophobe Gesinnung der damaligen Zeit offenbart hat, so hell leuchtet nun das aktuelle Urteil und die Bemühungen Australiens, Wiedergutmachung zu leisten. Erst im Jahr 2020 gelang bei den Ermittlungen der Durchbruch, nachdem Helen White ihren Ex-Ehemann Scott Phillip White bei der Polizei gemeldet hatte. White (51) bekannte sich gegenüber dem Obersten Gerichtshof schlussendlich schuldig, den jungen Mathematiker ermordet zu haben.
Richterin Helen Wilson verurteilte White zu 12 Jahren und sieben Monaten Haft und legte dabei bewusst das etwas mildere Strafmaß der späten 1980iger Jahre an. Dabei räumte Richterin Wilson ein, dass White eine härtere Gefängnisstrafe hätte erwarten können, wenn das Verbrechen heute begangen worden wäre und erklärte zudem: "Das Gericht verurteilt nicht einen gewalttätigen und aggressiven jungen Mann für einen Angriff auf einen schwulen Mann, es verurteilt einen schwer beeinträchtigten Mann in seinen 50ern, der seit 15 Jahren gesetzestreu ist."
Die Haftstrafe hat eine Bewährungsfrist von acht Jahren und drei Monaten – die reduzierte Strafe lässt sich auf Whites Schuldeingeständnis, seiner kognitiven Beeinträchtigung und seiner dysfunktionalen homophoben Erziehung zurückführen. Offiziell reichen zwar laut Richterin Wilson die Beweise nicht aus, um die Tat als Schwulenhass einzustufen, dabei stellte sie aber trotzdem klar, dass White von “Selbsthass“ angetrieben worden sei, da er selbst in einer sehr homophoben Familie aufgewachsen war und sich inzwischen selbst als schwul geoutet hat.
Trotzdem bekräftigte sie abschließend die Grausamkeit der Tat: "Es war ein schrecklicher Tod. Scott Johnson muss große Angst gehabt haben, da er wusste, dass er auf den Felsen aufschlagen würde und sich seines Schicksals bewusst war.“ White selbst hat inzwischen Berufung gegen seine Verurteilung eingelegt.
Johnsons Familie ist mit dem jüngsten Urteil trotzdem sehr zufrieden. Johnsons Bruder Steve dankte der Richterin für das faire Urteil:
"Sie hat auf wunderbare Weise erklärt, was die Welt verloren hat, was wir verloren haben und was Scott verloren hat. Sie hat sich auch sehr sorgfältig um den Täter gekümmert, um sicherzustellen, dass er fair behandelt wird. Dieser Fall hat das Beste in Australien zum Vorschein gebracht. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von Menschen zusammengekommen, weil sie von Scott inspiriert wurden und sahen, dass ihm Unrecht getan wurde. Ich denke, heute sagt Scott Danke und er ist stolz auf uns!"