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Welle von Hinrichtungen im Iran
Regional

Welle von Hinrichtungen im Iran Amnesty International warnt: „Die Staatsmaschinerie tritt das Recht auf Leben mit Füßen!“

ms - 28.07.2022 - 10:30 Uhr

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat jetzt in einem eindringlichen Appell darauf hingewiesen, dass die Zahl der Hinrichtungen im Iran im ersten halben Jahr 2022 dramatisch angestiegen ist – unter den Opfern der menschenrechtsunwürdigen Todesurteile befinden sich auch homosexuelle Männer, die aufgrund ihrer Sexualität zumeist ohne einen rechtsstaatlichen Prozess verurteilt worden sind.

Nach den neusten Recherchen von Amnesty International und dem Abdorrahman-Boroumand-Zentrum für Menschenrechte sollen so im Iran allein zwischen Januar und Juni 2022 mindestens 251 Menschen hingerichtet worden sein. Die tatsächliche Zahl sei dabei wahrscheinlich deutlich höher, da die Behörden offizielle Zahlen zu vollstreckten Todesurteilen geheim halten. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2021 hat AI 314 Hinrichtungen dokumentiert. Neben Homosexuellen werden Menschen auch aufgrund von angeblichen Drogendelikten oder Morden hingerichtet. Bereits in den nächsten Tagen könnte nach Angaben von AI der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd hingerichtet werden – der 67jährige Mann setze sich in den USA für eine Menschenrechtsorganisation ein, die auch über das Regime im Iran berichtete. Für die iranische Regierung ist Sharmahd damit ein Terrorist und hat sich der "Verdorbenheit auf Erden" schuldig gemacht, der iranische Geheimdienst verschleppte ihn während einer Geschäftsreise in Dubai in den Iran. Gegenüber der BILD-Zeitung erklärte seine Tochter Gazelle Sharmahd, die in Deutschland lebt: „Das ist ein kompletter Schauprozess. Seine Verhaftung ist fast zwei Jahre her. Er hat keinen Zugang zu seinem Anwalt, er hat kein Recht auf Telefonate, den letzten Kontakt mit ihm hatten wir im September.“

Wie viele Homosexuelle konkret unter den Opfern sind, kann derzeit nur vermutet werden. Offiziell bekannt geworden sind drei Hinrichtungen vom Februar und Juni dieses Jahres. Die Begründung lautete stets auf “Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern“. Gleichgeschlechtlicher Verkehr ist im Iran illegal. Geouteten Homosexuellen drohen allein aufgrund ihrer Offenheit mindestens 100 Peitschenhiebe. Wer beim Sex erwischt wird, erwartet in der Regel die Todesstrafe. Transsexualität ist hingegen legal, tatsächlich fördert der Staat geschlechtsangleichende Operationen sogar. Seriöse Schätzungen wie beispielsweise von Human Rights Watch gehen von rund 6.000 Tötungen von homosexuellen Männern in den letzten vier Jahrzehnten aus.

AI erklärt zu der jüngsten Welle von Hinrichtungen: "Im ersten Halbjahr 2022 ließen die iranischen Behörden im Durchschnitt mindestens eine Person pro Tag hinrichten. Die Staatsmaschinerie führt im ganzen Land massenhaft Tötungen durch und tritt dabei das Recht auf Leben mit Füßen!“, so Diana Eltahawy, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei AI. Und die Geschäftsführerin der iranischen Menschenrechtsorganisation Abdorrahman-Boroumand-Zentrum, Roya Boroumand, fordert: "Diese erneute Hinrichtungswelle, die auch öffentliche Exekutionen mit einschließt, zeigt einmal mehr auf, dass der Iran nicht auf demselben Kurs ist wie der Rest der Welt – global haben 144 Länder die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Die iranischen Behörden müssen als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe umgehend ein Hinrichtungsmoratorium verhängen!“ Die vom Abdorrahman-Boroumand-Zentrum und Amnesty International erhobenen Daten beruhen auf einer Reihe unterschiedlicher Quellen wie zum Beispiel auf Angaben von Gefangenen, Verwandten von hingerichteten Personen, Menschenrechtlern und Journalisten sowie auf Berichten sowohl staatlicher als auch unabhängiger Medien und Menschenrechtsorganisationen.

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