Wird die CDU wieder homophob? Will die Partei zurück zu den „Werten“ des letzten Jahrhunderts?
Heute startet der Bundesparteitag der CDU - an diesem Wochenende wird Friedrich Merz zum neuen Vorsitzenden der CDU gewählt werden. Überraschungen können diesbezüglich auf dem digitalen Parteitag weitestgehend ausgeschlossen werden, denn bei der vorangegangen Mitgliederbefragung der Partei im Dezember 2021 stimmten 62,1 Prozent für den Politiker aus Nordrhein-Westfalen. Der Wunsch der Mehrheit der Partei ist eindeutig.
Fraglich, was dieses klare Statement künftig für LGBTI*-Personen bedeuten kann. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung beteuerte Merz erst in dieser Woche noch, dass er nie der „konservative Knochen von vorgestern“ gewesen sei. An anderer Stelle beschrieb Merz die CDU allerdings als inhaltslos und blutleer. Das lässt darauf spekulieren, dass Merz zu den alten Grundwerten der konservativen Partei zurück will. Ob dazu auch eine latente homopobe und LGBTI*-feindliche Grundhaltung zählt, darf spekuliert werden.
2020 brachte er Homosexuelle noch in die Nähe von Pädophilen, fühlte sich anschließend von der Presse allerdings missverstanden, blieb aber bei seinen Äußerungen. Wie ambivalent sein Verhalten in puncto LGBTI* ist, zeigte sich dann zuletzt im Dezember 2021: Nachdem er anfänglich gegen die Adoption von Kindern durch Homosexuelle war, steht er nach eigener Aussage inzwischen der Thematik offen gegenüber. Noch mehr sogar, gegenüber der FAZ sagte er: „Heute wissen wir: Manche homosexuellen Paare sind vermutlich bessere Eltern als manche heterosexuellen.“
Wie ist dies zu bewerten? Will Merz einfach alles tun, um der arg schwächelnden CDU zu neuer Stärke zu verhelfen – gerade im Hinblick auf die kommenden Landtagswahlen im März (Saarland) und Mai (Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen) des ersten Halbjahres – oder hat hier wirklich eine Sinneswandlung stattgefunden? Grundsätzlich eingestehen muss man jedem Politiker, dass er seine Meinung auch ändern kann und darf.
Ein wenig kritische Zweifel seien dann allerdings doch erlaubt, denn viele, gerade konservative Mitglieder der eigenen Partei, wünschen sich von Merz, dass er die CDU wieder mehr nach rechts rückt. Zu liberal, zu offen für moderne gesellschaftliche Strömungen zeigte sich die Partei für viele langjährige Parteimitgliedern in den letzten Jahren. Im Durchschnitt sind die CDU-Mitglieder 61 Jahre alt und zu mehr als 70 Prozent männlich. Es bleibt der Eindruck bestehen, Merz will als Vorsitzender die Quadratur des Kreises erreichen – auf der einen Seite soll die Partei jünger, weiblicher und diverser werden, auf der anderen Seite sollen die konservativen Werte der Partei wieder mehr im Mittelpunkt stehen. Wie und auf welche Weise da künftige LGBTI*-Themen – falls überhaupt – Platz finden werden, bleibt eine bisher offene Frage. Für queere Menschen indes bleibt es ratsam, mit wachem Auge auf die Entwicklungen der Partei zu schauen.