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Vladimir Gunjic
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„Charming Boys“ Vladimir Gunjic

vvg - 06.10.2023 - 17:00 Uhr

War mit 37 Jahre der reifste Kandidat bei den „Charming Boys“. Er ist freischaffender Künstler, absolvierte ein Studium für Gesang, Tanz und Schauspiel in Hamburg und hat in diversen Produktionen mitgespielt (u.a. Köln 50667). Die „spielfreie“ Corona-Zeit nutze er, um eine Ausbildung zum Fashion- und Make-up-Artist zu machen. Derzeit kann man ihn als Moderator beim Teleshopping-Kanal sehen, wo er Beauty-Produkte vorstellt.

Vladi, du warst auf Ko Samui Kandidat bei den Charming-Boys, was würdest du heute anders machen?

Gar nichts, jede Erfahrung, die ich dort gemacht habe, war wertvoll. Manches war sehr lustig, anderes eher enttäuschend; es war eine coole Zeit. Ich bin ohne jeden Plan in das Format „Charming Boys“ reingegangen und bin im Nachhinein für jede Erfahrung dankbar.

Du warst ehrlich, hast deine Meinung gesagt, oft Streit geschlichtet und das unfaire Spiel nicht mitgemacht. Was nimmst du aus dem Format für dich mit?

Wichtig war mir, dass ich mir als Mensch mit meinen Werten treu blieb. Wenn ich Ungerechtigkeiten spüre, kämpfe ich dagegen an; wenn ich Spaß habe, lache ich, und wenn mir zum Weinen war, habe ich geweint. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich finde es gut, wenn man Gefühle zulässt und sie auch zeigt. Ich denke, die Zuschauer konnten sich mit mir identifizieren, weil ich echt war.

Was war dein Beweggrund: Wolltest du einen Partner finden, bekannt werden oder einfach geilen Urlaub machen?

Ich habe alle Staffeln „Prince Charming“ geschaut und fand das mega cool. Endlich gab es eine queere Plattform, wo wir gesehen und gehört werden konnten. Darauf habe ich mich beworben. Da „Prince Charming“ pausierte, erklärte man mir das Format „Charming Boys“ und ich entschloss mich, mitzumachen. Es gab keinen Prinzen, sondern jeder Kandidat stand zur Auswahl. Da ich seit Jahren Single bin, dachte ich, da lernst du auf einen Schlag viele Männer kennen, vielleicht ist jemand dabei, in den ich mich verlieben kann oder bei dem die Vibes stimmen. Ich kannte außer den Alt-Stars nur die Kölner vom Sehen aus der Szene. Ich hatte Lust auf ein Abenteuer.

Neben viel Sonne und gutaussehenden Boys gab es auch Intoleranz, Mobbing und Anfeindungen, obwohl mancher Kandidat selbst Homophobie erlebt hatte.

Es war natürlich nicht alles rosarot! Wenn siebzehn verschiedene Persönlichkeiten aufeinandertreffen, gibt es natürlich Reibereien; deshalb schaut man doch dieses Format, oder? Aber alles sollte im gesunden Rahmen bleiben und niemals unter die Gürtellinie gehen. Was ich schade fand, dass sich einige nicht daran erinnern konnten, dass wir eine Randgruppe sind und wir nicht gegeneinander, sondern miteinander agieren müssen. Gerade die Villa sollte ein Safe-Space ohne Mobbing und Lästereien sein. Auf Ausgrenzungen und Anfeindungen hätte ich da gern verzichtet. Als harmoniebedürftiger Mensch habe ich alles versucht, ein Miteinander zu ermöglichen. Das ist mir leider nicht geglückt. Aber wir hatten auch viele gemeinsame und lustige Momente.

© vvg

Was waren deine schönsten Momente?

Zurückblickend unter anderem: Mein erstes Date mit Martin, als wir zu zweit auf einem Quad durch die Wildnis fuhren. Auch das Songkran-Festival im April, bei dem die Thailänder - als Zeichen des Segens - das Neujahr mit einer Wasserschlacht feiern und man mit bunter Kreide bemalt wird. Das war wie CSD gepaart mit riesiger Herzlichkeit der Einheimischen. Und last but not least: die Party mit den Lady Boys, die uns in der Villa besuchten.

Du zweifeltest einmal und sagtest: „Was stimmt mit euch allen nicht“.

Ich bin mit offenem Herzen in die Villa gezogen und hatte eine klare Kommunikation. Es ging doch darum, einander kennen zu lernen und einen Partner zu finden. Wie kann einem da, wenn man sich einander öffnet, die entstandene Nähe plötzlich zu viel werden? Warum gehen Kandidaten in dieses Format, die beziehungsunfähig sind? Es war doch eine Dating-Show! Zum Glück gab es einige, die das genauso sahen wie ich.

Wie hast du die Fremdschäm-Momente erlebt, die es leider gab?

Bei manchen Situationen habe ich versucht, das auszublenden. Die Villa war groß genug, dass man sich aus dem Weg gehen konnte, um sich nicht in den Strudel von Negativität hineinziehen zu lassen. Je kleiner die Gruppe wurde, umso schwieriger wurde es aber, sich da rauszuhalten. Ich bin stolz, dass ich bis zum Ende mit jedem am Tisch sitzen konnte.

Warum gönnte man Philipe und Nik, die das Konzept der Sendung lebten, ihre Liebe nicht?

Philipe und Nik waren das Traumpaar in der Villa, die auch das angedachte Konzept zum Glück bewahrt haben. Vielleicht war es Eifersucht und Neid, dass andere so reagierten. Da gab es zwei Menschen, die das gefunden hatten, was andere suchen und ihr Leben lang nicht finden.
Dass die beiden allen Anfeindungen nicht stillhalten können und sich wehren, ist menschlich. Keiner ist Jesus und hält ständig die Wange hin, damit man draufhaut. Ich freue mich für die Zwei, auf die lasse ich nichts kommen.

Du sagtest einmal: „Der Teufel hat‘s mal wieder geschafft, mich zu verführen.“ Stehst du auf keinen bestimmten Typen?

Ich stehe tatsächlich auf keinen bestimmten Typen. ER muss Irgendetwas haben, was mich fasziniert. Martin hatte das gewisse Etwas, wenn wir alleine waren. Aber sobald wir in der Gruppe waren, legte er den Schalter um und es war wieder Show. So wie er mich verletzt und mein Vertrauen missbraucht hat, konnten wir kein Paar werden. Dann gab es ein schönes Gespräch bei Basti, was zum Kuss in der Küche führte.

Ich zitiere dich nochmal: „Ich habe das Gefühl, als ob sich keiner für mich interessiert!“ Haben einige mit die gespielt?

Ich war enttäuscht, dass die Menschen, die ich interessiert fand, mich so abservierten. Bei dem einen brauchte nur Frischfleisch in die Villa zu kommen, schon waren die bisherigen Liebhaber abgeschrieben. Der andere wurde gemobbt, dass er mich in die nächste Runde wählte und brach deswegen unser Tete-á-Tete ab. In meiner Naivität hatte ich geglaubt, es könnte jemanden geben, der sich für mich interessiert und nicht nur auf Show aus ist. Da kam Maurice und wir einigten uns auf ein taktisches Zusammenspiel.

Dabei fandest du mit: „Ich liebe mich sehr, ich bin ein toller Mensch!“ tolle Worte. Warum dann so viele Tränen?

Meine Tränen kommen von meiner emotionalen Seite. Ich bin halt vom Sternzeichen Krebs: harte Schale, weicher Kern. Nach meinem Gefühlchaos hatte ich schon gezweifelt, ob mit mir etwas nicht stimmt. Ich bin ein ehrlicher Mensch und mit mir im Reinen. ich liebe mich, bin zu einer starken Persönlichkeit geworden, was ich mir schwer erarbeitet habe. Ich weiß, was ich will und wer ich bin. Wenn die anderen das von sich nicht wissen, ist das nicht mein Problem.

Wie war die Reaktion in der Community?

Ich bekam sehr viele, durchweg positive Reaktionen. Marcella Rockefeller schrieb mir, dass sie es so toll fand, dass ich für meine Werte einstehe. Berührt hat mich auch, als eine Mutter schrieb, dass sie sich abends mit ihrem Jungen vor den Spiegel stellt und ihm nach meinem Vorbild sagt: Du bist ein toller Mensch, deine Mutter liebt dich und du kannst alles erreichen, was du willst!

Mit welchen Charming-Boys wirst du Kontakt halten?

Mit denen, die ich das Kleeblatt nenne: das sind Philipe, Niki und Maurice. Wir Vier waren auf den CSDs in Berlin, Köln oder Hamburg. Mit Pitzi schreibe ich noch, er war die „Mutti“ im Haus, sporadisch auch mit Rudi und Lukas. Wenn ich die anderen sehe, grüßen wir uns halt nett.

Das „große Wiedersehen“ war unbefriedigend und harmlos – war das zu erwarten?

Ich hatte auch gedacht, dass wir uns mehr fetzten, es blieb ein sehr humaner Umgang miteinander. Dass man sich Wahrheiten nicht ins Gesicht sagt, war mir in der Villa schon klargeworden, weil hinterm Rücken anders geredet wurde. Es gab einige halbherzige Entschuldigungen, was mir zeigte, dass sich einige nicht selbst reflektieren.

Wurde die Show 1:1 wiedergegeben?

Die Show spiegelt sehr stark unsere Szene: Die Oberflächlichkeit, das Schnelle, das Schnell-gelangweilt-sein und die ewige Suche nach dem Besseren. Ich finde es schade, dass in der Szene oft die Wärme fehlt und alles so kurzlebig ist.

Werden nach dieser Erfahrung andere Formate folgen?

Ich würde mich als ausgebildeter ehemaliger Tänzer freuen, wenn mich „Let‘s Dance“ anfragt. Das „Dschungelcamp“ wäre eine Grenzerfahrung für mich, weil ich bei allem Krabbelzeug Panik bekäme. Durch „Charming Boys“ habe ich wieder Bühnenluft geschnuppert. Ich würde beruflich gern wieder mehr auf der Bühne oder vor der Kamera machen. Ich war ja Musicaldarsteller, habe früher in der TV-Soap „50667 Köln „mitgespielt und sogar in der von Jim Reeves gecasteten Band „Village Boys“ gesungen. Ich würde also gerne wieder Back to the Roots.

Gab es schon Reaktionen, warum wir von allen „Charming Boys“ dich zum Interview gebeten haben?

Ich habe bisher nichts mitbekommen, fühle mich aber geehrt, von SCHWULISSIMO für dieses Interview ausgewählt worden zu sein. Was andere darüber denken, ist mir eigentlich „Latte“. Vielleicht finde ich ja über euch auch meinen Prinzen. :-)

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