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Pink Summits - rainbow flag on Elbrus

Dastan Kasmamytov "Die größte Herausforderung war nicht das Bergsteigen"

km - 19.12.2021 - 10:00 Uhr

Dastan ist LGBTI*-Aktivist und der Gründer von Pink Summits. Eine Kampagne, die sich für mehr Sichtbarkeit von LGBTI* einsetzt. Er und sein Team besteigen unter anderem die Seven Summits – also die sieben höchsten Gipfel der Erde. Im September 2018 fing es in Elbrus an und seitdem wurden drei weitere Berge gemeistert. Auf der ganzen Welt sind sie unterwegs, dieses Jahr haben sie auf dem Mont Blanc die Regenbogen-Flagge gehisst. Mit solchen Aktionen möchte der Gründer und erste offene schwule Kirgise junge LGBTI* dazu inspirieren, an ihre Kräfte und Fähigkeiten zu glauben, um die Welt zu verändern.

Mit SCHWULISSIMO sprach er über die Idee hinter Pink Summits, sein Team, homophobe Zwischenfälle und vieles mehr.

 

Wie kam die Idee von Pink Summits? Wie ist das Team entstanden?
Die Idee kam mir, als ich als ich von Bischkek, meiner Heimatstadt, nach Berlin mit dem Rad unterwegs war. Eine Freundin aus Kasachstan hat über die 7-Summits, die höchsten Gipfel aller Kontinente, erzählt. Da ich schon etwas Erfahrung mit Klettern und Trekking hatte, kam ich dann auf die Idee, mich weiter in Richtung Bergsteigen zu entwickeln. Ich wollte andere queere BergsteigerInnen finden und zusammen ein Zeichen für mehr Sichtbarkeit von LGBTI*-Communities setzen. Als ich in Bischkek gewohnt habe, waren die Berge für mich extrem wichtig. Dort fühlte ich mich viel sicherer als in der Stadt, wo ich Gewalt und Drohungen von Homophoben erlebt habe.
Die Idee von Pink Summits ist, dass wir als LGBTI*-Personen trotz des Hasses und der Gewalt durchhalten, weiterleben und andere Projekte wie Pink Summits auf die Beine stellen.

© Pink Summits
© Pink Summits

Was waren bisher die größten Herausforderungen bei der Besteigung der Summits?
Von einem Schneesturm und der eisigen Kälte auf dem Weg zum Gipfel des Elbrus bis zum Schmerz wegen meiner heftigen Blasen auf dem Weg zum Mont Blanc. Die größten Herausforderungen waren aber die homophoben Reaktionen von der Gesellschaft, besonders aus solchen Ländern wie Kirgisistan oder Russland. Ich bekomme jede Menge Hass-Nachrichten und Drohungen. Aber das macht mich nur stärker: Ich dokumentiere jede dieser Hass-Nachrichten und für jede einzelne sammle ich Spenden für verschiedene LGBTI*-Initiativen. Je mehr Hass-Kommentare ich bekomme, desto mehr Unterstützung gibt es, um Liebe zu verbreiten.

Hass mit Liebe bekämpfen – genial. Wie stehen diese großen Probleme in Relation zu den Schwierigkeiten, die du im Alltag aufgrund von Queerfeindlichkeit erfahren hast?
Im Alltag vor Pink Summits erlebte ich wie viele andere LGBTI*-Leute homophobe Scherze, Demütigungen, Hass und Gewalt. Sogar in unseren Communities – selbst in einer offenen Stadt wie Berlin.

Ein wichtiges Instrument um das alles zu bekämpfen ist unsere Sichtbarkeit. Diese Sichtbarkeit gehört zu meinem täglichen Leben und damit habe ich auch viele Leute verändert oder hoffentlich inspiriert.

© Pink Summits
Dastan in Action © Pink Summits

Es gab sogar einen Zwischenfall mit dem russischen Geheimdienst. Wie kam es dazu und wie ist die Geschichte ausgegangen?
Zusammen mit Steffen, einem Mitglied von Pink Summits, wollte ich die Grenze zwischen Russland und Georgien überqueren. Dort kam es zum Verhör durch den russischen Geheimdienst. Sie wollten wissen was wir vorhaben. Sie haben meinen Namen davor sicher auch im Internet gesucht und nun viele unangenehme und persönliche Fragen gestellt. Am Ende haben Sie die IMEI-Codes von unseren Handys genommen, uns letztlich – nach zähen sechs Stunden – aber doch noch über die Grenze gelassen. Wir hatten ja auch nichts Illegales getan.

Wie würdest du das Gefühl beschreiben, einen Berg zu besteigen und dann die Regenbogenflagge wehen zu lassen?
Am stärksten war das Gefühl von Stolz. Besonders auf dem Elbrus im Kaukasus, weil es dort echt gefährlich war, etwas Aktivistisches zu unternehmen, besonders wenn es um das Thema LGBTI* geht. Wir waren in Kabardino-Balkarien und Inguschetien unterwegs, in der Nähe von Tschetschenien. Dort werden Leute wie wir noch von der Polizei gefoltert und getötet.

team in front of kili with a rainbow flag © Pink Summits
Team vor dem Kilimanjaro mit einer Regenbogenflagge © Pink Summits

Wie war/ist das Feedback aus der LGBTI*-Community?
Sehr positiv, auf jeden Fall. Ich bekomme so viele Nachrichten von verschiedenen Ecken der Welt. Viele kannten mich in Kirgisistan schon vor dem Beginn der Kampagne, da ich der erste schwule Kirgise war, der sich öffentlich geoutet hatte. Es ist jedes Mal schön zu hören, wie ich junge Leute dazu ermutigt habe, sich zu akzeptieren und offen zu leben.

Wie kann man Pink Summits auf der Reise und Aktionen für Sichtbarkeit unterstützen? Was muss man mitbringen, um Teil davon zu werden?
Wir suchen gerade nach weiteren Leuten, die mit uns auf die Berge gehen wollen. Ein bisschen Erfahrung im Bergsteigen wäre schön, aber grundsätzlich sind wir für alle offen. Wir freuen uns insbesondere auf queere BergsteigerInnen und beabsichtigen eine Fundraising-Kampagne für ein Expeditionsstipendium zu starten, um (Trans*-)Frauen zu unterstützen.

Bei uns ist dabei natürlich jeder herzlich willkommen! Und es ist auch gar nicht notwendig, unbedingt auf die Gipfel der 7-Summits mitzukommen. Wir freuen uns über jede gemeinsame Aktivität und den Austausch mit neuen Menschen. Man findet mehr Infos über uns und unsere Aktivitäten auf unserer Webseite: pinksummits.com

© Pink Summits
Team Pink Summits auf dem Mount Blanc © Pink Summits

2025 besteigt ihr den Mount Everest und den damit höchsten Berg der Welt. Habt ihr Angst oder zumindest Respekt davor? Wie bereitet man sich auf so eine Herausforderung vor?
Wir haben natürlich Sorgen vor jedem Berg und bereiten uns immer physisch und psychologisch auf eine Besteigung vor. Wir treiben natürlich regelmäßig Sport, gehen klettern, wandern und bergsteigen.

Die Berge sind gefährlich aber viel gefährlicher ist das Leben von tausenden LGBTI*-Aktivist*innen. Wir haben größten Respekt gegenüber den Leuten, die in unsicheren Ländern ihre eigene Gesundheit und sogar Leben riskieren, um die Welt ein wenig zu verbessern.

Was kommt danach? Noch höher hinaus und den Mond mit einer Regenbogenflagge ausstatten oder macht ihr dann Führung für queere Menschen auf die Berge?
Mit der Besteigung des Everest endet unsere Reise natürlich nicht. Wir werden danach weiter für die Sichtbarkeit von LGBTI* kämpfen und hoffentlich mehr Leute zu Offenheit, Toleranz und gegenseitigem Respekt inspirieren. Wir machen schon jetzt viele Nebenprojekte. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel einen aktivistischen Wander-Workshop für junge LGBTI*-Menschen in Kirgisistan zusammen mit einem lokalen queeren Verein organisiert. In den Bergen Kirgisistans haben wir dann Regenbogenfahnen gehisst, getanzt und mit Musik gefeiert. Das war fast wie ein kleiner CSD in einem Land wo Pride eigentlich gar nicht möglich ist.

Nächstes Jahr im Juli und August planen wir eine Besteigung eines kirgisischen Gipfels. Der Name des 5.725 Meter hohen Gipfels ist Pik Leipzig und er ist erst zwei Mal vorher bestiegen worden. Außerdem planen wir die Besteigung von Pik Putin (natürlich im ganz bunten Format und einer starken Message) sowie einen queeren Kletter-Workshop am Fels. Wir wollen gerne die Kletterrouten dokumentieren und einen ersten umfangreichen Kletter-Guide für Kirgisistan veröffentlichen. Und wie bereits erwähnt, ihr seid alle willkommen bei unserem Projekt mitzumachen und Teil der Pink Summits Kampagne zu werden!

 

Die Kampagne gefällt euch und ihr wollt diese wundervollen Menschen bei ihrer Arbeit finanziell unter die Arme greifen? Kein Problem!
Einfach unter gofundme.com/f/unstraighttoaconcagua zur Spenden-Aktion gelangen und einen kleinen Obolus dalassen. Weitere Informationen gibt es auf www.pinksummits.com

© Pink Summits
© Pink Summits

 

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