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Durch Wissen, Reflektion, Geduld und Kommunikation steigern wir unsere Chancen, so Fachmann Gebauer.

Dating für Profis! Wie kann ich beim Online-Dating mein Glück finden?

ms - 03.10.2022 - 09:07 Uhr

Wir alle tun es, wir alle lieben es, wir alle verzweifeln mitunter daran – die Rede ist natürlich vom Online-Dating. Blickt man auf die Smartphones der meisten Homosexuellen, finden sich zumeist ein halbes Dutzend verschiedener Dating-Apps darauf. Von der Suche nach der großen Liebe bis zum schnellen sexuellen Abenteuer. So ganz davon lassen können wir trotz einiger Niederschläge, Ghosting und Fake-Profilen dann doch nicht – treibt uns manchmal die pure Lust dahin, ist es ein anderes Mal die Sehnsucht nach einer richtigen Beziehung. Gibt es das überhaupt, den Mann fürs Leben? Und kann man ihn wirklich über eine Dating-App finden? Die gute Nachricht zuerst: Ja, das geht und das kann funktionieren. Allerdings nur, wenn man ein Stück weit vorbereit an die Sache herangeht, denn auch beim Online-Dating kann man viele Fehler machen. Der Psychologe Guido F. Gebauer erklärt uns in seinem neuen Buch “A Perfect Match“, dass es keine Erfolgsgarantie bei der Online-Partnersuche gibt, aber durch Wissen, ehrliche Reflektion, Geduld und Kommunikation die Chancen signifikant gesteigert werden können.

 

Ich habe erlebt, dass das Dating-Verhalten von Homosexuellen oftmals wesentlich direkter ist als bei Heterosexuellen. Sehr viel deutlicher wird gesagt, was gewünscht ist – sowohl sexuell, als aber auch auf Beziehungsebene. Daten Homosexuelle also tatsächlich anders oder sogar ehrlicher?

Studien zeigen, dass Homosexuelle und überhaupt Menschen aus dem LGBTI*-Umfeld häufiger offene Beziehungen oder auch polyamore Beziehungen führen als Heterosexuelle. Solche sogenannten konsensuell nicht-monogamen Beziehungen kennzeichnen sich durch eine höhere sexuelle Offenheit und Transparenz. In diesem Sinne kann tatsächlich gesagt werden, dass ein andersartiges Dating- und Beziehungsverhalten vorliegt. Allerdings gibt es ebenso viele Menschen aus dem LGBTI*-Bereich, die Wert legen auf eine monogame Beziehung.

Wie finde ich den richtigen Partner? Und wie kann Online-Dating erfolgreich funktionieren? Psychologe Guido F. Gebauer gibt sinnvolle Tipps. © Danny Frede, Fabio Camandona

Der Großteil (90%) der jungen Schwulen sehnt sich nach einem festen Partner, scheitert aber oftmals an den eigenen Wünschen vom perfekten Traummann. Was sind die größten Fehler, die wir beim Dating immer wieder begehen?

Wichtig ist es bei der Partnersuche zwischen wirklich zentralen, essentiellen Merkmalen und eher oberflächlichen Merkmalen zu unterscheiden. Zentral sind solche Merkmale, die tatsächlich einen Beitrag dafür leisten, dass eine Beziehung glücklich und stabil wird. Studien zeigen beispielsweise, dass das Äußere für die Beziehungszufriedenheit eine höchstens geringe und auch nur anfängliche Rolle spielt. Demgegenüber ergibt sich aus Studien deutlich, dass eine Übereinstimmung in zentralen Werten, ethischen Prinzipien und Beziehungsmodellen für die Zufriedenheit und die Stabilität einer Beziehung wichtig ist. Der größte Fehler, den Menschen bei der Partnersuche machen können, ist es, sich ausgerechnet solche Partner zu suchen, die sie ausschließlich körperlich attraktiv finden, mit denen sie aber keine grundlegenden Werte und Lebensprinzipien teilen. Ebenso ist es ein großer Fehler, einen wirklich passenden Menschen als Partner abzulehnen, weil dieser zu weit weg wohnt. Ein dritter Fehler ist es, nicht auf Gemeinsamkeiten, sondern auf Gegensätze zu achten. Gegensätze können kurzzeitig faszinieren, stellen aber keine gute Basis für eine dauerhafte Beziehung dar, in der Partner gemeinsame Aktivitäten unternehmen und gemeinsame Lebensziele umsetzen wollen. Ein vierter und oftmals fataler Fehler ist es, eine neue Beziehung mit Lügen zu beginnen. So gibt es gerade unter Schwulen viele, die Wert legen auf sexuelle Abwechslung. Manche von ihnen lassen sich dennoch auf eine monogame Beziehung ein, obwohl so Unehrlichkeit, Fremdgehen und Instabilität vorprogrammiert sind. Dabei ist dies unnötig, da von Anfang an Vereinbarungen zu einer konsensuellen Nicht-Monogamie getroffen werden können.


"Ein Profil beim Online-Dating ist keine Selbstdarstellung, sondern eine Selbstvorstellung."

Gerade auch beim Online-Dating ist es üblich, dass Profile plötzlich gelöscht werden oder man es mit Fake-Profilen zu tun bekommt. Wie kann man sich davor schützen beziehungsweise welche Maßstäbe sollte man auch selbst ansetzen?

Der Ratschlag lautet hier, möglichst bald zu Telefonaten, Video-Chat und auch Treffen außerhalb des Internet überzugehen, um die Ernsthaftigkeit des entstehenden Kontaktes sicherzustellen. Ist eine andere Person hierzu partout nicht bereit, sollte der Kontakt abgebrochen werden, es sei denn, es besteht auch selbst ein Interesse an einer rein virtuellen Beziehung. Die Maßstäbe für das eigene Dating sollten Offenheit und Direktheit sein. Ein wichtiger Punkt ist auch die eigene Selbstreflektion. Bei Kenntnis der eigenen Beziehungswünsche und Beziehungsfertigkeiten gelingt es mir leichter, mich für die richtige Person und das richtige Beziehungs-Modell zu entscheiden.

 

Was sind die wichtigsten Aspekte für eine gute Vorbereitung, damit es mit dem Online-Dating klappen kann?

Das ist tatsächlich ein weites Feld, dem ich in meinem Buch fast ein Drittel des Platzes widme. Von zentraler Bedeutung ist die Frage, wie Sex in einer Beziehung gelebt werden soll. Studien zeigen, dass Paare in offenen Beziehungen, in Swinger-Beziehungen und in polyamoren Beziehungen, wo Menschen mehr als eine andere Person lieben, ebenso glücklich werden können wie in monogamen Beziehungen, wo die Monogamie eingehalten wird. Ich sollte mich also vor Beginn einer Beziehung fragen, ob ich beispielsweise zu einer echten, durchgehaltenen Monogamie bereit und in der Lage bin. Menschen neigen in ihren Beziehungen dazu, alte Muster zu wiederholen, selbst wenn sie mit ihnen unglücklich werden. Zur Vorbereitung auf die Partnersuche gehört es, sich destruktiver Muster und eigener Anteile aus vorherigen Beziehungen bewusst zu werden und sich gezielt Strategien zurechtzulegen, um einen Rückfall rechtzeitig erkennen und stoppen zu können.

 

Bei einer Absage denken viele Schwule oft, es liegt an ihnen: Sie sind zu alt, zu dick, zu… was auch immer. Wie können wir diesen selbstdestruktiven Kreislauf durchbrechen?

Wir sollten uns bei der Partnersuche auf das Ziel ausrichten, dass eines Tages – wann auch immer – der eine passende Mensch gefunden wird, mit dem eine glückliche und stabile Beziehung entsteht. Alles andere ist egal. In der Regel geht eine Partnersuche mit Enttäuschungen, Ablehnungen und Zurückweisungen einher. Es ist hilfreich, sich klarzumachen, dass dies der normale Verlauf der Partnersuche ist, um sich so eine etwas dickere Haut zurecht zu legen.

 

Ehrlichkeit ist so ein Thema, dass gerade beim Online-Dating ja oftmals Mangelware ist – nicht nur bei gewissen Zentimeterangaben, sondern auch generell. Wie wichtig ist der Aspekt Ehrlichkeit also?

Ehrlichkeit ist beim Online-Dating das wichtigste Überhaupt. Studien zeigen, dass selbst geringe Abweichungen von der Ehrlichkeit beim Gegenüber auf Missbilligung, negative Gefühle und eine reduzierte Bereitschaft zum weiteren Kennenlernen stoßen. Eine Studie zeigt sogar, dass Menschen, die unehrlich handeln, egozentrischer werden, Gesichter schlechter lesen können und die Unehrlichkeit mit erhöhter Wahrscheinlichkeit künftig wiederholen.

ZUR PERSON
Guido F. Gebauer

Guido F. Gebauer studierte Psychologie an den Universität Trier, der Humboldt Universität in Berlin sowie in Cambridge (Großbritannien). Er promovierte an der Universität Cambridge zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Es folgten eine rechtspsychologische Ausbildung, die Arbeit in der forensischen Psychiatrie und eine zehnjährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Er ist Mitgründer der psychologischen Kennenlern-Plattform Gleichklang, deren Vermittlungs-Algorithmus er entwickelte und für die er seither publizistisch tätig ist. In seinem Ratgeber zur Online-Partnersuche greift Gebauer auf seine 15-jährigen Erfahrungen bei Gleichklang sowie auf die Auswertung des psychologischen Forschungsstandes zur Online-Partnersuche zurück.

Viele Homosexuelle erstellen ihr Profil in ein paar Sekunden und genauso sehen manche Profile auch aus, sie sind nichtssagend und das Titelbild ist ein Foto von der Lieblingskatze. Was gilt es zu beachten?

Ein Profil beim Online-Dating sollte authentische Informationen über die betreffende Person vermitteln. Ein solches Profil ist keine Selbstdarstellung, sondern eine Selbstvorstellung. Wir reden beim Online-Dating vor allem über Fotos und in der Tat stehen diese bei den Dating-Apps auch im Vordergrund. Fotos sollten die Person so zeigen, wie sie ist. Besonders geeignet sind Schnappschüsse, die eine Person in einem spontanen Moment zeigen, aber auch kontextuelle Bilder, die einen Einblick in den Alltag und die Lebensart geben, können hilfreich sein. Insofern ist das Foto mit der Katze gar nicht so schlecht, wenn die Person wirklich eine Katze hat, die sie liebt und die insofern auch in der Beziehung eine Rolle spielen wird. Tatsächlich zeigen Studien, dass sowohl das Foto wie auch der freie Text in den Attraktivitäts-Eindruck eines Dating-Profils eingehen. Ein freier Text mit wenigen Worten oder einem reinen “Hallo“ ist ein No-Go. In unseren eigenen Auswertungen haben wir festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Beziehung zu finden mit der Länger des freien Textes bis zu einer Textlänge von 1300 Zeichen steil ansteigt. Der freie Text sollte also auf keinen Fall zu kurz sein. Inhaltlich solle er einen fundierten Einblick in die eigene Person, die Wünsche und Bedürfnisse, die Beziehungsziele, sowie auch zentrale Werthaltungen und Merkmale des Lebensstils geben.

 

Kurz gesagt, was sind die wichtigsten Faktoren, die den Unterschied machen zwischen Erfolg und Scheitern?

Entscheidend für den Erfolg sind die Kenntnis der eigenen Beziehungswünsche, die Kompromissfähigkeit hinsichtlich mancher eher oberflächlicher Merkmale, die Bereitschaft zu Authentizität und Ehrlichkeit, sowie – sehr wichtig – die notwendige Geduld. Online-Partnersuche kann schnell gehen, oftmals dauert sie aber länger, nach unseren Auswertungen im Durchschnitt zwei Jahre. Es geht um das Vermögen, solange mit gutem Mut dabei zu bleiben, bis die Beziehung gefunden wurde.

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