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Dr. Klaus Müller
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Dr. Klaus Müller „Wir wollen einen Beitrag leisten, dass Schwule und Lesben ihre Projekte aus eigner Kraft auf die Beine stellen können“

km - 07.11.2021 - 10:00 Uhr

hms steht für Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (hms) und ist in Deutschland die größte private Förderstiftung im queeren Bereich. Der Name kommt von seinem Stifter Prof. Dr. Andreas Meyer-Hanno, welcher in der Schwulenszene den Spitznamen Hannchen Mehrzweck hatte. An der Größe gemessen, kommt die 1991 ins Leben gerufene Stiftung gleich nach der Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld. Allerdings ist diese aus öffentlichen Mitteln errichtet worden und nicht aus Zustiftungen von Privatpersonen.

 

„Wir wollen einen Beitrag leisten, dass Schwule und Lesben ihre Projekte aus eigner Kraft auf die Beine stellen können.“, definierte Andreas Meyer-Hanno seine Ziele.
Die hms ist dabei unabhängig vom Staat, gemeinnützig, ehrenamtlich, transparent und auch bewegungsnah. SCHWULISSIMO sprach mit Vorstandsvorsitzenden Dr. Klaus Müller wie die Stiftung arbeitet, was und wie und wie viel sie fördert sowie was die eigene Erbschaft damit zu tun haben könnte.

 

Wie arbeitet ihr?
Wir arbeiten überwiegend ehrenamtlich. Es gibt einen fünfköpfigen Vorstand, welcher von einem siebenköpfigen Beirat kontrolliert wird. Dabei handelt es sich um Menschen aus der Bewegung, die sich auskennen. Durch die Ehrenamtlichkeit haben wir wenig Kosten, jeder arbeitet an seinem eigenen Schreibtisch und wir benötigen keine Büroräume. Dies hat zur Folge, dass wir vergleichsweise viel Geld ausschütten können. Des Weiteren versuchen wir möglichst unbürokratisch zu agieren. Die Projekte müssen nicht unendlich viel mitbringen, um Gelder zu erhalten, auch kann die Förderung kurzfristig erfolgen. Es gibt fünf Treffen im Jahr, an denen wir Gelder vergeben. Wenn ein Projekt gut zwei Wochen vor einem solchen Treffen eingereicht wird, kann es daher durchaus sein, dass es nach kurzer Zeit genehmigt wird. Allerdings muss man dazu sagen, dass das Geld nach der Hälfte des Jahres meist vergeben ist und es sich lohnt, möglichst früh im Jahr Anträge einzureichen.
Auch in der Corona-Krise waren wir flexibel und unbürokratisch und konnten einigen queeren Zentren, die keine Events veranstalten konnten, Gelder für die Miete zukommen lassen. Das lief zusätzlich zu den üblichen Förderungen.

Was wird gefördert?
Wir fördern Projekte, die im weitesten Sinne queere Bildung betreiben. Am besten auch innovativ, also nicht Dinge tun, die schon tausendmal gemacht wurden. Außerdem sollten sie auch die Strukturen infrage stellen und reflektieren, vielleicht auch subversiv sein. Kleinstädte und ländliche Regionen, wo es sicherlich schwieriger ist, ein queeres Zentrum aufzubauen, werden von uns eher unterstützt als ein Projekt in Berlin. Dafür kommen wiederum aus Berlin spannende Projekte, die noch nie gemacht worden sind.
Früher haben wir häufig Bildungsprojekte unterstützt, die in Schulen gehen, wie SCHLAU. Inzwischen werden diese Projekte zum Glück meist öffentlich finanziert. Daher haben wir uns da zurückgezogen, denn wir sehen uns mehr als Antreiber.

Wie viel Geld bekommt so ein Projekt?
In einem Jahr schütten wir circa 70.000 Euro aus und ein Projekt erhält in der Regel 500 Euro bis 5000 Euro.

Wo kommt das Vermögen her?
In erster Linie kommt es von unserem Stifter Prof. Dr. Andreas Meyer-Hanno. Der war Professor an der Musikhochschule in Frankfurt und hat extrem sparsam gelebt. Sein ganzes Vermögen hat er dann in die Stiftung investiert und so den Grundstein gelegt. Inzwischen sind wir sehr viel größer geworden. Wir haben insgesamt 36 Zustifter und kommen auf etwa 3,2 Millionen Euro Vermögen. Aus den daraus resultierenden Zinsen werden die Projekte gefördert. Das Problem ist, dass die Zinsen in den letzten Jahren gefallen sind, sprich aus dem gleichen Vermögen können weniger Einnahmen generiert werden. Deshalb werben wir vermehrt um Spenden. So haben Menschen beispielsweise bei Geburtstagen, Hochzeiten oder anderen Feierlichkeiten statt Geschenke, um Spenden für die hms gebeten.

Stifter Hannchen Mehrzweck © hms
Stifter Hannchen Mehrzweck © hms



Wer kann euch unterstützen?
Letztendlich kann jeder spenden oder stiften und bekommt dann auch eine entsprechende Bescheinigung, so dass man das von der Steuer absetzen kann. Der Vorteil bei Zustiftungen ist, dass man den Betrag über zehn Jahre von der Steuer absetzen kann. Wobei man die jährliche Höhe je nach Höhe des Einkommens variieren kann.
Bis 1000 Euro zählt als Spende, diese werden noch im selben Jahr an die Projekte ausgeschüttet. Über 1000 Euro gilt als eine Zustiftung und das geht ins Vermögen und generiert dann wie gesagt Zinsen. Das Vermögen selbst darf nicht angerührt werden, das überprüft die Stiftungsaufsicht.

Mit Erbschaften kann man euch ebenfalls unterstützen?
Ja, wir haben auch schon Erbschaften erhalten in Form von Wohnungen zum Beispiel. Ich weiß, dass wir bei vielen Menschen im Testament stehen. Schwule und Lesben haben oft keine Kinder und wissen nicht, wohin mit dem Erbe und dann ist es schön, wenn es in der Community bleibt, bevor es die unbeliebte Verwandtschaft oder der Staat bekommt.
Wir können auch geeignete Notare nennen, die beratend tätig werden können. Zum Thema Erbschaft haben wir auch eine Broschüre aufgelegt mit ein paar grundsätzlichen Tipps.

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