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Daniel Donskoy // © Christian Pries

Daniel Donskoy "Wenn du Bock hast, etwas zu tun, dann mach das einfach..."

id - 04.12.2020 - 08:30 Uhr

Mit der Single „24“ meldete sich Daniel Donskoy im Oktober musikalisch zurück. Im Dezember erscheint nun der nächste Track namens „Robbed Me“. Wir sprachen mit dem Musiker und Schauspieler über seine neue Musik, Corona und die Schauspielerei zwischen „Sankt Maik“ und „The Crown“.

Du hast im Oktober den ersten neuen Song „24“ veröffentlicht. Was aber aufgefallen ist: Zeitgleich waren bei Instagram alte Beiträge weg und auch bei Spotify findet man derzeit nur die neuen Songs. Da fragt man sich unweigerlich: Was ist passiert?
Dazu muss ich sagen, ich bin ein echter Jetzt-Mensch. Wenn ich um drei Uhr morgens einen prekären Gedanken habe, kommen da nicht unbedingt immer die richtigen, meistens aber doch die besten Entscheidungen bei raus.  Nach vier Jahren „Sankt Maik“ war es für mich einfach konsequent, einmal auf Reset zu drücken und völlig befreit mit den neuen Projekten zu starten.
In der digitalen Welt werden wir von allen Seiten die ganze Zeit mit Informationen zugeballert. Wir Künstler mischen da aber auch mit. Ich persönlich will die Leute nicht sinnlos mit Promotionzeug zumüllen. Ich will wissen, dass meine Message ganz klar ist und ich hinter ihr stehe. Bei der neuen Musik, die ich jetzt mache, hatte ich während des Lockdowns sehr viel Zeit mit mir selbst und auch sehr viel Zeit für die Musik. Ich habe reflektiert und kann meinen Content guten Gewissens mit den Leuten teilen. Ich kann einfach erzählen, worum es mir geht: Es geht um“ Freiheit“.

Ist das denn das „alte“ komplett weg oder hast du diese tolle „Verstecken-Funktion“ benutzt, von der keiner wirklich weiß, wie man das zurückbringt?
Genau so. (lacht) Ich bin da tatsächlich nicht so ein sentimentaler Mensch. Ich dachte mir, es ist ja nur Instagram. Ich wollte meinen Account anschauen und sagen können: „Oh, das ist genau das, was mir wirklich gefällt und nicht nur etwas, was anderen gefällt.“
Ich finde auch, man muss da wirklich aufpassen, weil man als Künstler sehr schnell in dieses komplett nach außen Gerichtete rutscht. Man fängt an, sich zu fragen, was die Welt da draußen jetzt von mir erwartet.

Kommen wir zu der neuen Musik. Es ist ja „24“ als erste Single rausgekommen. Anfang Dezember folgt mit „Robbed Me“ die Nächste. Nachdem, was man bis jetzt gehört hat, ist die Musik komplett anders als beispielsweise deine letzte EP „Didn't I Say so“.
Ja, musikalisch sind die neuen Songs schon sehr R’N’B. Schon bei der letzten Tour habe ich gemerkt, dass ich voll Bock auf Rappen habe. (lacht) Und dann habe ich in die Live-Arrangements Rap-Parts eingebaut, die Songs als Jam gesehen und nicht als vorgefertigtes Produkt, welches keine Veränderung verträgt. Als ich nach der Tour wieder im Studio war, dachte ich „Fuck, eigentlich macht das viel mehr Spaß“. Dabei mag ich Indiepop sehr gerne. Aber dann habe ich mich auch gefragt, warum ich mich eigentlich für einen Stil entscheiden muss. Ich habe mich entwickelt, nicht verändert. Ich habe kein Label. Ich muss gar nichts. Ich schulde niemandem was. Es geht mir um die Atmosphäre der Songs.

Beim Schreiben von “Robbed Me” ging es zum Beispiel vorwiegend um den Einfluss, den die Menschen auf dein Leben haben können. Mit manchen, egal ob Liebe oder Freundschaft, ist es an jedem Ort geil, egal wo man ist. Da kann sich ein völlig bekacktes Hostel wie das Adlon anfühlen. Dieser eine Mensch gibt dir das Gefühl, zusammen frei und unbesiegbar zu sein. Das Krasse daran ist, dass du das erst realisierst, wenn dieser Mensch nicht mehr da ist. Plötzlich ist alles scheiße und die Realität ist oft leider einfach nicht so, wie man sie mit diesem Menschen erlebt hat. Der Song ist eine Retrospektive auf genau auf dieses Gefühl von „Wie frei bist du, wenn du deine Welt mit jemanden zusammen betrachtest“?

Im Zuge der Veröffentlichung von „24“ gibt es das Zitat von dir, der Song gehöre auf eine „Sex-Playlist“. Würdest du sagen. Sollte eine solche Playlist immer ruhig sein?
Nein, überhaupt nicht. Aber zumindest am Anfang. Ich finde, er sollte im ersten Drittel der Playlist landen, wo man sich noch findet und noch in diesem etwas smootheren Element ist. Danach kann man natürlich auf Techno oder Rammstein umsteigen. (lacht)

Was erwartet uns denn bei den weiteren Songs, die jetzt im Laufe der kommenden Monate noch kommen sollen? Ist das alles diese Richtung oder ist auch etwas Tanzbares dabei?
Es kommen noch ein, zwei Tracks, die Lebensfreude pur sind. Einer dieser Tracks kommt voraussichtlich zum Frühjahr – da will man direkt das Cabrio Dach aufmachen, die Klimaaktivisten natürlich nur aufs Fahrrad, losfahren und dich einfach geil fühlen.

Daniel Donskoy stilistisch neu... // © Sven Serkis

Wir sprachen gerade über den Lockdown. Du bist ziemlich multikulturell unterwegs, du kennst die unterschiedlichen Herangehensweisen in den verschiedenen Ländern wie Russland, Israel, Deutschland oder Großbritannien. Hast du diese Unterschiede persönlich auch wahrgenommen?
Auf jeden Fall. Vor allem die Schweiz und Israel habe ich mitbekommen, weil meine Eltern dort leben. Die Schweiz war anfangs recht rigoros, hat dann aber wieder gelockert, während Israel sehr konsequent war. Meine Eltern waren wirklich über Monate hinweg nur zu Hause und durften sich nur im Umkreis von 1.000 Metern um ihr Zuhause bewegen. Als der Lockdown in Israel gelockert wurde, hat mich meine Mom in Berlin besucht und ich habe richtig gemerkt, wie sehr es sie mitgenommen hat. Es geht richtig auf die Psyche, wenn man es einfach nicht mehr gewohnt ist, sozial zu sein. Und genau das ist so gefährlich für unser ganzes Miteinander. Wir sind eine Gesellschaft, die gerade so gespalten ist, wo alle schreien und man sich gar nicht mehr richtig unterhält. Es gibt auch keine wirklichen Debatten mehr, sondern man sagt einfach nur, der andere sei im Unrecht, ich habe Recht und deswegen ist der ein Arschloch. Die Engländer gehen damit ganz anders um. Vor allem in ihrer Art und Weise, aber auch mit dem typisch britischen Humor. In einer Zeit wie jetzt hilft ein bisschen Sarkasmus sehr.

In Sachen Corona bekommst du als Künstler gerade die volle Breitseite mit. Vielleicht nicht so viel als Schauspieler, aber als Sänger dafür umso mehr.
Es sind ja nicht nur die Künstler*innen, die betroffen sind, sondern vor allem die ganzen Leute, die dahinterstehen – das ist ein riesiger Rattenschwanz. Till Brönner hat das in seinem Videostatement vor einiger Zeit sehr anschaulich beschrieben. Ich war selbst erstaunt über die Zahlen, die er genannt hat. 130 Milliarden Euro Umsätze sollen in der Veranstaltungsbranche generiert werden, das ist schon verrückt. Es steht die Zukunft für die ganze Unterhaltungsbranche auf dem Spiel. Man merkt, welche Branchen eine Lobby haben und welche nicht.
Natürlich ist es schwierig für Politiker*innen so zu agieren, dass sich 80 Millionen Einwohner alle einigermaßen „abgeholt“ fühlen. Leider ist diese Unzufriedenheit aber gerade auch das Problem, was Leuten wie Attila Hildmann und Konsorten in die Karten spielt. Das macht mir schon ein bisschen Angst.

Es war wahrscheinlich zuerst so geplant, dass du ein neues Album veröffentlichst. Nun sind es zunächst einzelne Songs geworden. Wie kommt das zustande?
Das ist leider auch eine Sache der fortschreitenden Digitalisierung. Ich finde, es ist eine ganz schlimme Trendwende, weil alles immer noch schneller und am besten auch umsonst sein muss. Ich will aber definitiv noch ein Album als Ganzes veröffentlichen und damit eine kohärente Geschichte erzählen.

Dein neuer visueller Stil ist schon ein wenig spezieller und nicht nur irgendwie 08/15. Ist das ganz bewusst gewählt?
Mit „Sankt Maik“ ist das ja alles so ein wenig in eine bestimmte Richtung gegangen. Ich konnte nicht wirklich bestimmen, wie ich da rüberkommen will. Plötzlich war ich „Schwiegermamas Liebling“, doch das war nicht wirklich ich. Nun kann ich die Leute viel näher an mich ranlassen, das geht mit Musik auch viel besser als mit Schauspiel, wo man ja nur eine Rolle verkörpert. Jetzt im Lockdown habe ich mich beispielsweise viel mit dem Thema Bewusstseinserweiterung beschäftigt. Wie wird man z.B. zu einem „freien“ Menschen.
Da fragt man sich auch, ob man wirklich „frei“ ist. Denn oft ist unsere vermeintliche Freiheit ja durch viele andere Einflüsse wie z.B. Schule, Arbeit und Erziehung beeinflusst. Daher auch in gewisser Weise dieser neue Stil. Das Erstaunliche ist ja, dass man sich die meisten Regeln oder Ängste selbst auferlegt. Und das muss man irgendwann anfangen zu durchbrechen. Es klingt jetzt vielleicht etwas esoterisch, aber ich hatte im Sommer einen richtig tollen Pilztrip, wurde dabei mit meinen tiefsten Ängsten konfrontiert und habe festgestellt, dass die Art und Weise, wie ich lebe, für mich die Richtige ist und dass ich damit glücklich bin.

Neue Perspektiven? // © Sven Serkis

Kommen wir noch mal auf die Schauspielerei zu sprechen. Du hast vor Kurzem die finale Staffel von „Sankt Maik“ abgedreht. Ist da schon klar, wann diese ins TV kommt?
Tatsächlich noch nicht konkret. Aber nach derzeitigem Stand wird sie wohl in der ersten Jahreshälfte von 2021 ausgestrahlt. Wir wurden mitten im Dreh von Corona überrascht. Im März wurden die Dreharbeiten plötzlich unterbrochen, da dachten wir noch an eine kurze Pause, am Ende war es dann viel länger. Das muss man sich mal vorstellen: Man beginnt eine Szene im März, wo es kalt ist und beendet wird sie im Sommer bei Hitze. Das ist schon krass.

Aber es gibt ja noch eine andere kleine Rolle, mit der keiner so gerechnet hat. Du spielst in der vierten Staffel von der Netflix-Erfolgsserie „The Crown“ ja eine kleine, aber nicht ganz so unbedeutende Rolle, nämlich die des Rittmeisters James Hewitt. Wie waren denn dort die Dreharbeiten?
Das war wunderschön. Es war zum Ende der vierten Staffel, also Ende der 80er-Jahre, wo Diana James Hewitt kennengelernt hat. Ob diese Rolle in der fünften Staffel noch weitergeht, steht allerdings noch in den Sternen. Aber es ist echt verrückt: Du gehst an ein Set, kommst in den Masken-Trailer rein und dann sitzt du plötzlich zwischen Olivia Coleman und Helena Bonham Carter, die dann ganz nett mit dir plaudern. Olivia Coleman feiere ich vor allem für ihre großartige Darstellung von Queen Anne in „The Favorite“, für die sie den Oscar bekommen hat.

Du selbst wirst allerdings wohl eher mit der Darstellerin der Diana vor der Kamera gestanden haben, oder?
Ja, Emma Corrin ist eine lustige junge Schauspielerin mit Feuer im Arsch. Sie ist so großartig. Menschlich eine Bombe, richtig lieb.

Kommen wir noch kurz auf das Video zu „24“ zu sprechen. Man bekommt sehr schnell den Eindruck, dass du damit vermitteln willst, dass Liebe, Lust und Verlangen durchaus sehr vielfältig sein können. Siehst du das genauso?
Ja, auf jeden Fall, denn das ist ja auch die Grundthematik des Videos bzw. Songs. Es war mir wichtig zu zeigen, dass Sexualität, Lust und Liebe frei von allen Regeln sind. Frei von einem Geschlecht oder einer bestimmten sexuellen Orientierung. Lust ist universell, es ist etwas, was jeder Mensch fühlt. Ich selbst versuche, frei von Konventionen zu leben. Das Video soll zeigen, dass man sich frei fühlen sollte, genau das zu tun, worauf man Bock hat. Wenn Du Bock hast, etwas zu tun, dann mach das einfach und denk nicht darüber nach, was andere davon halten.

Mehr Infos zu Daniel:
www.danieldonskoy.com

Seine Musikerseite auf Spotify:
u.a. mit "Intro", "24" & "Robbed Me"

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