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„Pulverfass“-Chef Heinz-Diego Leers an Neujahr verstorben
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St. Pauli trauert „Pulverfass“-Chef Heinz-Diego Leers an Neujahr verstorben

co - 04.01.2023 - 14:54 Uhr

Heinz-Diego Leers ist verstorben: Am Neujahrsmorgen um 8:45 Uhr blieb laut seiner Tochter Serena Goldenbaum Leers Herz stehen. Schon am Freitag sei er mit starkem Unwohlsein ins Krankenhaus eingeliefert worden. Leers leitete mehr als 47 Jahre lang das Travestie-Theater Pulverfass an der Reeperbahn. Er wurde 78 Jahre alt.

Vergangene Krankheit

„Ich bin sehr lahm geworden und schaffe die Arbeit nicht mehr“, so Leers 2021 gegenüber der Hamburger Morgenpost. Damals hatte er die Pulverfass-Leitung an zwei Stammgäste abgegeben. Grund dafür war wohl auch eine Lungenembolie im Jahr 2014, von der er sich nie wieder richtig erholt hatte.

© Pulverfass

Über Leers

Vor dem Pulverfass war Leers Einzelhandelskaufmann, besaß und leitete gemeinsam mit seiner Frau zwei SPAR-Supermärkte in Bramfeld. Er merkte aber damals auch, dass er sich ausleben und alleine ausgehen musste. Nachdem er In einer LGBTI*-Bar unterwegs war, ging die Ehe auseinander, die Supermärkte wurden verkauft, und Leers übernahm das Pulverfass von seinem Vater. Zuerst wollte er darin eine Schwulendisco eröffnen. Zum Eröffnungsabend lieh ihm der Leiter des Chez Nous in Berlin einige Travestie-Künstler, Leers selbst organisierte dazu zwei tunesische GoGo-Boys. Später wurde er gefragt, warum er nicht weiterhin solche Shows anbiete – denn Schwulenbars gab es damals viele.

Über das Pulverfass

Schnell wurde das Pulverfass zum bekanntesten Travestie-Cabaret Europas. Das hätte Leers sich zu Anfang nie träumen lassen. Er betonte jedoch auch, dass er das natürlich nicht alleine vollbracht habe: „Da haben auch die ganzen Artisten mitgeholfen, die ich auch aus dem Ausland geholt habe. Zum Beispiel aus Brasilien oder Frankreich.“ Anfangs enthielten die Shows noch mehr nackte Haut. Heute gleichen sie eher den Inszenierungen aus Las Vegas. Leers war der Erste in Deutschland, der neben der Show auch Essen anbot – etwas, das in Paris schon lange Gang und Gäbe war.

Viele große Künstler wurden im Pulverfass berühmt: „Mittlerweile kann man sagen, dass aus unserem Haus fast jeder gute Travestie-Künstler kommt. Olivia Jones beispielsweise hat bei uns damals den Travestie-Nachwuchswettbewerb gewonnen“, so Leers 2018 gegenüber SCHWULISSIMO. Das ist etwas, das Leers mit besonderem Stolz erfüllte. Er konnte auch nie verstehen, dass manche dieser Künstler ihre Anfänge später verleugneten: „Ich verstehe nicht, warum sie nicht einfach sagen, dass sie aus dem Pulverfass kommen. Da kann man doch stolz drauf sein.“

Eine Familie mit prominenten Gästen

„Wenn ich ganz ehrlich bin, dann war das alles ein Highlight“, so Leers 2018. „Es bringt so viel Spaß für mich als Chef. Unsere Pulverfass-Clique ist eine große Familie geworden. Ich fühle mich so wohl, weil wir uns alle lieben. Jeder Tag hier ist für mich eine Freude. Was Besonderes ist es eigentlich nur, wenn viel Prominenz kommt. Wie damals James Last. Viele kommen auch heute noch, wie Mary Roos, Andrea Berg oder Udo Lindenberg.“ Leers war zufrieden: Hätte er noch einmal von vorn anfangen können, hätte er alles genauso gemacht. 

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