Direkt zum Inhalt
Bedeutungslose Kirchen?

Bedeutungslose Kirchen?! Jedes fünfte Kirchenmitglied will zeitnah austreten

ms - 15.12.2022 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Die Kirchen in Deutschland verlieren immer mehr an Bedeutung – zu diesem Urteil kommt jetzt der sogenannte Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung. In einer Studie wurden Kirchenmitglieder nach ihrer Einstellung zur Kirche befragt. 25 Prozent denken bereits über einen Austritt nach, jedes fünfte Kirchenmitglied will definitiv austreten. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich mehr als 4.300 Menschen.

Jugend ohne Religion

Besonders dramatisch für die beiden großen Kirchen in Deutschland sieht die Situation unter jungen Menschen aus, mehr als 80 Prozent gaben an, dass sie ohne eine christliche Kirche leben können. Eine verständlich hohe Zahl, bedenkt man, dass sich allein rund 22 Prozent der jungen Menschen der Generation Z als LGBTI* definieren – und gerade hier versagt vor allem die römisch-katholische Kirche immer wieder vollends.

Das peinliche Schauspiel, das die deutschen Bischöfe in diesem Jahr offenbarten, dürfte viele weitere junge Menschen zu einer langfristigen Abkehr bewogen haben. Mehrfach hatten die Bischöfe immer wieder betont und teils auch beschlossen, dass sie die Rechte der Frauen stärken oder auch Segnungen für Homosexuelle einführen wollten. In allen Fällen wurden die deutschen Bischöfe dabei von der Kirche in Rom zurückgepfiffen, eine Änderung der Sexualmoral erreichte selbst unter den reformwilligen Geistlichen in Deutschland erst gar keine benötigte Mehrheit.

Die Kirche bleibt vage gegenüber Homosexuellen

Einzig eine mögliche Verbesserung des kirchlichen Arbeitsrechts wurde in diesem Jahr verabschiedet, wobei es sich um reine Empfehlungen der Bischöfe handelt – wie die einzelnen Bistümer dies umsetzen, liegt in ihrem eigenen Ermessen. Die grundsätzliche Richtlinie sieht vor, dass künftig auch geschiedene oder homosexuelle Personen offiziell im Dienst der Kirche arbeiten dürfen. Allerdings, die nächste Einschränkung, könne dies nur gestattet sein, wenn es die Arbeit der Position in der Kirche nicht gefährde. Vage bleibt die Kirche auch künftig bei möglichen Kündigungsgründen, lapidar ist hier nur die Rede von “kirchenfeindlichem Verhalten“, ein Feld mit vielen Interpretationsmöglichkeiten.

Missbrauchsfälle und kein Ende

Es gibt dabei laut der Bertelsmann Stiftung noch weitere Aspekte, warum immer mehr Menschen in Deutschland mit dem Institut Kirche nichts mehr zu tun haben wollen – ein Punkt sind nach wie vor die massiven Missbrauchsfälle und die bis heute immer wieder erhobenen Anschuldigungen, die Kirche verschleiere die Tatsachen ganz bewusst, eine wirkliche Aufarbeitung finde bis heute nicht statt.

An der Spitze dieser Anschuldigungen steht seit Monaten das Erzbistum in Köln mitsamt seinem Kardinal Rainer Maria Woelki; zuletzt trat der Chef-Ermittler der unabhängigen Kommission zur Aufklärung der hundertfachen Missbrauchsfälle an Minderjährigen zurück. Als Begründung erklärte der Staatsrechtler Stephan Rixen, er habe den Eindruck, dass eine Aufarbeitung von Seiten des Kardinals nicht gewünscht sei – immer wieder habe er sich bei Gesprächen fragen müssen, ob ihm die Wahrheit gesagt wird oder nicht.

Austritte sind an der Tagesordnung

Allein in Köln traten binnen eines Jahres 41.000 Menschen aus der Kirche aus, deutschlandweit sind seit 2021 erstmals mehr als die Hälfe aller Bundesbürger nicht mehr Mitglied in einer der beiden christlichen Kirchen. Prognosen wie auch die jüngste Umfrage jetzt bestätigen, dass sich dieser Trend höchstwahrscheinlich weiter fortsetzen wird. Laut dem Statistischem Bundesamt gehörten im vergangenen Jahr in Deutschland 21,6 Millionen Menschen der katholischen Kirche an, 19,7 Millionen der evangelischen Kirche.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Opfer mit Böller angegriffen

Verdächtige 16 und 18 Jahre alt

Vor zwei Monaten kam es im Hamburger Stadtpark zu einem schwulenfeindlichen Angriff. Zwei Brüder wurden nun als Hauptverdächtige festgenommen.
Bilanz ESC 2025

Mehrwert für die Schweiz

Die Schweiz zieht ein positives Fazit über den ESC 2025 in Basel: Die Kassen klingelten und das Image hat sich deutlich verbessert.
Schwules Paar überfahren

Homophober Angriff in London

Mordprozess in London: Am Weihnachtsabend 2024 raste ein 30-Jähriger in eine Menschenmenge, darunter ein schwules Paar. Ein Mann starb dabei.
Lügen vor Millionenpublikum

Anti-LGBTIQ+-Rhetorik von rechts

In der „Tucker Carlson Show“ mit dem rechten Aktivisten Milo Yiannopoulos entlud sich wieder einmal eine Welle LGBTIQ+-feindlicher Rhetorik.
Lynchversuch an Universität

Student in Uganda angegriffen

Eine Gruppe homophober Studenten versuchte an der größten Universität in Uganda einen Kommilitonen zu ermorden. Jetzt hat der Fall erste Konsequenzen.
Neue Vorwürfe in England

Homophobie unter Polizisten

Erneut steht die britische Polizei in der Kritik: Verschleppte sie die Aufklärung von Raubüberfällen auf Schwule aufgrund von Homophobie?
Italiens neue Zensur

Verbotspläne schreiten voran

"Gott, Vaterland und Familie“: Nur Sexualkunde und LGBTIQ+ soll es an vielen Schulen Italiens bald nicht mehr geben, beschlossen die Parlamentarier.
Jugend unter Druck

Psychische Probleme stark vertreten

Viele queere Jugendliche haben Zukunftsängste, neuerdings auch mit Blick auf die Spaltung der Gesellschaft. Details offenbart eine neue Studie.