Direkt zum Inhalt
Drug-Checking landesweit?

Drug-Checking landesweit? Berliner Pilotprojekt soll in ganz Deutschland Schule machen!

ms - 26.06.2023 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Anfang Juni erst startete mit dreimonatiger Verzögerung und nach einer Planungsphase von rund fünf Jahren das Drug-Checking-Pilotprojekt in Berlin. Künftig können Drogenkonsumenten ihre Substanzen kostenfrei untersuchen lassen, um so gepantschte Mittel und gefährliche Überdosierungen zu vermeiden – auch die Schwulenberatung Berlin bietet diese Möglichkeit inzwischen an, gerade auch mit Blick auf die schwule Party- und Chemsex-Szene.

Ärztevertreter fordern nun, dass das Drug-Checking möglichst bald landesweit angeboten werden sollte. Die Bundesregierung gab dafür jetzt grünes Licht und will entsprechende Gesetze ändern. Der Drogenreferent der Deutschen Aidshilfe, Dirk Schäffer, dazu: „Die Erlaubnis zu Drug-Checking-Modellprojekten ist ein wichtiger Schritt!“  

Hoffnung auf weniger Drogentote in der Zukunft

Es ist der erklärte Wunsch, dass das Berliner Pilotprojekt bald in ganz Deutschland Schule macht – Organisationen wie die Deutsche Aidshilfe unterstützen die Initiative ebenso und erhoffen sich dadurch weniger Drogentote. In den letzten Jahren stiegen die Zahlen immer weiter an auf zuletzt 1.990 Menschen im Jahr 2022, darunter allein 230 Fälle in Berlin.

In anderen Ländern wie beispielsweise Österreich, der Schweiz, Spanien und den Niederlanden können Konsumenten bereits seit einigen Jahren ihre Substanzen bei mobilen oder stationären Teststellen auf Dosierung und Schadstoffe prüfen lassen. In Deutschland scheiterten solche Projekte bisher vor allem an rechtlichen Hürden und einem politischen Unwillen seitens konservativer Parteien.

Mobiles Drug-Checking in den Clubs

Nun soll es endlich weiter vorangehen, fordert unter anderem auch Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, gegenüber der Welt-Zeitung: „Wir als Verband begrüßen, dass Drogen in Berlin im Moment gefahrlos getestet werden können, und würden eine bundesweite Ausweitung befürworten.“ Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin schloss sich der Forderung an, ebenso wie die Deutsche Aidshilfe.

Schäffer von der DAH dazu weiter: „Wir brauchen bundesweit Drug-Checking-Angebote und dafür auch eine bundesweite rechtliche Absicherung. Zusätzlich brauchen wir mobiles Drug-Checking mit unmittelbarer Ergebnismitteilung an den Orten, an denen konsumiert wird, zum Beispiel in Clubs, auf Partys oder Festivals sowie in Drogenkonsumräumen. Dort konsumieren täglich viele hundert Menschen Substanzen vom illegalen Markt mit unbekannten Inhaltsstoffen.“ Im Unterschied zum mobilen Drug-Checking bietet das Berliner Pilotprojekt eine genaue Analyse der Substanzen im Labor an, die Bearbeitungszeit dauert hierbei im Schnitt allerdings drei Tage.

Polizei sieht Ausgangslage kritisch

Einzig die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin äußerte sich kritisch – speziell ist den Beamten ein Dorn im Auge, dass es an den Beratungs- und Teststellen verständlicherweise keine Strafverfolgung gibt und künftig sogar gesetzlich geregelt sein soll, dass Drug-Checking-Nutzer mit geringen Mengen eines Betäubungsmittels künftig von der Strafverfolgung ausgeschlossen werden. Für die Befürworter indes ein wichtiger und wesentlicher Schritt, anderenfalls würde kaum ein Drogenkonsument künftig von dem Testangebot Gebrauch machen wollen.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.