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Einsatz gegen Hassverbrechen?

Einsatz gegen Hassverbrechen? Schottland will gegen vermeintliche Hassaussagen vorgehen – auch in den eigenen vier Wänden

ms - 26.09.2023 - 10:00 Uhr
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Die schottische Polizei hat eine neue Einheit ins Leben gerufen, die sich gezielt gegen verbale Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen einsetzen soll – im November dieses Jahres soll die neue Gruppe ihren Dienst aufnehmen, die Größe der Truppe ist noch nicht bekannt. Hintergrund ist das höchst umstrittene sogenannte Hassverbrechensgesetz, welches Anfang 2024 in Kraft treten wird, ausgearbeitet bereits 2020 vom damaligen Justizminister Humza Yousaf (Partei SNP), der seit diesem Frühjahr Premierminister von Schottland ist. Kernaspekt dabei sind verbale Angriffe auf LGBTI*-Menschen.

Meinungsfreiheit vs. Schutz vor Hate Speech

Das neue Gesetz konsolidiert das bestehende Recht und erweitert den Schutz für gefährdete Gruppen wie die LGBTI*-Community vor verbalen Hassverbrechen. Neu hinzu kommt dabei der Straftatbestand der „Aufstachelung zum Hass“. Kurz gesagt, können künftig bereits Aussagen und Worte als strafrechtlich relevant eingestuft werden, die bisher zumeist unter die Meinungsfreiheit fielen – das betrifft auch Aussagen, die in den eigenen vier Wänden gesagt werden. Im Kern soll das neue Gesetz dabei vor allem Trans-Menschen schützen, beispielsweise, wenn diese misgendert werden, wie der Scotish Daily Express (SDC) berichtet.

Polizei kann andere Verbrechen nicht mehr bearbeiten

Kritiker befürchten, dass die Polizei unverhältnismäßig viel Zeit für die Verfolgung von „Kulturkriegen zwischen den Geschlechtern“ aufwenden wird, wobei der Schwerpunkt auf der „Verfolgung verletzender Worte, aber nicht gewalttätigen Verhaltens“ künftig liegen würde.

Die grundsätzliche Gefahr bestätigte auch bereits die schottische Polizei selbst, die bereits durchgesetzt hatte, dass das Gesetz erst 2024 in Kraft tritt – geplant war es bereits für 2021. Der schottischen Polizei fehlen indes sowohl für die weiteren Ermittlungen wie aber auch für Schulungen der rund 16.400 Polizeibeamten schlicht die Zeit und das Personal. Die massive Mobilisierung in diesem Bereich erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Zahl der Meldungen über Hassverbrechen in Schottland zurückgeht (Minus von 10 Prozent) und die Polizei erklärte, dass ihre Ressourcen so stark beansprucht sind, dass sie damit künftig nicht mehr in der Lage sein wird, einige Verbrechen wie Hauseinbrüche überhaupt noch zu untersuchen.

Beschneidung von den Rechten anderer Menschen?

Zudem wird befürchtet, dass das neue Gesetz die freie Meinungsäußerung massiv einschränken werde. Helen Joyce, Direktorin der Menschenrechtsgruppe Sex Matters, dazu: „Die Einrichtung einer neuen, speziellen Einheit für Hassverbrechen bei der schottischen Polizei sendet eine unheilvolle Botschaft an alle, die sich für die Rechte von Frauen und Kindern einsetzen. Die Menschen müssen in der Lage sein, die Wahrheit über Sex zu sagen, um für ihre eigenen Rechte einzutreten und um Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Werden beispielsweise Lehrer, die sagen, dass Jungen, die sich als Mädchen identifizieren, nicht in die Mädchenumkleideräume gehen können, von dieser neuen Polizeieinheit verfolgt werden? Wenn 'Misgendering' als Hassverbrechen gilt, dann riskieren Menschen, die einfach nur die Wahrheit sagen, eine Vorstrafe, und es ist beängstigend zu denken, dass eine spezielle Polizeieinheit nun Menschen verfolgen wird, die im besten Interesse von Frauen und Kindern handeln.“ Mehrere andere Menschenrechtsorganisationen schlossen sich diesen Aussagen inhaltlich inzwischen an.

Gefahr eines Ungleichgewichts bei der Strafverfolgung?

Massive Kritik kommt auch von der schottischen Opposition wie dem Schattenjustizminister der Konservativen, Russell Findlay: „Schottlands unter Druck stehenden Polizeibeamten fehlt es aufgrund der Haushaltskürzungen der SNP an grundlegender Ausrüstung, so dass es ein Fehler ist, jetzt zu verlangen, dass sie diese fehlerhafte SNP-Gesetzgebung durchsetzen. Humza Yousafs gefährliches Hassverbrechensgesetz untergräbt die Meinungsfreiheit und wurde bereits aufgrund von Schwierigkeiten bei der Polizei verzögert. Die schottischen Konservativen würden dieses Gesetz ganz abschaffen und stattdessen mehr Polizeibeamte für die Sicherheit unserer Gemeinden freisetzen.“

Und der ehemalige schottische Justizminister Kenny MacAskill sagte: „Die schottische Polizei läuft Gefahr, den Ball aus den Augen zu verlieren. Alle neuen Rechtsvorschriften erfordern eine Schulung der Beamten. Aber die Einrichtung einer Einheit, die Teil der täglichen Arbeit sein sollte, bringt die Dinge aus dem Gleichgewicht. Die wichtigsten Hassverbrechen waren und sind Frauenfeindlichkeit und häusliche Gewalt (…) Die Gefahr besteht darin, dass sich der Fokus auf diejenigen verlagert, die am lautesten Maßnahmen fordern, auch wenn Statistiken und alle Beweise zeigen, dass die Zahl sehr gering ist. Niemand bestreitet, dass Hassdelikte gegen Transgender strafrechtlich verfolgt werden sollten, aber es besteht eindeutig die Gefahr, dass eine Einheit wie diese auf jene Sirenenstimmen reagiert, die versuchen, es unter jedem Stein zu finden oder es in jedem Social-Media-Post zu sehen.“

Premierminister Yousaf indes selbst scheint strikt an seinem Kurs festzuhalten – derzeit geht er auch gerichtlich gegen das Veto aus England vor, dass das ebenso umstrittene Selbstbestimmungsgesetz im letzten Schritt gestoppt hatte. Die Mehrheit der Schotten lehnt das Gesetzvorhaben in dieser Form ab.

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