Direkt zum Inhalt
Gewaltanstieg in Berlin

Gewaltanstieg in Berlin Zumeist sind Schwule Opfer von Angriffen in der Hauptstadt

ms - 11.05.2023 - 12:00 Uhr
Loading audio player...

Ähnlich wie die jüngsten Zahlen des Bundesinnenministeriums für ganz Deutschland belegt nun auch die Berliner Beratungsstelle Maneo ebenso einen erneuten Anstieg von Gewalttaten gegenüber LGBTI*-Menschen in der Hauptstadt. Hauptsächlich davon betroffen sind schwule und bisexuelle Männer. Insgesamt verzeichnete Maneo im vergangenen Jahr 760 Fälle, wobei die tatsächlichen Zahlen deutlich höher liegen dürften: „Nach wie vor schätzen wir das Dunkelfeld nicht angezeigter Delikte gegen LSBTIQ+ in Berlin sehr hoch ein. Wir gehen von einem Anteil von 80-90% aus“, so Maneo weiter. Knapp die Hälfte (48%) der festgehaltenen Angriffe wurden der Polizei so auch erst gar nicht gemeldet.

Gewalterfahrungen bei Schwulen bleiben Schwerpunkt

Wie in den vergangenen Jahren auch, geschah der Großteil der Vorfälle in der Öffentlichkeit, beispielsweise im Nahverkehr oder auf der Straße. Dabei handelte es sich zumeist um Beleidigungen, Körperverletzungen und Bedrohungen sowie Nötigung. Insgesamt führte Maneo im Jahr 2022 auch  2.074 Beratungsgespräche durch, der Großteil davon (2.014) mit schwulen oder bisexuellen Männern. Auch hier verzeichnet der Beratungsverein seit über zehn Jahren einen stetigen Anstieg.

Zwei Kernthemen traten dabei 2022 besonders heraus: Sexuelle Gewalterfahrungen an Schwulen und männlichen Bisexuellen, beispielsweise im Rahmen von häuslicher Gewalt, sexuellen Beziehungen (One-Night-Stands, Blind Dates, Sexwork), in Abhängigkeitsverhältnissen, im Rahmen von Arzt-Patienten-
Beziehungen oder auch in Form von Übergriffen in Verbindung mit Diebstahlsdelikten. Der andere Schwerpunkt waren angedrohte Zwangsheiraten und Gewalt im Namen der Familienehre.

Homophobie bleibt tiefverankertes Problem

Maneo hält dabei im aktuellen Bericht weiter fest, dass der Verein die Homophobie und homophob motivierte Gewalttaten nach wie vor für „ein tiefverankertes gesellschaftliches Problem“ hält, das als eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung angenommen werden muss. Auffällig sei dabei auch, dass im Jahr 2022 besonders viele Angriffe auf Bars, Cafés und Einrichtungen zu verzeichnen gewesen waren, die die Regenbogenfahne als Zugehörigkeit zur Community gezeigt hatten. 

Kritik am Verhalten der Berliner Behörden

Kritik übt der Verein zudem abermals an der Entscheidung seitens der Stadt Berlin, seit 2021 keine anonymisierten Eckinformationen mehr zu Fällen LGBTI*-bezogener Hassgewalt von der Berliner Polizei zu erhalten. Hintergrund ist eine Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft, die eine Weitergabe anonymisierter Eckinformationen aus Datenschutzgründen untersagt. „Damit endete ein 25 Jahre lang funktionierendes Austauschformat, mit dem wir zu statistischen Zwecken wenige anonymisierte Informationen von der Berliner Polizei erhalten hatten, dies zum Zwecke der Erstellung eines Lagebildes, mit dem wir Zahlen aus dem Hellfeld (angezeigte Fälle) mit Zahlen aus dem Dunkelfeld (Fälle, die uns gemeldet, aber nicht angezeigt wurden) erstellen konnten, um Aufklärungs- und Gewaltpräventionsarbeit zu verbessern“, so Maneo.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.