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Sexkaufverbot

Sexkaufverbot Frauen-Union will Freier künftig kriminalisieren

ms - 18.09.2023 - 14:00 Uhr
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Beim Bundesdelegiertentag der Frauen-Union wurde gestern ein Schwerpunkt auf das Thema „Frauen in der Prostitution – entwürdigt und zur Ware degradiert“ gelegt. Einmal mehr sprachen sich Unions-Vertreterinnen für ein Sexkaufverbot aus, das die Kunden unter Strafe stellt (das sogenannte Schwedisches oder Nordisches Modell). Bereits in der vergangenen Woche flammten die Diskussionen darüber erneut auf.

Einfache Lösungen sind nicht zielführend

Bereits mehrfach hatten sich auch LGBTI*-Verbände gegen ein solches Sexkaufverbot ausgesprochen; Johanna Weber, politische Sprecherin des Berufsverbandes für erotische und sexuelle Dienstleistungen, erklärte zum jüngsten Beschluss der Frauen-Union: „Wir als Berufsverband für Sexarbeitende halten das Sexkaufverbot für nicht zielführend. Wir sehen darin einen Wunsch nach einer einfachen Lösung für ein hochkomplexes Themenfeld. Eine notwendige Auseinandersetzung mit den wirklichen Problemen findet nicht statt. Zur Begründung für den Erfolg des Sexkaufverbotes gibt es keine wissenschaftlichen Studien.“

Besonders negative Folgen hätte laut dem Verband ein solches Sexkaufverbot auch und gerade für LGBTI*-Sexarbeiter. In Deutschland gibt es aktuell rund 20.000 schwule Sexworker, auch wenn nur zehn Prozent hauptberuflich der Tätigkeit nachgehen.

Sexkaufverbot führt zu mehr Gewalt und STI

Inzwischen schließen sich auch mehrere weitere Verbände den Aussagen an und erklärten, dass gerade auch internationale Studien und Erfahrungen in Ländern wie Schweden und Frankreich gezeigt haben, dass jede Form der Kriminalisierung von Prostitution die Sexarbeiter nicht schützt, sondern nur das Risiko erhöht, dass sie Opfer von Gewalt oder anderen Straftaten werden.

Dem Statement schließt sich inhaltlich jetzt auch das Deutsche Institut für Menschenwürde an: „Dieses sehr sichtbare und daher gut kontrollierbare Segment der Straßenprostitution wird weniger. Ob auch das gesamte Ausmaß von Prostitution durch ein Verbot abnimmt oder ob lediglich eine Verdrängung in andere, weniger sichtbare Bereiche der Prostitution stattfindet, ist umstritten. Aus menschenrechtlicher Perspektive entscheidender ist, dass diese Forschung deutlich unerwünschte Folgen einer Verbotslösung zeigt, nämlich ein erhöhtes Risiko sexuell übertragbarer Erkrankungen sowie von Gewalterfahrungen. Menschenhandel nimmt dadurch nicht ab.“

Kein Einfluss auf Menschenhandel

Ähnlich sieht das jetzt auch die Diakonie Deutschland oder auch die Deutsche STI Gesellschaft: „In Nordirland wurden Daten von der Queen’s University Belfast vor und nach der Einführung eines Sexkaufverbots erhoben und erlauben somit einen Vergleich. Nach Einführung des sogenannten Sexkaufverbots waren weder eine Reduktion der Nachfrage noch der Anzahl von Sexarbeitenden zu beobachten; auch ein Einfluss auf die Zahlen von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung war nicht feststellbar.“

Und Amnesty International stellt im Gegenzug sogar die Vorzüge heraus, wenn es kein Sexkaufverbot gibt: „Wenn nicht nur ihre Tätigkeit, sondern auch ihr Arbeitsumfeld entkriminalisiert ist, gibt das den oft marginalisierten und abhängigen Menschen im Sexgewerbe mehr Möglichkeiten, unabhängig zu arbeiten, sich zu organisieren und sich selber für ihre Rechte zu wehren.“

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