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Lesbische Anwältin hatte gegen queere Denkverbote geklagt

Zweigeschlechtlichkeit: nicht transphob Lesbische Anwältin hatte gegen queere Denkverbote geklagt

ms - 28.07.2022 - 11:00 Uhr
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Die lesbische britische Rechtsanwältin Allison Bailey hat ihren Prozess gegen ihren Arbeitgeber, die Anwaltskanzlei Garden Court Chambers (GCC) in London, gewonnen – der Fall klingt zunächst unspektakulär, die Auswirkungen des Urteils dürften aber weitreichende Folgen haben, weswegen die Times das Thema heute auf die Titelseite holte. Bailey klagte gegen ihren Arbeitgeber und gegen die derzeit massiv auch anderweitig in der Kritik stehenden LGBTI*-Organisation Stonewall. Die Anwaltskanzlei GCC hatte Stonewall zuvor bezahlt, um bei der Schaffung von integrativen Arbeitsplätzen zu beraten. Nachdem die lesbische Anwältin diesen Schritt kritisierte, weil Stonewall immer mehr zum “Trans-Extremismus“ neige anstatt sich für die ganze LGBTI*-Community einzusetzen, wurde die Juristin daraufhin von ihrem Arbeitgeber eingeschüchtert, bedroht und innerhalb der Kanzlei aufs Abstellgleis gestellt.

Die britischen Richter am Arbeitsgericht, dem Central London Employment Tribunal, erklärten nun, dass dieses Verhalten diskriminierend ist – die Anwaltskanzlei muss der lesbischen Juristin umgerechnet rund 26.000 Euro Entschädigung bezahlen. Die Klage gegen Stonewall selbst wies das Gericht zwar indes zurück, erklärte aber eindringlich, dass die Aussagen von  Bailey nicht transphob seien – auch nicht jene, in denen die 30jährige Anwältin erklärt hatte, dass es nur zwei Geschlechter gibt und sich das biologische Geschlecht nicht ändern lässt. Das Gericht schützt dabei ausdrücklich diese Meinungsäußerung. Bailey dazu: „Dabei stellte das Gericht auch fest, dass meine geschützte geschlechtskritische Überzeugung auch die Überzeugung einschließt, dass die Theorie der Geschlechtsidentität, wie sie von Stonewall propagiert wird, für Frauen und Lesben sehr nachteilig ist. Organisationen, die die Stonewall-Richtlinien über das Gleichstellungsgesetz stellen oder versuchen, andere davon abzuhalten, ihre Kritik an Stonewall rechtmäßig zu äußern, handeln möglicherweise rechtswidrig und werden die Konsequenzen tragen, auch wenn Stonewall dies nicht tut. Ich habe meinen Prozess gegen Stonewall verloren, aber es ist mir gelungen, das Verhalten von Stonewall und den enormen und meiner Meinung nach bösartigen Einfluss, den es am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft im Allgemeinen ausübt, aufzudecken.“

Immer mehr Organisationen, Firmen, Medien (BBC, Channel4) und Vereine gehen inzwischen auf Abstand zu der LGBTI*-Organisation (SCHWULISSIMO berichtete) – auch die meisten Ministerien der britischen Regierung beendeten ihre Zusammenarbeit sowie die finanzielle Unterstützung von Stonewall. Die Begründung lautet dabei stets, dass die LGBTI*-Organisation sich immer mehr radikalisiere und nicht mehr für die Meinungsvielfalt innerhalb wie außerhalb der LGBTI*-Community eintrete. Die Kritik konkret: Stonewall nötige Firmen und Organisationen dazu, ohne kritische Einwände alle politischen Ansichten zur trans-Community teilen zu müssen. Anderenfalls erfolge öffentliche Schmähung und Herabsetzung. Stonewall ist die bekannteste und größte LGBTI*-Organisation im Vereinigten Königreich und wurde 1989 gegründet. Stonewall selbst bestreitet die Vorwürfe und erklärte zum jüngsten Urteil vor Gericht: "Der Fall, der vor dem Arbeitsgericht verhandelt wurde, spiegelt unsere Absichten und unseren Einfluss auf Organisationen nicht korrekt wider." Damit Anwältin Bailey den juristischen Rechtsstreit finanzieren konnte, hatten zuvor über 9.000 einzelne Personen insgesamt umgerechnet rund 600.000 Euro gespendet.

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