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Robino Rich // © Lisa Lark Photography

Robino Rich Der freie Redner, Hochzeitsplaner und Podcaster

km - 05.08.2021 - 09:00 Uhr

„Es ist eine absolute Dreistigkeit, andere Menschen aufgrund ihrer Partnerwahl zu diskriminieren!“

Der freie Redner, Hochzeitsplaner und Podcaster Robino Rich lebt seit 2018 mit seinem Mops Rocco und seinem Freund Moritz in der Schweiz. Dort hat er die Liebe zur freien Trauung entdeckt und verheirat seit 2019 Paare in einer persönlichen, einzigartigen und wunderschönen Zeremonie. Wenn er gerade nicht arbeitet, liebt es der 27-Jährige die Alpen und ihre schroffen Klippen und tosenden Wasserfälle zu entdecken. Außerdem betreibt er seinen eigenen Podcast „Bridezilla“, dort spricht er mit Gästen rund um das Thema Hochzeit. Mit SCHWULISSIMO hat er über die Ehe für alle in der Schweiz gesprochen, den Beruf des Trauredners sowie Corona und Hochzeiten.

Wenn du selbst heiratest, kannst du deinen Job dann vergessen und dies jemand anderem blind überlassen?
Das frage ich mich jedes Mal, wenn ich an meine eigene Hochzeit denke. Für meine Paare möchte ich natürlich eine unvergessliche Zeremonie gestalten und setze mir dabei sehr hohe Maßstäbe. Das muss ich aber auch, immerhin soll es der schönste Tag im Leben der Paare werden. Mir persönlich ist es daher enorm wichtig, dass unser/e Trauredner*in ein gleiches Ziel vor Augen hat und mindestens gleich viel Herzblut in die Arbeit investiert. Zum Glück lerne ich aber immer wieder tolle Kolleg*innen und ihre Arbeit kennen und weiß bereits jetzt, wem ich meine Hochzeit möglicherweise anvertrauen könnte.

Wie sieht dein Job genau aus?
Als freier Trauredner darf ich für meine Paare den schönsten Moment der ganzen Hochzeit gestalten und ihn hautnah miterleben: die Trauung. Normalerweise bekomme ich von den meisten Paaren ungefähr ein Jahr im Voraus eine Anfrage, woraus sich dann ein Kennenlerngespräch entwickelt. Dabei sprechen wir über die Wünsche und Vorstellungen der Beiden und schauen, ob es zwischenmenschlich passt. Das ist in meinen Augen übrigens auch mit der wichtigste Punkt, wenn man sich für oder gegen einen Redner oder eine Rednerin entscheidet. Die Sympathie muss einfach stimmen! Danach folgen mindestens zwei Traugespräche, bei denen ich das Paar und ihre ganz persönliche Liebesgeschichte kennenlernen darf. Außenstehende sagen mir immer: „Wie kannst Du nur mit dieser Flut an Informationen klarkommen? Das wäre mir viel zu viel Input auf einmal!“. Da haben sie recht. Während den Gesprächen bekomme ich sehr viele Informationen und Details genannt, aus denen ich im Anschluss eine individuelle und persönliche Rede schreibe. Jede Rede ist ein Unikat und kann nur geschrieben werden, wenn ich genügend Informationen über das Pärchen sammeln konnte. Das ist sicher nicht für jeden einfach, aber ich liebe es und gehe vollkommen darin auf.

Dann folgt natürlich der Hochzeitstag selbst und der Moment der freien Trauung. Vor der Zeremonie schaut noch immer das Lampenfieber vorbei und verschwindet aber zum Glück so schnell, wie es gekommen ist. Während der Zeremonie ist es für mich das größte Geschenk, wenn ich sehe, wie das Hochzeitspaar und ihre Gäste emotional werden. Dann habe ich das geschafft, was ich an diesem Beruf so unfassbar liebe: Ich konnte sie mit meinen Worten rühren und auch zum Lachen bringen. Ich konnte einen unvergesslichen Moment erschaffen.

Neben den freien Trauungen plane ich aber auch noch einige Hochzeiten. Das würde jetzt aber den Rahmen des Interviews sprengen. (lacht)

Warum ist dir das Thema Ehe für alle besonders wichtig?
Natürlich bin ich selbst davon betroffen. In naher Zukunft möchte auch ich die Möglichkeit haben, die Liebe zu meinem Freund zu feiern. Ich liebe Hochzeiten und deren Bedeutung viel zu sehr, als nicht auch heiraten zu wollen. Gleichzeitig ist es für mich aber eine absolute Dreistigkeit andere Menschen aufgrund ihrer Partnerwahl zu diskriminieren! Wenn ich die Gegenseite und ihre Argumente höre, komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Wieso interessiert es andere Menschen, wen ich liebe?! Niemand hat das Recht, darüber zu urteilen oder jemand anderes auszugrenzen.

Gleichzeitig ist es für mich sehr wichtig, in schwierigen Situationen die Verantwortung für meinen Partner übernehmen zu können. Angenommen, er würde im Koma liegen und es müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden, dann kann ich das nur als Ehemann. Alternativ würden diese Entscheidungen seine leibliche Familie treffen. Verdammt, warum sprechen wir da eigentlich noch drüber? Ehe für alle – sofort! Weil es richtig, weil es wichtig ist und nicht anders sein darf! ALLE müssen die gleichen Rechte haben!
 

Robino Rich // © Fabienne Hartmann Fotografie

Wie hast du dich in der Vergangenheit für diese Thematik eingesetzt?
Nach meinem Outing hatte ich eine Facebook-Kampagne gegen Homophobie ins Leben gerufen. Mit „Stop!Homophobie“ habe ich in meiner Heimatstadt Freiburg eine Plakatkampagne auf den Weg gebracht und Schüler-Aktionen gestartet. Ich erzählte mit 19 meine Geschichte in Freiburger Schulen und zeigte den Film „Prayers for Bobby“ im Kino. Mit der Auswanderung in die Schweiz begann die Arbeit von vorne.

Wie ist die Lage in der Schweiz?
Leider dürfen gleichgeschlechtliche Paare noch nicht heiraten. Eigentlich wäre dieses Jahr für alle die Ehe geöffnet worden… Sämtliche Instanzen hatten für die Ehe für alle gestimmt… Leider haben sich einige wenige Menschen zusammengetan und insgesamt 61.027 Unterschriften gegen die Öffnung gesammelt. Diese Möglichkeit hat man in der Schweiz immer, bevor etwas Neues offiziell umgesetzt wird. 50k Stimmen reichen dafür schon aus. Jetzt muss die Bevölkerung in einem Volksentscheid am 26. September 2021 über die Ehe für alle abstimmen und beendet hoffentlich diese Diskriminierung!

Was hat die politische Lage für eine Auswirkung auf deinen Beruf?
Mich erreichen monatlich viele Anfragen von homosexuellen Paaren, die gerne heiraten würden. Sie sind enttäuscht und erzählen mir von ihren Erfahrungen und ihrer Gefühlslage. Ihnen geht es wie mir: sie können diese Ungerechtigkeit nicht verstehen und möchten doch einfach nur ihre Liebe feiern. Da sie aber ihre standesamtliche Hochzeit mit einer freien Trauung krönen möchten, können diese Anfragen aktuell leider noch nicht umgesetzt werden. Sie fragen viel mehr für den Fall der Fälle am 26. September an und sammeln ihre Wunschdienstleister. Teilweise werden sie von Kollegen abgewiesen, weil diese keine queeren Paare begleiten möchten. Dafür fehlt mir logischerweise jegliches Verständnis.

Ein weiteres Thema, was man nicht gerne thematisiert, aber auch kaum verschwiegen werden kann: Corona! Wie haben sich Hochzeiten entwickelt in den letzten 16 Monaten?
Die Pandemie und die Hochzeitswelt… Ein sehr komplexes Thema. Viele meiner Paare mussten ihre Hochzeit mindestens einmal verschieben oder haben ihre Pläne vorübergehend auf Eis gelegt. Gleichzeitig bekamen wir Dienstleister kaum neue Anfragen. Es war also für uns alle nicht einfach, aber immer mehr entscheiden sich wieder dazu, ihre Planung erneut aufzunehmen. Ein großartiger Trend, der sich in den letzten Jahren bereits abgezeichnet hat, ist durch die Pandemie aber endlich auch in der Schweiz angekommen. Bei sogenannten Elopement Hochzeiten bricht das Hochzeitspaar mit klassischen Mustern und heiratet (oft alleine) an außergewöhnlichen und spektakulären Plätzen. Vor einem tosenden Wasserfall, auf einer Klippe oder einem Bergrücken… Man schnappt sich einen coolen Trauredner, einen Fotografen und feiert seine Liebe. Das sind besonders tolle Trauungen.

Ich bin mir sicher, dass dieser Trend bleiben wird und freie Trauungen wieder entspannter geplant werden können!

Was macht für dich eine gute Traurede und eine gute Hochzeit aus?
Ganz klar: wenn sich das Hochzeitspaar zu 100% fallen lassen konnte und mich ihre Gäste fragen, wie lange ich mit den Beiden schon befreundet bin, habe ich mein Ziel erreicht. Ich möchte Erinnerungen schaffen, die für immer bleiben. Erinnerungen, die so überwältigend sind, dass sie unbeschreiblich sind. Eine gute Traurede schafft genau das und langweilt niemanden der Anwesenden. Es gibt Paare, die sich durch Instagram und Pinterest Bilder stark verunsichern lassen und meinen, dass sie genau das haben müssen, das man auf diesen Bildern sieht. Dem ist aber nicht so! Eine Hochzeit ist dann perfekt, wenn sich das Paar wohlfühlt und ihre Hochzeit so umsetzen konnte, wie sie es wollten! Auch wenn das bedeutet, dass der unbeliebte Onkel zuhause bleiben musste. (lacht)

Instagram ist ein gutes Stichwort. Dort betonst du in einem Post wie wichtig die Stimme eines Redners ist. Hat man ohne schöne Stimme keine Chance in diesem Beruf?
Ich glaube die wenigsten Menschen haben keine schöne Stimme (lacht). Mit ist es aber wichtig, dass sich die Hochzeitspaare wohlfühlen. Das fängt bei der Sympathie an und hört eben bei der Stimme auf. Schlussendlich ist die Trauung DER MOMENT ihrer Hochzeit und da sollte wirklich alles passen (lächelt).  Als Trauredner*in muss man natürlich gerne vor anderen Menschen sprechen, das nötige Einfühlungsvermögen und den so wichtigen Humor mitbringen. Die ein oder andere Stimmübung schadet aber auch nicht. Dafür entgleist mein Gesicht bei jeder Fahrt zur Trauung. Das sieht nie wirklich sexy aus, lockert aber die Lippen und die Stimmbänder (lacht).

Und wenn wir schön über die Stimme sprechen – du hast auch einen Podcast (Bridezilla). Wie kam es dazu und worum geht es?
Bridezilla ist aus dem Lockdown entstanden. Genaugenommen bin ich ein Mensch, der gerne viel redet und mein Freund musste während der Isolation etwas darunter „leiden“. Und wo spricht man heutzutage viel? Richtig, in Podcasts! Gleichzeitig kann ich so nicht nur tolle, neue Kollegen kennenlernen, sondern Hochzeitspaaren wertvolle Tipps und Tricks für die eigene Hochzeitsplanung auf den Weg geben. Ich spreche aber auch gerne mit Paaren, die von ihren Erlebnissen erzählen möchten.

Mehr über Robino Rich findet ihr auch über seiner Homepage:  www.freier-trauredner.ch

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