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Solidarität am Welt Aids Tag // © AaronAmat

HIV & AIDS Eine Zeitreise über 40 Jahre…

id - 01.12.2021 - 07:00 Uhr

Alljährlich am 01. Dezember wird weltweit der Welt-Aids-Tag veranstaltet. Dabei soll Solidarität mit Betroffenen gezeigt werden, zum anderen aber auch derer gedacht werden, die den Kampf gegen den HI-Virus nicht überlebt haben. Doch wie nahm dieses alles überhaupt seinen Anfang? SCHWUISSIMO begibt sich auf eine Zeitreise durch die Geschichte dieser Krankheit.

Der Anfang…

Im Juni des Jahres 1981 gab es erste Berichte über eine unerklärliche Reihe von Pilzinfektionen in Verbindung mit Lungenentzündungen. Der Wissenschaftler Michael Gottlieb von der Universität in Los Angeles (University of California Los Angeles) beschrieb in einem Bericht die die „Disease Control Convention“ über diese ungewöhnliche Konstellation dieser beiden Krankheiten in Kombination. Das erstaunliche daran war, dass es sich bei den fünf Betroffenen scheinbar um ansonsten völlig gesunde junge Männer im Raum Los Angeles handelte. Man ging von einem Zusammenbruch ihres Immunsystems aus.

Im Juli des gleichen Jahres erschien in der New York Times ein Artikel über eine Reihe ähnlich gelagerter Krankheitsfälle. Hier wurde zuerst auch davon berichtet, dass es sich bei den betroffenen Männern um schwule Männer mit regem Sexualverhalten und oftmals auch wechselnden Partnern handelte. Allerdings kam hier noch eine weitere Erkrankung hinzu, nämlich eine sonst recht seltene Krebsart, welche Kaposi-Sarkomen ausbildete. Im November 1981 gibt man der Krankheit zunächst den Namen „Gay Related Immuno Deficieny“ (kurz GRID), also grob übersetzt mit „Schwulenbedingte Immunschwäche“. Allerdings stellt man damit zunächst unbewusst die Weichen für Ausgrenzung und Diskriminierung von schwulen Männern. Schon bald wird auch erstmals von der „Schwulen-Seuche“ – vor allem in radikalen Kirchenkreisen – gesprochen.

Im darauffolgenden Jahr erschien in dem Schwulenmagazin „Sentinel“ eine Artikelserie, in der unter anderem ein gewisser Bobby Campell über seine Situation und seine Erfahrungen als HIV-positiver Mann berichtete. Er ist damit wahrscheinlich die erste Person, welche öffentlich über diese Erkrankung berichtete und ihr somit auch ein erstes Gesicht gab. In Europa und Afrika tauchen ebenfalls erste Fälle auf. In den USA sind bis zum März offiziell 285 Fälle registriert. Im Juni wird der neue Name AIDS (Acquired Immuno Deficiency Syndrom) eingeführt, da es auch erste Fälle bei Frauen und auch heterosexuellen Drogenbenutzern aufgetaucht waren. Damit war GRID als Bezeichnung hinfällig geworden. Der erste Patient mit AIDS in Deutschland wurde wahrscheinlich im September 1982 im Uniklinikum Frankfurt diagnostiziert.

HIV & AIDS // © porcorex

1983: Der französische Virologe Luc Montagnier und sein amerikanischer Kollege Robert Charles Gallo entdecken das HI-Virus. Die Deutsche AIDS-Hilfe (kurz: DAH) wird als Dachverband lokaler AIDS-Hilfegruppen gegründet. Im Mai veröffentlicht der New Yorker Arzt Joseph Sonnabend mit zwei seiner Patienten eine der ersten umfassenderen Aufklärungsschriften „How to Have Sex in an Epidemic“. Sie propagieren darin als eine der ersten „Safer Sex“- ganz entgegen der bis dahin herrschende ärztliche Meinungen. „Der Spiegel“ veröffentlicht im Juni unter dem Titel „Tödliche Seuche AIDS - Die rätselhafte Krankheit“ über AIDS. Erstmals wird damit die breite Öffentlichkeit über die Infektionskrankheit informiert.

Im Jahre 1984 stirbt der Philosoph Michel Foucault an den Folgen von AIDS. Er ist damit wahrscheinlich der erste „Prominente“. Zudem verstirbt Ende März Gaetan Dugas, der sogenannte „Patient Null“. Auf der Christopher Street Day Parade in San Francisco wird erstmals den Menschen mit AIDS gedacht. Ebenfalls in diesem Jahr wird der erste Antikörpertest im Bezug auf HIV vorgestellt.

In der DDR entsteht im Jahr 1987 der Zentrale AIDS-Arbeitskreis, der vor allem Wissen und Information zur Verfügung stellt. In Köln wird die „Deutsche AIDS-Stiftung Positiv Leben“ gegründet. Im Sommer des Jahres macht weltweit eine weitere prominente Person Schlagzeilen und damit auf das Thema aufmerksam. Es ist keine Geringere als Prinzessin Diana, welche bei einem Besuch eines Krankenhauses mit einer auf HIV spezialisierten AIDS-Patienten die Hand gibt, ohne Handschuhe zu tragen.

Im Jahr 1988 wird durch die Vereinten Nationen der 01. Dezember als Welt-Aids-Tag festgelegt. 

 

Auch heute noch oft als Stigma angesehen // © Handemandaci

Die Neunziger Jahre

Der frühere US-Präsident Ronald Reagan entschuldigt sich öffentlich dafür, dass während seiner Amtszeit die AIDS - Krise nicht ernst genug genommen wurde. Gestützt auf die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelt die Deutsche Aids Hilfe (DAH) das Konzept der „strukturellen Prävention“. Die AIDS Hilfe DDR e.V. wird gegründet, löst sich allerdings mit der Wiedervereinigung wieder auf bzw. geht in andere Strukturen über.

Am 24. November 1991 verstirbt der Sänger der Gruppe Queen, nämlich Freddie Mercury, an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung, welche er lange geheim gehalten hatte. Nicht nur die Musikwelt war schockiert. Im Folgejahr sorgt das „Freddie Mercury Tribute Concert for Aids Awareness“ nicht nur für weltweite Aufmerksamkeit auf die Krankheit, sondern rückt erstmals auch die sogenannte „Rote Schleife“ in das Bewusstsein der Menschen. Vor allem in den 90er-Jahren ist sie auch auf großen Events wie beispielsweise der Oscarverleihung, den Grammys oder den MTV Video Music Awards ein „Must Have“.

Die Vereinten Nationen gründen 1996 die Organisation UNAIDS. In Deutschland schließen sich die Nationale AIDS-Stiftung und die Deutsche AIDS-Stiftung zur Deutschen AIDS-Stiftung zusammen. Zudem wird auf dem Welt-AIDS-Kongress in Vancouver der medizinische Durchbruch in Form von hochwirksamen antiretroviralen Kombinationstherapien gefeiert.

Zunehmend machen auch Stars auf die Krankheit aufmerksam. Madonna ist beispielsweise mit eine der ersten großen Superstars, der das Thema ein Anliegen ist. Sie hatte 1989 ihrem Album „Like A Prayer“ ein Informationsblatt zum Thema HIV & AIDS beigelegt. Auch Stars wie Elisabeth Taylor, Sharon Stone, Elton John und die bereits erwähnte Prinzessin Diana greifen die Thematik immer wieder auf.

Act Up - Szenenbild aus 120BPM // © Edition Salzgeber

Das neue Jahrhundert

Mitte des ersten Jahrzehnts stiegen die Zahlen der Neuinfektionen vor allem in Osteuropa und Asien rasant an. Dieses hatte auch Folgen für die Prävention und Bekämpfung von HIV & AIDS in Deutschland und ganz Europa. So beschließt beispielsweise die deutsche Bundesregierung ihre „HIV/AIDS-Bekämpfungsstrategie“, bei der vor allem die Prävention eine tragende Rolle spielt.

Im Jahr 2013 beschließt die EU-Kommission, dass die Anstrengungen bei der HIV-Prävention in Europa deutlich verbessert werden soll. Dieses führt dazu, dass sich 18 EU-Mitgliedstaaten in dem Projekt „Quality Action“ zusammenschließen.

Im Jahr 2016 wird in Deutschland die PrEP als HIV-Prophylaxe zugelassen. Zwei Jahre später werden die HIV-Selbsttests auch für den deutschen Markt zugelassen. Bis dahin waren solche Tests nur über das Ausland im Internet zu bekommen. Seit 2019 werden zudem in Deutschland die Kosten für Medikamente zur Vorbeugung einer HIV-Infektion, der sogenannten PrEP, für Menschen mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Im vergangenen Jahr infizierten sich in Deutschland laut den Zahlen des Robert-Koch-Institutes 2.454 Personen mit dem HI-Virus. Das entsprach einem Rückgang um rund 21 % im Gegensatz zum Jahr 2019. Für das Jahr 2019 waren noch 3.111 Neuin­fektionen gemeldet worden. Eine der Ursachen für diesen Rückgang ist sicherlich in der Coronapandemie zu finden. Sowohl die reduzierte Anzahl an Kontakten als auch das Reiseverhalten war vor allem in dem ersten Lockdown in April & Mai 2020 haben hier sicherlich dazu beigetragen. Allerdings habe es gleichzeitig auch einen deutlichen Rückgang bei den HIV-Testungen gegeben. Inwieweit sich die Zahlen in den nächsten Jahren verändern werden, wird sich vor diesem Hintergrund die kommenden Jahre zeigen.


Die rote Schleife

Die rote Schleife (engl. Red Ribbon) ist heute das internationale Symbol für HIV und Aids. Die Rote Schleife wurde in den 1980ern von dem New Yorker Frank Moore als Reaktion auf die ersten bekannt gewordenen AIDS-Todesfälle geschaffen. In Anlehnung an die gelben Schleifen, die damals in den USA als Zeichen des Gedenkens an die im Golfkrieg kämpfenden Soldaten noch sehr präsent waren, entstand die rote Schleife. Fand die rote Schleife zu Beginn vor allem in der Künstlerszene und unter Homosexuellen Verbreitung, so setzte sie sich in den 1990er Jahren auch in der Allgemeinbevölkerung durch.

Act Up

Act Up (AIDS Coalition to Unleash Power „AIDS-Koalition, um Kraft zu entfesseln“) entstand im Jahr 1987 in New York. Es war ein Interessenverband, welcher sich zur Aufgabe gemacht hatte, durch neue öffentlichkeitswirksame Aktionen wie beispielsweise sogenannte „Die in’s“ mehr Dynamik und Politisierung in die Thematisierung von AIDS zu bringen und mit Lobby-Arbeit politischen Druck auszuüben. „Act Up“ ist in der englischen Sprache ein alltäglicher Ausdruck und bedeutet in etwa „sich auflehnen“, „Theater machen“, „Ärger machen“. Von ihnen stammt auch das Symbol des Rosa Winkels in Kombination mit den Worten „Silence = Death“, zu Deutsch „Schweigen = Tod“, welches auch heute noch Verwendung findet.


Sehenswerte Filme & Serien zur AIDS-Thematik

Im Laufe der vergangenen 40 Jahre entstanden eine ganze Reihe sehenswerte Filme und Serien, die sich mit der Thematik auseinandergesetzt haben. SCHWULISSIMO nennt hier die Top 5, die man gesehen haben sollte.

1. Buddies (1985)

Dieser Film ist sicherlich mit einer der ersten Filme, welcher sich dieses Themas annahm. Erzählt wird die Geschichte des 25-jährigen schwule Schriftsetzer David will etwas gegen die Aids-Epidemie tun und meldet sich freiwillig bei einem Community-Programm an, das “Buddies” an Menschen vermittelt, die von HIV betroffen sind. So lernt er den 32-jährigen Aktivisten Robert kennen, der nach seiner Erkrankung von Partner und Freunden im Stich gelassen wurde.

2. Longtime Compagnion (1989)

Der Film ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die alle an jeweils einem Tag spielen. Die Handlung erstreckt sich über insgesamt acht Jahre von 1981 bis 1989, in denen der Alltag mehrerer homosexueller Männer zwischen dem Anfang und gegen Ende der AIDS-Epidemie beleuchtet wird.

3. Philadelphia (1993)

Erzählt wird hier die Geschichte des jungen, aufstrebenden Anwalts Andrew Beckett, bei dem eine HIV-Infektion festgestellt wird und welcher deshalb von seiner Anwaltskanzlei fallengelassen wird. Gemeinsam mit seinem Anwalt Joe Miller zieht er gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht. Tom Hanks erhielt für die Rolle des Andrew Beckett den Oscar als bester Hauptdarsteller.

4. Angels in America (2003)

Diese hochkarätig besetzte Miniserie (u.a. Meryl Streep, Al Pacino und Emma Thompson), basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück, zieht eine bitter-ironische Bilanz der US-Gesellschaft in den 1980er-Jahren. Hauptthemen sind dabei die Reagan-Ära und das Aufkommen von AIDS. Die Serie erhielt u.a. fünf Golden Globes und 11 Emmy Awards.

5. Pose (2018)

Auch wenn es in der drei Staffeln umfassenden Serie in erster Linie um die Ballroom-Szene in den USA geht, so ist das Thema HIV & AIDS ein weiteres großes Thema. Viele der darin vorkommenden Charaktere welche von HIV & AIDS betroffen sind, wachsen dem Zuschauer schnell ans Herz.


 

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