Direkt zum Inhalt
Hilfe für LGBTI*-Afghanen

Hilfe für LGBTI*-Afghanen LGBTI*-Menschen aus Afghanistan sollen aufgenommen werden

ms - 18.10.2022 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Nach über einem Jahr Schweigen und mehrfacher Kritik von Seiten verschiedener LGBTI*-Verbände wie beispielsweise dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland haben Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sowie Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nun endlich reagiert und erste Details zum Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Personen aus Afghanistan präsentiert, darunter fallen auch LGBTI*-Menschen. Konkret werden dabei Personen angesprochen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität aufgenommen werden sollen. Nach Angaben der beiden Ministerien sei jetzt die Aufnahme von bis zu 1.000 Menschen aus Afghanistan pro Monat geplant. Kritiker werfen der Regierung vor, hier viel zu lange geschwiegen und die Situation sozusagen ausgesessen zu haben – seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im August 2021 müssen LGBTI*-Menschen und insbesondere Homosexuelle sich verstecken und tagtäglich um ihr Leben fürchten. Immer wieder wurden Berichte bekannt, in dem von Gräueltaten gegenüber Homosexuellen berichtet wurde, teilweise sollen schwule junge Männer auf offener Straße regelrecht massakriert worden sein. Amnesty International hatte zuletzt besonders dramatische Fälle in einem umfassenden Bericht dokumentiert. Beide Ministerinnen haben auf Anfragen jedweder Art trotz der Zusagen aus 2021, schnell helfen zu wollen, lange nicht reagiert.

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärte zu dem humanitären Aufnahmeprogramm: „Ich begrüße es sehr, dass lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) explizit in dem Aufnahmeprogramm der Bundesregierung berücksichtigt werden. In Afghanistan gehören LSBTIQ* zu den besonders vulnerablen Gruppen und schweben täglich in Lebensgefahr. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich die Lage dramatisch verschärft. Für Homosexualität sind Strafen bis hin zur Auspeitschung oder Steinigung vorgesehen. LSBTIQ* werden gezielt verfolgt und ermordet. Für Frauen ist es unmöglich, ohne männliche Begleitung auf die Straße zu gehen, geschweige dann das Land zu verlassen. Eine Flucht in die Nachbarländer Pakistan oder Iran ist ebenfalls keine Alternative. Auch dort kann für Homosexualität die Todesstrafe verhängt werden.“

Wie konkret nun die Hilfsmaßnahmen anlaufen sollen, ist indes noch nicht bekannt. Lehmann dazu weiter: „Wichtig ist nun der zügige Aufbau der Koordinierungsstelle sowie die Unterstützung der meldeberechtigten Stellen. Bei der Bearbeitung der Altfälle ist es besonders notwendig, ein Augenmerk auf verfolgte queere Afghan*innen zu legen. Denn diese hatten in dem vorhergehenden Brückenprogramm durch das Kriterium der ´tätigkeitsbezogenen Gefährdung´ bislang kaum eine Chance auf eine Aufnahmezusage. Im Gegensatz zu vielen anderen menschenrechtlichen Themen war ein Einsatz für die Menschenrechte von LSBTIQ* bereits vor dem Taliban-Regime nicht nur gefährlich, sondern verboten und damit schlicht unmöglich. Mit einer zeitnahen Evaluierung muss zudem überprüft werden, ob die eingeführten Verfahren auch in der Praxis dazu führen, dass hoch gefährdete LSBTIQ* eine tatsächliche Chance haben, nach Deutschland und damit in Sicherheit gebracht zu werden.“

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Nach Hakenkreuz-Skandal

AfD scheitert erneut

Der parteilose Daniel Born durfte nach dem Hakenkreuz-Eklat vor vier Monaten erneut über die Wahl von AfD-Vertreterinnen und -Vertretern abstimmen.
Rückschritt für Paare

Bruch mit Gleichbehandlungsregel

Der Gesetzesentwurf von Claudio Borghi, die Hinterbliebenenrente in zivilen Lebensgemeinschaften abzuschaffen, sorgt in Italien für große Debatten.
Kostenabwägung in der Medizin

Debatte zu Versorgungsethik

Die Frage, ob sehr alte Menschen weiterhin kostspielige Medikamente erhalten sollten, führte zu breitem Protest aus Kreisen des Patientenschutzes.
Trotz Fahndung unauffindbar

Debatte um Selbstbestimmungsgesetz

Nach zweieinhalb Monaten Fahndung bleibt Marla Svenja Liebich, die zuvor als Sven Liebich wegen Volksverhetzung verurteilt worden war, verschwunden.
Menschenrechtslage in Malawi

UN überprüft Schwulen-Verbot

Malawi in Ostafrika muss sich vor den Vereinten Nationen jetzt für die Schwulen-Verbote verantworten, die bis heute Haftstrafen von 14 Jahren vorsehen
Homo-Ehe in den USA

Der Kampf ist nicht vorbei

Der US-Supreme Court stärkte die Homo-Ehe in dieser Woche, doch christliche Hardliner betonten jetzt: Der Kampf ist noch lange nicht vorbei.
Flucht nach Argentinien

Genug von Putins Hass auf LGBTIQ+

Mehrere tausend homosexuelle und queere Russen sind 2025 nach Argentinien emigriert – ein Leben in ihrer Heimat scheint immer mehr unmöglich zu sein.