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Massen-Outing im Fußball?
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Massen-Outing im Fußball? Kommt es bald zum Outing mehrerer aktiver schwuler Spieler im Profisport?

ms - 21.11.2023 - 10:00 Uhr

Wird es demnächst ein Massen-Outing von schwulen Fußballspielern im Spitzensport geben? Diese These vertrat jetzt der schwule Ex-Profifußballer Marcus Urban gegenüber der Bild-Zeitung. Konkret sagte er: „Ich bin mit einigen über Informanten in Kontakt. Wir sind viele. Es wird ein Gruppen-Coming-Out geben, wenn die Zeit dafür reif ist.“

Wann konkret dieses Outing stattfinden könnte, sagte Urban nicht. Die Idee an sich ist nicht neu, bereits 2019 und 2020 war mehrfach davon die Rede, dass sich mehrere schwule Top-Spieler gemeinsam outen könnten, um so den Druck auf den Einzelnen zu minimieren.

Wahnsinnige Angst unter den Profi-Spielern

Urban selbst war der erste deutsche Profifußballer, der sich als homosexuell outete, heute arbeitet er als Diversity-Coach und ist Mitbegründer des Netzwerks „Fußball für Vielfalt“. Im Interview skizziert der einstige Top-Kicker auch, wie schwierig das Versteckspiel in seiner aktiven Zeit war, irgendwann ging dies nicht mehr.

Die Ängste unter den Profis scheinen sich im Spitzenfußball indes auch in den letzten Jahren nicht geändert zu haben. „Es ist Wahnsinn, was für eine Angst herrscht. Die Männer haben Sorge, dass direkt in den Medien und den Vereinen über ihre sexuelle Orientierung spekuliert wird.“ Die Folge: Bis heute gab es in der deutschen Fußballbundesliga kein einziges Outing eines aktiven Spielers.

In welcher Sportwelt wollen wir leben?

Dabei appelliert Urban auch ganz grundsätzlich an die Fans und sagt weiter: „Kein Athlet sollte im Verborgenen leben müssen. Wir müssen uns auch fragen: In welcher Sportwelt wollen wir leben? Wollen wir Profifußballer mit Doppelleben oder wollen wir authentische Menschen?“

Dass die Angst der Spieler vor Ablehnung dabei nicht gänzlich unbegründet ist, zeigte erst im vergangenen Jahr eine repräsentative Umfrage der Fanplattform FanQ in Zusammenarbeit mit dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), befragt wurden über 2.300 Fußballfreunde. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen jenen, die Kontakte in die Gay-Community hinein haben, und jene, die dies nicht haben.

Von den Community-fernen Befragten hält es bis heute knapp die Hälfte (47 %) für nicht gut, wenn sich ein schwuler Profifußballer outet. Die Mehrheit dieser Gruppe von Fußballfans (67 %) hält den Kampf gegen Homophobie im Profisport auch grundsätzlich für unwichtig. Bei den Fans, die Kontakte zur Gay-Community haben, sind hingegen 68 Prozent der Befragten auch heute noch der Meinung, dass ein Outing negative berufliche und private Konsequenzen für einen Profi-Spieler hätte.

Urban selbst kritisierte in der Vergangenheit mehrfach, dass Entwicklungen im Profifußball viel zu langsam ablaufen würden – es dauerte nach seinem Outing 2007 vierzehn Jahre, bis es überhaupt eine erste LGBTI*-Anlaufstelle im Bereich Fußball gab. Mit der Kampagne „SportsFree“ will Urban jetzt Profis beim Coming-Out helfen.  

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