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Mutter schreibt offenen Brief an Sven Lehmann // kasinv
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Mutter schreibt offenen Brief an Lehmann „Was die sexuelle Neigung angeht, werden unsere Teenager inzwischen extrem verwirrt.“

ms - 07.04.2022 - 13:00 Uhr

Die Mutter einer 18-jährigen Tochter hat jetzt einen offenen Brief an den Queer-Beauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann, geschrieben. Darin drückt sie ihre Sorgen über das geplante, neue Selbstbestimmungsgesetz aus, das das alte Transsexuellengesetz ersetzen soll. Hintergrund ist eine, seit Wochen heftig diskutierte Debatte, ob es künftig bereits minderjährigen Jugendlichen ab 14 Jahren ohne Einwilligung der Eltern erlaubt sein soll, ihr Geschlecht ohne vorgeschriebene, medizinische Beurteilung einfach via Sprechakt ändern lassen zu dürfen – und im weiteren Verlauf auch eine Behandlung zur Geschlechtsangleichung beispielsweise mit Pubertätsblockern beginnen zu dürfen.

Stefanie Moers bezieht sich in ihrem offenen Brief auch auf das aktuelle Buch „Transsexualität“ von Alice Schwarzer: „Sie spricht vielen Eltern aus der Seele und ganz sicher nicht ´von außen´. Als Mutter einer 18-jährigen Tochter kann ich ihre Thesen nur voll und ganz unterstützen. Dabei möchte ich betonen, dass ich politisch klar links stehe und seit vielen Jahren SPD-Mitglied bin. Mir liegen Diversität, Toleranz und die Akzeptanz für alle Arten von Anderssein mein Leben lang am Herzen und ich freue mich für jeden, der den für sich richtigen Lebensweg erkennt und sich traut, ihn einzuschlagen, um glücklich zu werden.“

Schwarzer gibt in ihrem Buch zu bedenken, dass bei dem rasanten Anstieg der Anzahl von Jugendlichen, die sich selbst als trans definieren, auch Menschen darunter sein müssen, die aus anderen Gründen in die Transsexualität „flüchten“. Beispielsweise, weil diese Jugendlichen nicht mit den starren Strukturen von Mann und Frau klarkommen, sich nicht mit ihrer Homosexualität beschäftigen wollen oder beispielsweise auch anderweitig an einer Erkrankung wie einer Depression leiden. Sie fordert daher, dass auch zukünftig Jugendliche erst dann Schritte hin zu einer Geschlechtsangleichung gehen dürfen, wenn die Ursachen für diesen Wunsch von medizinischer und therapeutischer Seite klar untersucht worden sind. Der Queer-Beauftragte Lehmann lehnt dies bisher ab und verweist auf die wichtige Selbstbestimmung eines Menschen. Die gestiegenen Fallzahlen (Anstieg um das 4.000-fache) seien Ausdruck eines Wandels in der Gesellschaft, sodass Jugendliche heute offener mit ihrer queeren Identität umgehen könnten.

Stefanie Moers, die von Beruf Medienkompetenz-Trainerin in Pullheim ist, erwidert darauf in ihrem offenen Brief: „Aber was die sexuelle Neigung angeht, werden unsere Teenager tatsächlich inzwischen extrem verwirrt. Ich war sehr überrascht, als meine Tochter mir erzählt hat, mit welcher Leichtigkeit sich Mitschüler von ihr in der Oberstufe inzwischen als pansexuell, bisexuell, homosexuell und auch mehrere Schülerinnen als transsexuell bezeichnen. Bei dieser Gemengelage - wo den Kindern täglich auf Instagram & Co. vorgelebt wird, dass Anderssein mehr Klicks bringt und Aufmerksamkeit erzeugt - fragt sich das durchschnittlich heterosexuelle Kind inzwischen, ob mit ihm alles in Ordnung ist, ob es ´anders´ ist (…) Diese Kinder finden sich nicht, sie verlieren sich. Und sie brauchen sehr viel Begleitung und Unterstützung.“

Durch die „komplette Informationsüberflutung“ entstehe viel Unsicherheit, weswegen es laut Moers wichtig ist, dass Eltern auch weiterhin in die Entscheidungsprozesse um die Selbstdefinition als transsexueller Mensch mit eingebunden werden. Moers stellt klar:

„Eltern sind nicht das Problem, sie sind immer noch in 90 Prozent aller Fälle die Lösung. Heute wahrscheinlich mehr als früher, weil es weniger Tabuthemen gibt, und wir wirklich über alles einfach und leicht mit unseren Kindern reden können. Als langjährige Medienkompetenztrainerin flehen mich die Eltern inzwischen an, ihre Kinder wieder zu erden, damit sie nicht mehr denken, es ginge im Leben nur um Schönheit, Anderssein und Villen mit Infinity Pool. Lassen Sie es in Ihrer Funktion als Queer-Beauftragter der Bundesregierung deshalb bitte nicht zu, dass schon 14-Jährige in ihrer völlig unsicheren Lebenssituation, die noch dazu medial fehlgeleitet werden, solch tiefgreifende Entscheidungen ohne die Eltern treffen können. Wir leben zum Glück in aufgeklärten Zeiten, die alle Möglichkeiten bieten. Dafür haben gerade meine und die vorherige Generation viel gekämpft. Wer sich also in seiner Haut unwohl fühlt, soll alle Unterstützung erhalten können, die er oder sie braucht. Das steht außer Frage. Aber wie so oft heutzutage gilt: Bitte vergessen Sie die Mehrheit nicht, die nicht diese außergewöhnlichen Lebensherausforderungen hat.“

Lehmann selbst hat sich zu dem offenen Brief noch nicht geäußert. Via Twitter stellte er aber mit Bezug auf die Debatte vorab klar, dass er sich vorgenommen hatte, nicht zu dem Buch von Alice Schwarzer Stellung zu beziehen und verwies in diesem Zusammenhang noch einmal auf ein Interview in der FAZ, in dem er erklärte, dass sich die Feministin verrannt habe und von ihren alten feministischen Überzeugungen abgerückt sei. Kurz darauf erklärte Lehmann weiter: „In diesen Tagen wird wieder viel über ´Trans-Mode´ oder ´Trans-Hype´ gesprochen. Wer sich die tägliche Diskriminierung und das Leid von trans-Menschen vor Augen führt, kann darüber nur den Kopf schütteln.“  

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