Queer in Europa und quer durch Europa Wie ergeht es den älteren LGBTI*-Personen?
Alt zu werden ist nicht immer leicht, doch alt zu werden und in seinem Lebensentwurf nicht anerkannt zu sein, ist noch schwerer: Wie geht es eigentlich LGBTI*-Personen damit, die queer in Europa und quer durch Europa leben? Laut einem britischen Vergleichsportal lebt es sich nach einem langen Arbeitsleben am besten in den Niederlanden, Italien und Frankreich. Deutschland liegt als Pensionsziel für LGBTI* hingegen nur im Mittelfeld.
In den vergangenen zehn Jahren waren Grundrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*- und Intersexuellen-Personen (LGBTI*) zunehmend Gegenstand internationaler und nationaler Entwicklungen: Die Situation von LGBTI*-Personen stellt damit heute in der EU kein Randthema mehr dar, sondern ist als Menschenrechtsbelang anerkannt. Dennoch ist die Lage immer noch in vielerlei Hinsicht sehr besorgniserregend: Fast die Hälfte (47 %) der Befragten erklärte, innerhalb des letzten Jahres vor der Erhebung persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung oder Belästigung aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung gemacht zu haben. Die Mehrheit (59 %) der TeilnehmerInnen, die im vergangenen Jahr Gewalt erfahren hatten, gab an, der Angriff bzw. die Gewaltandrohung sei zum Teil oder ausschließlich darauf zurückzuführen gewesen, dass sie als LGBTI*-Personen wahrgenommen wurden.
Eine britische Studie von money.co.uk ist dieser Frage nun nachgegangen und hat eine Umfrage dazu gestartet, denn es gibt eine wachsende Nachfrage an Seniorengemeinschaften, die speziell für diejenigen geschaffen wurden, die sich als LGBTI* identifizieren. Das große Interesse an der Studie hat die Marktlücke für LGBTI*-spezifische ältere Wohnprojekte und die Anerkennung der Bedürfnisse dieser Gemeinschaft deutlich gemacht. Aber wie schneiden die beliebtesten Altersvorsorgeziele in Europa ab, wenn ihre LGBTI*-Rechte verglichen werden?
In diesem LGBTQ+ Retirement Index (LGBTI*-Pensionierungsindex) ist nun folgende Rangliste entstanden – Europas beste Wohnorte für LGBTI*-Rentner:
- Niederlande
- Italien
- Frankreich
- Belgien
- Schweden
- Dänemark
- Portugal
- Spanien
- Norwegen
- Island
- Deutschland
- Finnland
- Polen
- Großbritannien
- Luxemburg
- Schweiz
- Malta
- Slowakei
- Ungarn
- Tschechien
- Österreich
- Irland
- Slowenien
- Estland
- Zypern
Deutschland hat die Top Ten verpasst, Österreich liegt gar abgeschlagen hinter Ungarn und Polen. Mit einem LGBTI*-freundlichen Index von 361 führen die Niederlande die Liste der Länder an, in denen LGBTI*-Rentner in Rente gehen. Als eines der ersten europäischen Länder, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert hat, sind die Niederländer als eine der fortschrittlichsten Nationen für LGBTI*-Rechte bekannt.
Für den Index waren folgende zehn Daten und Fakten relevant. Basierend darauf, wie lange diese Gesetze in Kraft sind, wurde jedem Land daraufhin eine Punktzahl zugewiesen (Wo das Recht oder der Schutz nicht vorhanden war, wurde eine Punktzahl von 0 vergeben) und so der Index erstellt:
- Jahr, in dem gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten legalisiert wurden
- Jahr, in dem ein gleiches Schutzalter eingeführt wurde
- Jahr, in dem Antidiskriminierungsgesetze eingeführt wurden
- Jahr, in dem gleichgeschlechtliche Ehen möglich waren
- Jahr, in dem gleichgeschlechtliche Gewerkschaften anerkannt wurden
- Jahr, in dem die gemeinsame Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare (verheiratet oder unverheiratet) legalisiert wurde
- Jahr, in dem das Recht auf Änderung des gesetzlichen Geschlechts eingeführt wurde
- Jahr, in dem eine dritte Geschlechteroption eingeführt wurde
- Jahr, in dem Blutspenden für Männer erlaubt waren, die Sex mit Männern haben
- Jahr, in dem Reisepässe nach Geschlecht X zugelassen wurden
Laut money.co.uk zeigt die Länge einer queerfreundlichen Regelung an, wie etabliert ein Gesetz bereits sei. Dabei ist jedoch zu erwähnen, dass diese Statistik keine LGBTI*-feindlichen Initiativen von Regierungen oder Regimen berücksichtigt. Dies führt dann dazu, dass ein Staat wie Polen, der die queere Bevölkerung sogar mit ausgewiesenen LGBTI*-freien Zonen schikaniert, vor weltoffenen Ländern wie Luxemburg oder der Schweiz platziert ist.
Wie bei allen Statistiken muss also geprüft werden, welche Daten eine Rolle spielen und was vielleicht nicht mit einbezogen wurde. Dennoch ist dieser Index für LGBTI*-Personen vielleicht eine Hilfe, wenn sie ihren Lebensabend quer durch Europa planen.