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Kritik an Volkszählung: LGBTI*s werden nicht erfasst

24.000 Homo-Ehen in Australien „Solange wir nicht gezählt werden, werden wir unsichtbar bleiben.“

ms - 29.06.2022 - 12:00 Uhr

Es gibt gute und schlechte Nachrichten aus Down Under: Das australische Statistikamt (ABS) hat jetzt erste Ergebnisse der Volkszählung 2021 veröffentlicht und dabei festgestellt, dass seit der Einführung der Homo-Ehe im Jahr 2017 rund 24.000 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen worden sind. Ein Grund zur Freude. Andererseits belegt die Befragung der Bevölkerung eines aber auch: ein bisheriges großes Desinteresse an der LGBTI*-Community insgesamt.

Immer wieder haben LGBTI*-Aktivisten und queere Vereine die Regierung dazu aufgefordert, auch Aspekte wie die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität abzufragen, um so ein genaueres Bild über die LGBTI*-Community in Australien bekommen zu können. Auf Grundlage dieser Daten hätten so konkrete Maßnahmen und Schritte zur Verbesserung der allgemeinen Lebenssituation von LGBTI*-Menschen in Australien geplant werden können – genau das hatte aber die bisherige, von Scott Morrison geführte Regierung immer unterbunden. Zuletzt hatte die rechtskonservative Regierung Schlagzeilen mit dem Versuch gemacht, die Rechte von christlichen Kirchen so zu stärken, dass diese offen und diskriminierend in ihren Bildungseinrichtungen gegen LGBTI*-Jugendliche hätten vorgehen können. Mit der Abwahl von Premierminister Morrison im Mai dieses Jahres ist dieser Gesetzentwurf glücklicherweise erst einmal vom Tisch.

Nach mehr als zehn Jahren führt nun wieder die sozialdemokratische Labor-Partei das Land und es besteht die Hoffnung, dass bei der nächsten Volksbefragung 2026 dann auch verstärkt ein Fokus auf LGBTI*-Menschen gelegt wird. LGBTI*-Organisationen haben diesbezüglich bereits die neu ernannte Regierung unter Anthony Albanese aufgefordert, den Beispielen des Vereinigten Königreichs, Neuseelands und Kanadas zu folgen. Anna Brown, die Geschäftsführerin von Equality Australia, erklärte: "Die Veröffentlichung der Volkszählungsdaten gibt uns faszinierende Einblicke in die Vielfalt der australischen Gemeinschaft - an was wir glauben, welche Sprache wir zu Hause sprechen, wie hoch der Anteil chronischer Krankheiten ist und andere wichtige demografische Daten, die uns bei wichtigen Entscheidungen darüber helfen werden, welche Dienste den Gemeinschaften wo zur Verfügung gestellt werden. Aber wieder einmal sind lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, intersexuelle und queere Menschen in den Daten der Volkszählung nicht angemessen repräsentiert, weil die ABS und der damals zuständige Minister es versäumt haben, sicherzustellen, dass die dringend benötigten Fragen zur sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder zu Variationen der Geschlechtsmerkmale gestellt wurden. Solange wir nicht gezählt werden, werden wir unsichtbar bleiben. Deshalb kommt unsere Community mit der Veröffentlichung der Volkszählungsdaten für 2021 erneut zusammen, um zu sagen, dass es an der Zeit ist, dass die Volkszählung aufhört, LGBTI*-Menschen außen vor zu lassen, und uns mitzählt."

Dass es gerade auch im Bereich der Familien Veränderungen gibt und beispielsweise Regenbogenfamilien wie auch gleichgeschlechtliche Ehen die australische Gesellschaft schrittweise immer mehr prägen, bestätigte bereits Australiens oberster Statistiker Dr. David Gruen. Die Vielfalt unter den Australiern habe zugenommen, zudem erlauben die neuesten Ergebnisse auch "einen faszinierenden Einblick in die Struktur und das sich verändernde Profil der australischen Familien." Bisher werden bei der ABS-Volkszählung nur homosexuelle Paare erfasst - erstmals wurden diese Daten 1996 erhoben, wobei die Anzahl von schwulen und lesbischen Jahren sich innerhalb von rund 25 Jahren verfünffacht hat. Bei der Volkszählung 2016 war diese Zahl so auf rund 47.000 gleichgeschlechtliche Paare angestiegen.

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