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Homophober Mob schlägt auf schwules Paar ein // © facebook.com

Händchen halten triggerte Täter “Verfickte Schwuchteln“

ms - 23.05.2022 - 07:30 Uhr

Greg Miedzwiecki (30) und sein Freund Lee Trussler (29) warteten Anfang Mai in den frühen Morgenstunden in der London Road in Southampton auf ein Taxi, nachdem sie zuvor den LGBTI*-Nachtclub Edge besucht hatten. Da es sehr kalt war, standen die beiden Männer eng beieinander und hielten Händchen. Das allein schien für eine Gruppe von mehreren Jugendlichen als Triggerpunkt ausreichend genug zu sein, um die Straßenseite zu wechseln und brutal auf die beiden jungen Männer einzuschlagen.

Ohne Vorwarnung beschimpften die Jugendlichen das homosexuelle Paar als “verfickte Schwuchteln“. Als Miedzwiecki versuchte zu erwidern, dass sie damit aufhören sollten, immerhin lebe man doch inzwischen im 21. Jahrhundert, schlug einer der Jugendlichen dem 30-Jährigen direkt ins Gesicht. Als sein Freund ihm helfen wollte, attackierten sie ihn ebenso: "Sie schlugen mir ins Gesicht und stießen mich zu Boden. Sie hatten mich auf dem Boden und traten mir ins Gesicht, solange, bis ich ohnmächtig wurde“, erzählt Lee Trussler gegenüber Pink News.

Als er wieder zu sich kam, blutete er stark aus dem Mund, sein Gesicht war geschwollen und er konnte seinen Freund nirgends sehen. "Ich war hysterisch. Ich hatte schreckliche Angst, dass sie ihn auch zu Boden geschlagen hatten und er allein war", so Trussler weiter. Sein Freund hingehen wurde von der Horde Jugendlicher weiter durch die Straßen gejagt, bis sich Miedzwiecki im Vorgarten eines Bekannten verstecken konnte und schlussendlich zufällig ein Polizeiwagen vorbei kam.

Die Beamten fuhren die beiden verletzten Männer ins Southampton General Hospital. Seitdem kämpft das schwule Paar mit Panikattacken, Angst und Wut, ausgelöst durch den brutalen Angriff. Einfache Dinge, die sie früher sorglos taten - mit dem Hund spazieren gehen oder nachts unterwegs sein - versetzen sie jetzt in Angst und Schrecken: "Seit dem Vorfall haben wir das Haus kaum noch verlassen. Wir haben herausgefunden, dass einer der Angreifer tatsächlich in der Nähe von uns wohnt“, so Miedzwiecki. „Wenn jetzt eine Gruppe von Jungs die Straße entlangläuft, überqueren wir sofort die Straße", fügt Trussler hinzu.

Miedzwiecki hatte dabei die Chance, die ersten Angriffe noch mit seinem Smartphone zu filmen, sodass mit Hilfe von Facebook-Nutzern die Angreifer inzwischen identifiziert werden konnten. Trotzdem wurden die mutmaßlichen Schläger bisher nicht verhaftet, die Polizei teilte auf Rückfrage lediglich mit, dass der Vorfall gründlich untersucht werde. Eine offizielle Aussage konnte das schwule Paar bei der Polizei auch erst drei Wochen nach dem Angriff Ende dieser Woche machen. 

Der Angriff ist die jüngste Episode in einer beunruhigenden Serie von Gewalt gegen LGBTI* Menschen in Großbritannien. Nach Angaben der Polizei stieg die Anzahl an LGBTI*-Hassverbrechen zwischen 2014 und 2021 um 210 Prozent an. Zudem geriet die britische Polizei immer wieder durch homophobes Verhalten in die Schlagzeilen – oftmals sollen ermittelnde Beamte offene Fälle nicht weiter bearbeitet haben, wenn es sich dabei um Gewalttaten gegenüber homosexuellen Männern handelte. Die LGBTI*-Organisation Galop gibt zudem zu Bedenken, dass die offiziellen Zahlen der Polizei unvollständig sind, die meisten Opfer würden wie auch beispielsweise in Deutschland einen Übergriff gar nicht erst zur Anzeige bringen. Nur 14 Prozent der gegen LGBTI* gerichteten Hassverbrechen würden von der Polizei aufgeklärt, so die Journalismus-Organisation Liberty Investigates.

"Wenn man wegen seines Charakters angegriffen wird, kann das sehr verletzend sein. Die Narben, die hinterlassen werden, können sowohl physisch als auch psychisch sein“, so ein Sprecher von Galop weiter. Hass ist dabei auch für Miedzwiecki und Trussler leider nichts Neues: "In der Vergangenheit wurden wir schon öfter von Leuten angeschrien, während wir uns an den Händen hielten. Wir haben das immer mit einem Achselzucken abgetan. Aber seitdem die Jugendlichen uns angesprochen haben, hat sich etwas bei uns verändert. Ich dachte nur: 'Ich lasse nie wieder zu, dass jemand so mit mir spricht'. Das ist einfach nicht akzeptabel“, so Trussler abschließend.

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