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LGBTI*-Aktivist Peter Tatchell in Katar
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LGBTI*-Protest in Katar LGBTI*-Aktivist Peter Tatchell im Einsatz für Menschenrechte

ms - 26.10.2022 - 09:00 Uhr

Der britische LGBTI*-Aktivist und Gay-Veteran der ersten Stunde Peter Tatchell hat gestern mit einer Ein-Mann-Demonstration in Katar für Aufsehen gesorgt – zwischenzeitlich war der Brite von Sicherheitskräften verhaftet worden, inzwischen befindet er sich aber wieder auf freiem Fuß. Tatchell hatte sich gestern mit einem Schild vor dem Nationalmuseum in Doha positioniert, auf dem zu lesen war: "Katar verhaftet, inhaftiert und unterwirft LGBTs einer 'Konversions-Therapie'." Rund 45 Minuten dauerte die Protestaktion, bevor Polizisten den 70-Jährigen verhafteten. Im Vorfeld hatte der Brite mit Blick auf die Fußballweltmeisterschaft in einem guten Monat bekräftigt: "Mit einem anormalen Regime wie Katar kann es keine sportbasierten Beziehungen geben. Es ist eine homophobe, sexistische und rassistische Diktatur. Dem Emirat darf nicht erlaubt werden, sich mit Sport reinzuwaschen, es nutzt die Weltmeisterschaft aus, um sein internationales Image zu stärken. Wir müssen sicherstellen, dass das Tyrannenregime keinen pressetauglichen Sieg erringt!"

Die Aktion wurde via Fotos und Videos festgehalten, darin erklärt Tatchell im späteren Verlauf auch: "Ich habe diesen Protest organisiert, um auf die Missachtung der Rechte von LGBT, Frauen und Wanderarbeitern durch Katar hinzuweisen. Ich habe mich mit den mutigen katarischen Menschenrechtsaktivisten solidarisiert, die ihre Stimme nicht erheben können, weil ihnen Verhaftung, Gefängnis und Folter drohen!“ Die fünf Sicherheitskräfte vor Ort sollen sein Transparent zusammengefaltet und Tatchell sowie seinen Begleiter zu einem Verhör mitgenommen haben. Nach weiteren rund 45 Minuten wurde der Brite freigelassen und ihm laut Eigenaussage sehr eindeutig nahegelegt worden sein, dass es in seinem Interesse wäre, das Land schnell wieder zu verlassen. Gestern Abend flogen Tatchell und sein Begleiter zurück nach Großbritannien.

Peter Tatchell im Einsatz für LGBTI*s in Katar

Das Emirat selbst bestreitet die Festnahme des Briten, die entsprechenden Berichte seien allesamt falsch, man habe lediglich eine Person, die in einem Kreisverkehr stand, “herzlich und professionell aufgefordert“, sich auf den Bürgersteig zu begeben. Tatchell widerspricht dieser Darstellung und erklärte inzwischen gegenüber BBC-Radio, dass es ihm und seinem Begleiter "nicht freistand, zu gehen oder den Protest fortzusetzen. Man kann es Verhaftung oder Inhaftierung nennen, immerhin konnten wir uns nicht frei bewegen", so der LGBTI*-Aktivist weiter. Bereits vor vier Jahren bei der Fußball-WM 2018 in Russland hatte Tatchell auf sehr ähnliche Weise auf dem Roten Platz in Moskau gegen das homophobe Klima und die Regierung protestiert. In Katar sorgte die Aktion abermals für eine Verstimmung, zuletzt hatte der Emir Scheich Tamim bin Hamad al-Thani erklärt, die internationale Kritik beruhe auf Fehlinformationen und würde nur eine zweifelhafte “Doppelmoral“ offenbaren. "Wir sind immer offen für den Dialog mit Organisationen, die wichtige Themen diskutieren wollen, aber die Verbreitung von Falschinformationen mit der Absicht, negative Reaktionen zu provozieren, ist unverantwortlich und inakzeptabel“, so der Emir weiter. Sacha Deshmukh, Geschäftsführer von Amnesty International UK, sagte indes, das Vorgehen gegen Tatchell sei "eine deutliche Erinnerung an das repressive Klima in Bezug auf die freie Meinungsäußerung in diesem Land."

Nach wie steht in Katar Homosexualität unter Strafe, es drohen mehrjährige Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe. Erst zu Beginn dieser Woche hatte Human Rights Watch darüber berichtet, dass die Sicherheitskräfte in Katar erst im vergangenen Monat willkürlich LGBTI*-Kataris verhaftet, gefoltert, misshandelt und zu Konversionstherapien gezwungen hätten. Ein katarischer Beamter wies gegenüber Reuters auch diese Berichte als falsch zurück.

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