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Ende von HIV-Tests im Job?

Ende von HIV-Tests im Job? Keine HIV-Tests mehr bei Polizei und im Gesundheitswesen?

ms - 02.12.2022 - 10:00 Uhr

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) spricht sich jetzt gegen HIV-Tests aus, die mancherorts im beruflichen Leben noch immer verlangt werden – diese Forderungen seien unzulässig und müssten per Gesetz verboten werden. Für die Deutsche Aidshilfe ist klar: Solche Tests wie beispielsweise bei der Polizei sind diskriminierend.

Polizei, Feuerwehr, Universität

Die Fälle, in denen Einrichtungen, Behörden und Organisationen von ihren Mitarbeitern oder vorab von Bewerbern einen Gesundheitscheck inklusive eines HIV-Tests einfordern, sind mannigfaltig: Im Polizeidienst werden HIV-positive Bewerber in der Regel als untauglich definiert und zurückgewiesen. Auch Feuerwehren verfahren immer wieder nach dieser Devise, beispielsweise die Berliner Feuerwehr im Jahr 2018.

Ebenso kam und kommt es offenbar auch immer wieder bei der Ausbildung an Universitäten gerade im medizinischen Bereich zu Ausschlüssen, exemplarisch an der Universität Marburg, die einen HIV-positiven Zahnmedizinstudenten nicht an den praktischen Kursen teilnehmen lassen will. Das Resümee der Deutschen Aidshilfe: „Schwerwiegende Diskriminierung von Menschen mit HIV im Arbeitsleben kommt immer wieder vor – obwohl sie in allen Berufen arbeiten können und dürfen. Denn HIV ist im Arbeitsalltag nicht übertragbar und aufgrund der heute verfügbaren Medikamente muss die Infektion die Leistungsfähigkeit nicht mehr einschränken.“

Diskriminierung im Gesundheitswesen

Besonders häufig komme es laut der DAH zu Diskriminierung in Gesundheitsberufen, dabei sei der HIV-Status zumeist irrelevant für die berufliche Tätigkeit. Eine Übertragung im Arbeitsalltag sei in keinem Fall möglich, auch ohne Therapie nicht. „Die einzige legitime Ausnahme sind Chirurgen, die bestimmte Eingriffe mit Verletzungsrisiko ausführen. Bei ihnen darf laut den Empfehlungen der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und der Gesellschaft für Virologie (GfV) HIV im Blut nicht mehr nachweisbar sein. Das ist bei heutigen HIV-Therapien der Normalfall. Man spricht dann von einer Viruslast unter der Nachweisgrenze“, so die DAH weiter.

Rechtssicherheit für HIV-Positive

Der Ausschluss von HIV-Positiven sei auch deswegen unzulässig, da diese Benachteiligung eindeutig gegen das Allgemeine Gesetz zur Gleichbehandlung (AGG) verstoßen würde, so die DAH weiter. Vorstand Sven Warminsky dazu: „Noch immer glauben manche Arbeitgebende, sie dürften Menschen mit HIV einfach ausschließen und fügen ihnen damit schweren Schaden zu. Das ist nicht hinnehmbar. Wir brauchen ein ausdrückliches Verbot von HIV-Tests und der Frage nach einer HIV-Infektion im Arbeitsleben. HIV darf bei Einstellungsuntersuchungen schlicht keine Rolle mehr spielen. Nur ein glasklares gesetzliches Verbot von HIV-Tests und HIV-bedingter Zurückweisung gibt Menschen mit HIV Rechtssicherheit. Mit ungewissem Ausgang den Rechtsweg beschreiten zu müssen, ist eine schwere psychische und finanzielle Belastung und kann Karrieren zerstören. Wer Recht bekommt, hat den Job meist trotzdem nicht.“

Angst vor Übertragung

Behörden wie die Polizei aber auch Unternehmen begründen die HIV-Tests oftmals mit der Aussage, dass es im Arbeitsalltag unter bestimmten Bedingungen doch zu einer Übertragung kommen könnte. Laut der DAH würden solche Infektionen aber faktisch nicht stattfinden. „Bei einer wirksamen HIV-Therapie – heute der Regelfall – ist HIV nicht mehr übertragbar. Hinter uns liegen mehr als 40 Jahre HIV und 25 Jahre HIV-Therapie. Es wird Zeit, dass Menschen, die Personalverantwortung tragen, sich nicht mehr an irrationalen Ängsten und Vorbehalten orientieren, sondern an wissenschaftlichen Erkenntnissen“, so Warminsky weiter.

Oftmals landen solche Fälle schlussendlich vor Gericht, zuletzt gaben die jeweiligen Richter den HIV-positiven Klägern zumeist recht und erklärten beispielsweise eine Ablehnung für den Polizeidienst aufgrund von HIV für unzulässig. Allesamt handelt es sich dabei allerdings um juristische Einzelfälle, eine bundesweite Klärung der Sachlage ist überfällig. Nach Angaben der Deutschen Aidshilfe würde sich zudem etwa auch die zuständige Arbeitsgruppe der deutschen Polizeiärzte bisher weigern, ihre Haltung zusammen mit HIV-Spezialisten zu überprüfen. 

95 % der HIV-Positiven erleben Diskriminierung

Die jüngste Studie der DAH (Positive Stimmen 2.0) ergab, dass rund 95 Prozent der Menschen mit HIV binnen eines Jahres Diskriminierung erlebt hatten, rund die Hälfe von ihnen fühlt sich dadurch in ihrem Leben eingeschränkt. „Die Benachteiligung im Arbeitsleben zeigt exemplarisch, wie irrational und voreingenommen die Reaktionen vieler Menschen und Institutionen auf das Thema HIV immer noch sind. Es ist Zeit, dass Menschen mit HIV endlich in Ruhe das Leben leben können, das ihnen medizinisch längst möglich ist – ohne Benachteiligung, Zurückweisung oder moralische Bewertungen“, so Warminsky abschließend.

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