LGBTI*-Diskriminierung nimmt massiv zu Sieben von zehn LGBTI*-Amerikanern erleben Diskriminierung und Angriffe
Die gestern veröffentlichte GLAAD-Studie "Accelerating Acceptance" belegt auf traurige Weise, dass die Anfeindungen und Angriffe gegenüber LGBTI*-Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika binnen kürzester Zeit sprunghaft angestiegen sind. Ein Fazit der Studie ist dabei: Queere Menschen in den USA setzen sich alltäglich einem signifikant erhöhten Risiko der Diskriminierung aus.
GLAAD hat für den Bericht zwei Online-Studien durchgeführt – die erste vom Februar 2022 befragte rund 2.600 US-Erwachsene, die zweite vom Mai 2022 nochmals rund 1.700 LGBTI*-Menschen. Die Ergebnisse im Detail: 70 Prozent der befragten LGBTI*-Amerikaner wurden bereits im Jahr 2022 diskriminiert und stellen auch ganz klar fest, dass die Anfeindungen gegenüber queeren Menschen sprunghaft angestiegen sind. Die Zahl der Angriffe stieg dabei innerhalb eines Jahres um rund 11 Prozent – im Vergleich zum Jahr 2020 ist sogar ein Zuwachs von 24 Prozent zu verzeichnen.
Dabei ist der Hass gegenüber der LGBTI*-Community längst nicht mehr ein Randphänomen gesellschaftlicher Grenzbereiche, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen – ganz gleich, ob am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, in der Freizeit oder den sozialen Medien, queere Amerikaner erleben überall mehr Hass und Hetze. Überraschend seien diese Entwicklungen angesichts der rund 300 eingebrachten Anti-LGBTI*-Gesetzvorhaben gegenüber queeren Menschen allein im Jahr 2022 nicht, so Sarah Kate Ellis, Präsidentin und CEO von GLAAD, trotzdem seien die aktuellen Entwicklungen bedrückend: "Es wird eine Kultur geschaffen, die für unsere Gemeinschaft unglaublich unsicher ist", so Ellis gegenüber USA TODAY.
Nebst den queer-feindlichen Gesetzentwürfen, die durchwegs von Republikanern in die Parlamente der Bundesstaaten eingebracht werden, heize auch die Anti-LGBTI*-Rhetorik bestimmter Politiker und rechtsextremer Nachrichtenmedien die Stimmung weiter an. Hinzu kommen ganz offene Zensur im Klassenzimmer, Buchverbote, Einschränkungen im Gesundheitswesen und ein Verbot zur Teilnahme am Schulsport für queere Jugendliche. Nebst den offensichtlichen, hass-motivierten Ablehnungsaspekten vertieft sich der Riss durch die Gesellschaft aber auch deswegen, weil immer mehr liberale US-Amerikaner in gewissen Punkten und bei einigen queeren Forderungen Unverständnis äußern, beispielsweise wenn es um geschlechtsangleichende Operationen für Minderjährige oder Unterricht in der Queer-Theorie an Grundschulen geht. Zudem zeigt die jüngste GLAAD-Studie auch, dass der Großteil aller heterosexuellen US-Erwachsenen (rund 80 %) mit dem Begriff LGBTI* gar nicht mehr viel anfangen kann und auch nicht weiß, was konkret mit den einzelnen Buchstaben gemeint sein soll.
Besonders negativ ausgeprägt ist die Diskriminierung bei schwarzen LGBTI*-Personen - hier liegt die Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur LGBTI*-Community oder/und ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert zu werden, um 91 Prozent höher. Über ein erhöhtes Maß an Diskriminierung berichtet zudem auch die jüngste Gruppe von LGBTI*-Menschen, die Generation Z. Sie definiert sich inzwischen zu über 20 Prozent als queer und sorgt auch in der amerikanischen Gesellschaft für die meiste Sichtbarkeit. Genau diese Sichtbarkeit sei in den USA inzwischen ein zweischneidiges Schwert, so Ellis: "Sichtbarkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für wachsende Akzeptanz, gleichzeitig macht sie uns aber auch anfälliger für Diskriminierung.“
So düster die Lage mancherorts scheint, möchte Ellis allerdings auch Mut machen – drei Viertel der erwachsenen LGBTI*-Personen sind der Ansicht, dass gesellschaftliche Sichtbarkeit für mehr Gleichberechtigung und Akzeptanz unerlässlich ist. In Bezug auf die Sichtbarkeit in den Medien gaben 64 Prozent an, dass sie sich "stolz und unterstützt fühlen, wenn LGBTI* in den Medien korrekt dargestellt wird". Wenig überraschend, wünscht sich auch die Mehrheit der LGBTI*-Community (79%), dass die gesetzlichen Maßnahmen auf Bundesebene zum Schutz vor Diskriminierung ausgeweitet werden. Ellis beschwört dabei schlussendlich die amerikanischen LGBTI*s – für die Präsidentin von GLAAD ist klar, dass Entwicklungen Zeit brauchen, trotzdem wirksam sind und es jetzt um den Zusammenhalt in der queeren Community geht. "Was wir als Gemeinschaft weiterhin tun müssen, ist, uns zu wehren. Wir sind stark, wenn wir uns zusammentun. Wir wissen aus Untersuchungen und Studien, dass die Amerikaner mehr LGBTI*-Personen sehen wollen, weil es ihnen hilft, ein Verständnis und eine Akzeptanz für unsere Gemeinschaft zu erlangen, was, wie wir wissen, ein sicheres Umfeld für uns schafft", fügt Ellis hinzu und verweist auf die Auswirkungen der Gesetzgebung zur Gleichstellung der Ehe in den USA: "Wir sehen jetzt die höchsten Akzeptanzraten für die Gleichstellung der Ehe durch Nicht-LGBTI*-Menschen, die wir je zuvor gesehen haben. Das hilft, mit der Zeit die Herzen und Köpfe zu bewegen.“