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40 Millionen Queers denken an Suizid // © Pyrosky
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40 Millionen Queers denken an Suizid US-Trevor Project will weltweit aktiver werden – erster Schritt: Mexiko

ms - 10.03.2022 - 14:15 Uhr

Das Trevor Project ist eines der größten Hilfsorganisationen für queere Jugendliche in den USA – besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf jungen LGBTI*-Menschen, die in Not geraten sind, obdachlos wurden oder massiv suizidgefährdet sind.

Die Organisation schätzt, dass weltweit jährlich über 40 Millionen queere Jugendliche ernsthaft an Selbstmord denken. Eine erschreckend hohe Zahl, der die Organisation nun verstärkt entgegentreten will und deswegen eine Expansion ihrer Präventionskampagnen in einem ersten Schritt nach Mexiko plant.

Das Nachbarland der Vereinigten Staaten verfügt nur über sehr grobe Fakten und Daten mit Bezug auf LGBTI*-Jugendliche. Das Trevor Project geht aktuell von mehr als 745.000 queeren Menschen im Alter von 13 bis 24 Jahren aus, die sich akut in einer Lebenskrise befinden.

Konkret plant die Organisation bis Ende 2022 ihre digitalen Dienste rund um die Uhr für LGBTI*-Jugendliche in Mexiko anzubieten, darunter fallen Suizidprävention, Krisendienste per SMS und Online-Chats – die Dienste werden in englischer und spanischer Sprache verfügbar sein.

Ferner erklärte The Trevor Project, dass sie mit lokalen Organisationen im ganzen Land zusammenarbeiten werden, um auf den bereits erzielten Fortschritten aufzubauen. Die Expansion in das südliche Nachbarland der USA ist das erste Mal, dass die Gruppe seit ihrer Gründung im Jahr 1998 ihre Dienste im Ausland anbietet. Amit Paley, CEO von The Trevor Project, dazu:

 

"LGBTI*-Jugendliche auf der ganzen Welt haben es verdient, nicht nur zu überleben, sondern auch aufzublühen. Wir glauben nicht, dass man, nur weil man zufällig in einem Land geboren wurde, mehr oder weniger wichtige, lebensrettende Dienste und Hilfeleistungen verdient hat."

 

Die Situation für queere Menschen hat sich in Mexiko in den letzten zwei Jahrzehnten verbessert, zuvor war gerade Homosexualität stark tabuisiert worden. 2015 entschied der oberste Gerichtshof von Mexiko, dass das Ehe-Verbot für Homosexuelle gegen die Verfassung verstößt – gleichgeschlechtliche Paare bekamen damit das Recht, die Ehe-Öffnung vor einem Amtsgericht in den jeweiligen Bundesstaaten einzufordern.

Davor legalisierte bereits Mexiko-Stadt 2009 als erste Stadt in ganz Lateinamerika die gleichgeschlechtliche Ehe. Etwa ein Drittel der 32 Bundesstaaten des Landes taten es bis heute Mexiko-Stadt gleich, zudem laufen in 19 Bundesstaaten aktuell Verfahren, die es künftig queeren Menschen ermöglichen sollen, ihre Geschlechtsidentität in ihren offiziellen Dokumenten zu ändern. Die LGBTI*-Communitys beschränken sich allerdings nach wie vor zumeist auf die Großstädte wie Mexiko-Stadt, Monterrey, Guadalajara und Tijuana – in ländlichen Regionen gibt es dagegen nach wie vor eine starke Ablehnung gegenüber queeren Menschen. 

Nach Angaben der mexikanischen LGBTI*-Rechtsgruppe Letra Ese wurden im Jahr 2020 mindestens 79 queere Personen in Mexiko getötet. Cristian González Cabrera, der für Human Rights Watch über LGBTI*-Rechte in Lateinamerika recherchiert, freut sich über die Expansionspläne von The Trevor Project:

 

"Rechtliche Fortschritte führen nicht immer zu sozialen oder gelebten Fortschritten für LGBTI*-Menschen in der Region. Mexiko ist in bestimmten Aspekten und Regionen nach wie vor ein konservatives Land, und LGBTI*-Personen erfahren weiterhin alle Arten von Diskriminierung in allen Lebensbereichen, sei es im Bildungswesen, im Gesundheitswesen oder auch auf dem Arbeitsmarkt."

 

Die Non-Profit-Organisation The Trevor Project schätzt, dass allein in den USA rund 42 Prozent der LGBTI*-Jugendlichen und mehr als die Hälfte der trans-Jugendlichen binnen eines Jahres ernsthaft an Selbstmord gedacht haben. Weltweit geht die Fachgruppe von rund 40 Millionen suizidgefährdeten jungen Queers aus. Das erklärte Ziel der Organisation ist es, Leben zu retten, wobei CEO Amit Paley betont:

"Mexiko wird das erste Land sein, in dem wir expandieren, aber es wird nicht das letzte sein!“

Hier gibt es Hilfe
Die Berichterstattung über Suizid ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen, die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst.

Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de

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