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Kommt das flächendeckende Nein zu Konversionstherapien?
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Aufruhr nach Verbot Kommt das flächendeckende Nein zu Konversionstherapien?

ms - 19.01.2022 - 14:30 Uhr

Ist es ein letztes Aufbäumen für die Konversionstherapien oder droht LGBTI*-Menschen ein Comeback der menschenfeindlichen Therapiemethoden, die aus queeren Menschen Heterosexuelle machen sollen. In Kanada sind Konversionstherapien seit dem 07. Januar 2022 verboten (Gesetz C-4), in den USA gibt es in neun Bundesstaaten ebenso ein Verbot solcher Angebote für Minderjährige und es besteht die Chance, dass die Biden-Regierung ein bundesweites Verbot anstreben könnte.

Dagegen formierte sich am vergangenen Wochenende massiver Widerstand. Mehr als 4.000 christliche Pastoren in den USA und in Kanada predigten am letzten Sonntag für die Konversionstherapie. Die Pastoren positionierten sich klar gegen die beiden Regierungen und wetterten vehement gegen das Verbot. Wie von christlichen Fundamentalisten nicht anders zu erwarten, holten die gläubigen Herren erneut zum großen Paukenschlag aus und sprachen von einer „Geste des Hasses“ gegenüber dem höchsten Gott.

Es wirkt wie ein letztes Aufbäumen von konservativen Hardlinern und fundamentalen Christen. In Kanada herrscht dagegen mehrheitlich große Freude über das neue Gesetz, wie auch Nicholas Schiavo von No Conversion Canada in einer gemeinsamen Erklärung mit The Trevor Project bekräftigte: "Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs C-4 und die einstimmige Unterstützung durch alle Abgeordneten des Parlaments sendet eine klare Botschaft an die LGBTI*-Kanadier: Ihr seid gleichwertig und verdient ein Leben ohne Verletzungen. Jetzt, da wir diesen historischen Moment feiern, müssen wir den Überlebenden und ihrer unermüdlichen Fürsprache danken. Nur so konnten wir diesen Moment erreichen, in dem die Konversions-'Therapie' in unserem Land endlich verboten wird!"

In Deutschland wurde im Juni 2020 das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen erlassen, welches verbietet, diese „Therapien“ bei Minderjährigen durchzuführen. Auch eine Werbung für solche Angebote ist verboten. Das französische Parlament verabschiedete im Dezember 2021 ein landesweites Verbot. In der Schweiz wurde bis dato von mehreren Nationalräten eine parlamentarische Initiative eingereicht, ein Verbot gibt es allerdings noch nicht.

Der österreichische Nationalrat hat sich im Juni 2021 einstimmig für ein Verbot von Konversions-Therapieformen an Minderjährigen ausgesprochen. Das Verbot selbst hängt noch immer in den Fachgremien fest, wo es offenbar von Sitzung zu Sitzung verschoben wird. Man wird das Gefühl nicht los, dass es sich um eine Hinhaltetaktik handelt, die diese Woche auch den SPÖ-Politiker Mario Lindner sichtbar erzürnte. Auf Twitter schrieb er: „Heute im Gleichbehandlungsausschuss haben ÖVP/Grüne mal wieder gezeigt, wie Gleichstellungspolitik NICHT geht: Aktionsplan gegen LGBTIQ-feindliche Gewalt vertagt. Flächendeckende LGBTIQ-Jugendarbeit vertagt. Qualitätsvolle sexuelle Bildung in Schulen vertagt. Wenn man alles nur aussitzt und vertagt, passieren halt auch Pannen, zum Beispiel als heute von der Regierung vergessen wurde, einen Vertagungsantrag zu stellen, als es um das gesetzliche Verbot von Konversionstherapien ging, und dieser Antrag daher abgelehnt wurde. Das war wohl ein Versehen, aber es zeigt, wie sinnlos die permanente Verschiebe-Taktik der Regierung im Parlament ist.“ Lindner ist Abgeordneter im Nationalrat und war auch zwei Jahre lang bis Oktober 2019 Sprecher für Gleichbehandlung, Diversität und LGBTI*.

So geht es auch in Europa schrittweise vorwärts. Das Europäische Parlament befürwortete erstmals auch mit einer Mehrheit der Abgeordneten im März 2018, Therapien zur „Heilung“ von Homosexualität gesetzlich verbieten zu wollen. Klar ist, dass alle führenden internationalen psychiatrischen und psychologischen Fachgesellschaften darin übereinstimmen, dass Konversionstherapien schädlich für das psychische Wohl von Menschen sind.

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