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Harte Kritik am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
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Diskriminierung von LGBTI*-Flüchtlingen Harte Kritik am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

ms - 20.01.2022 - 11:00 Uhr

Es ist eine menschenunwürdige Praxis, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (kurz BAMF) seit geraumer Zeit etabliert hat. So wirft das BAMF nach internen Vorgaben bei asylsuchenden queeren Menschen weiterhin die Frage auf, ob diese LGBTI*-Flüchtlinge nach ihrer möglichen Rückkehr in ihr Herkunftsland ihre sexuelle Orientierung oder ihre geschlechtliche Identität offen oder heimlich ausleben werden. Das BAMF fällt dabei die Prognose eigenmächtig und ermittelt damit auch gleich die mögliche Verfolgungswahrscheinlichkeit. Salopp gesagt: Verheimlicht ein queerer Mensch in seiner homophoben Heimat seine Sexualität oder Geschlechtsidentität, droht ihm auch keine Gewalt – also entfällt auch der Grund für ein mögliches Asyl in Deutschland. Ziel dieser Politik ist es, LGBTI*-Flüchtlinge so auch in Staaten wie Pakistan oder den Iran abschieben zu können, wo ihnen Verfolgung und Tod droht.

Queere Integration © Mario De Moya F
© Mario De Moya F

Nach dem Verwaltungsgericht Braunschweig hat nun auch das Verwaltungsgericht Leipzig diese gängige Praxis als rechtswidrig eingestuft. Patrick Dörr, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), erklärt dazu:

„Es freut uns sehr, dass jetzt bereits zwei Verwaltungsgerichte erklärt haben, dass die Behörden die Verfolgungswahrscheinlichkeit bei queeren Geflüchteten nicht anhand von fragwürdigen Prognosen beurteilen dürfen, ob diese bei Rückkehr ungeoutet und „diskret“ leben würden. Diese Praxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge als auch vieler Gerichte verstößt seit Jahren gegen die geltende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum sogenannten Diskretionsgebot. Die neue Innenministerin Faeser muss diesem rechtswidrigen Vorgehen im BAMF endlich einen Riegel vorschieben (…) Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die Asylverfahren für queere Verfolgte und insbesondere die Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr zu überprüfen. Bei der Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit hat das BAMF bei queeren Geflüchteten grundsätzlich von einem offenen, geouteten Leben und nicht von einem vermuteten „Doppelleben“ auszugehen.“

© djedzura
© djedzura

Der LSVD bezieht sich damit explizit auf eine Passage im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung. Darin heißt es: „Wir werden für queere Verfolgte Asylverfahren überprüfen (z.B. Dolmetscher, Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr), Unterbringung sicherer machen und eine besondere Rechtsberatung einrichten.“

Bereits 2021 hat der LSVD dem BAMF rund siebzig negative Asylbescheide von LGBTI*-Flüchtlingen zur Überprüfung vorgelegt. In all diesen Fällen war der Asylantrag abgelehnt worden, da die Behörde angenommen hat, die betroffenen queeren Personen würden ungeoutet in ihrem Heimatland leben. Gegen diese beschämende Praxis in Deutschland hat sich bereits 2013 der Europäische Gerichtshof gestellt, der klarstellte, dass zuständige Behörden nicht erwarten dürften, dass Flüchtlinge ihre sexuelle Orientierung geheim halten. 

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