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Ex-Bischof wegen Missbrauch verurteilt // © IMAGO / Agencia EFE
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Ex-Bischof wegen Missbrauch verurteilt Junge Priesteranwärter sollen missbraucht worden sein

ms - 08.03.2022 - 16:00 Uhr

So wie es aktuell aussieht, dürfte 2022 kein so gutes Jahr für die Kirche werden – nach dem Gruppen-Outing von Mitarbeitern und einem erschütternden neuen Missbrauchsgutachten mit rund fünfhundert Opfern aus Bayern allein nun der nächste Paukenschlag:

In Argentinien wurde ein Ex-Bischof zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er mindestens zwei junge Anwärter für das Priesteramt missbraucht haben soll. Besonders pikant dabei: Der Verurteilte ist ein enger Freund von Papst Franziskus, der selbst aus Argentinien kommt und dort viele Jahre zuletzt als Erzbischof von Buenos Aires und zuletzt als Kardinal tätig war. Franziskus hatte für seinen guten Freund 2017 eigens einen Posten im Vatikan geschaffen, nachdem dieser als Bischof zurückgetreten war.

Bei dem ehemaligen Bischof von Orán handelt es sich um den 58-jährigen Gustavo Oscar Zanchetta. Nebst den sexuellen Missbrauchsvorwürfen wurden auch finanzielle Unregelmäßigkeiten festgestellt, der Geistliche soll Gelder in Höhe von rund einer Viertelmillion Euro unterschlagen haben. Pikanterweise arbeitete der Ex-Bischof zuletzt in der vatikanischen Vermögensverwaltung. Bereits 2019 waren erste Unregelmäßigkeiten aufgefallen, weswegen er kurzfristig suspendiert wurde und vor der Staatsanwaltschaft in Argentinien floh. Zanchetta wurde daraufhin mit einem internationalen Haftbefehl gesucht.

Viel schwerer als die Vorwürfe finanzieller Natur dürfte aber der Missbrauch von jungen Geistlichen wiegen. Immer wieder soll sich der Mann während seiner Zeit als Bischof von Orán an den beiden jungen Männern vergangen haben. Wahrscheinlich handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs, denn auch andere Priesteranwärter meldeten übergriffiges Verhalten, wobei dies nicht in die Anklage aufgenommen worden war.

„Wir können das Ausmaß des erlittenen Schadens der Opfer nicht bemessen, aber wir haben die Pflicht, ihnen und der Gesellschaft eine Antwort von Seiten der Justiz zu geben“, so Staatsanwalt Pablo Rivero. Zanchetta wurde gleich nach der Urteilsverkündung festgenommen, da die Staatsanwaltschaft von Fluchtgefahr ausgeht.

Der gesamte Fall entwickelt sich in diesen Tagen gerade zu einem Bumerang für Papst Franziskus, der mehrfach zu Beginn seiner Amtszeit eine „Null-Toleranz-Strategie“ gegenüber katholischen Priestern angekündigt hat, die Schutzbefohlene und Minderjährige sexuell missbraucht haben.

Im Fall seines guten Freundes scheint Franziskus nun anscheinend ein Auge zugedrückt zu haben, denn der Papst soll schon frühzeitig Kenntnis von den Vorwürfen gehabt haben. Aus der Vernehmung des Ex-Bischofs ging hervor, dass er von Franziskus darauf angesprochen worden war, als auf dem Smartphone des Angeklagten pornografische Bilder gefunden worden waren. Nachdem Zanchetta erklärt hatte, Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein, war für Papst Franziskus ganz im Sinne der christlichen „Null-Toleranz-Strategie“ die Sachlage erledigt.

Das Bild deckt sich erneut mit den Aussagen, die nach dem Gutachten aus München gemacht worden waren: Vertuschung und Leugnung scheinen in puncto Missbrauchsvorwürfen bis heute die gängige Praxis in der Kirche zu sein.   

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