Kanton Bern wagt ersten Schritt Kommt das Verbot von „Homo-Heilungen“?
Und sie bewegt sich doch! Langsam und gemächlich – ein Komiker würde sagen, wie es eben die Art der Schweizer ist – bewegen sich die Eidgenossen der Alpenrepublik hin zu einem landesweiten Verbot von Konversionstherapien.
Einen wichtigen Schritt mit möglicher Signalwirkung für das ganze Land machte jetzt der Große Rat im Kanton Bern. Mit deutlicher Mehrheit von 90 zu 54 Stimmen sprachen sich die Politiker jetzt für eine Richtlinie aus, die ein Verbot der „Homo-Heilungen“ vorsieht. Bemerkenswert dabei ist, dass quer durch die Parteien die Politiker für ein Verbot votierten. In einem nächsten Schritt wird diese sogenannte Motion jetzt an den Regierungsrat in Bern überwiesen, der ein entsprechendes Gesetz ausarbeiten muss.
Je mehr Kantone sich klar gegen die menschenverachtenden und gefährlichen „Therapie“-Angebote wenden, desto größer wird der Druck auf die Schweizer Regierung, endlich eine landesweite Regelung anzustreben. So haben sich bereits auch die Kantone Neuenburg, Basel-Stadt, Genf und Waadt für das Verbot ausgesprochen und ebenso eine Motion eingereicht. Ohne ein landesweites Verbot verpufft die Wirkung der Entscheidungen einzelner Regionen vollends, denn die Anbieter solcher Praktiken können dann einfach ihre Zelte ein paar Kilometer weiter in einem anderen Kanton aufschlagen.
Initiiert wurden die Aktionen gegen die Konversionstherapien von der Gruppe Network Gay Leadership (NGL) und wird inzwischen von zahlreichen Vereinen und Organisationen unterstützt.
Die Leadership-Gruppe sieht die jetzige Entscheidung aus Bern als positives Zeichen, gerade mit Blick auf die Vergangenheit der Schweiz. Auch in anderen Gleichstellungspunkten für die LGBTI*-Community waren einer landesweiten Entscheidung stets einzelne Kantone vorausgegangen, die das Thema vorangetrieben hatten. Im Oktober 2021 wurden bereits zudem zwei parlamentarische Initiativen für ein Verbot von Konversionshandlungen eingereicht - ein zumeist stark bürokratischer Prozess, dessen Begutachtung gerne einmal zwei Jahre dauern kann.
Die Hoffnung bleibt, dass mit Bern jetzt der Druck abermals erhöht wird, sodass die Schweizer zu einer schnelleren Entscheidung gedrängt werden - sowohl der Nationalrat wie auch der Bundesrat hatten das Thema zuvor immer wieder vertagt und schlussendlich erklärt, dass man keinen Handlungsbedarf sehe. Diese Einschätzung dürfte inzwischen als überholt verstanden werden – nach seriösen Schätzungen von Pink Cross sind bereits rund 14.000 Schweizer Opfer einer Konversionstherapie geworden.
Das Network Gay Leadership befürchtet zudem, dass die Schweiz immer mehr zu einer „Insel“ in Europa werden könnte, die solche Praktiken noch erlaubt.
Im Nachbarland Österreich könnte vielleicht noch in diesem Sommer ebenso ein Verbot umgesetzt werden. Rückenwind bekommen die Initiatoren auch von der ASP (Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten), die bereits 2019 klarstellte: „Homosexualität ist keine Krankheit und wurde schon 1992 von der WHO aus der Liste der Krankheiten entfernt.
Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, dass die sexuelle Orientierung durch Therapie verändert werden könne.“ Unabhängig von den Entscheidungen in Ländern wie Österreich, stellt Angelo Barrile von NGL fest: