Massenouting in der Kirche! Rund 100 Angehörige der katholischen Kirche outen sich heute Abend in der ARD
Rund 100 Menschen im Dienste der katholischen Kirche haben sich in der vergangenen Nacht mit der Aktion #OutInChurch als queer geoutet. Es handelt sich dabei konkret um LGBTI*-Personen, die sowohl haupt- wie ehrenamtlich für die katholische Kirche arbeiten – beispielsweise Religionspädagogen, Pastoralassistenten oder auch Ordensmänner. Nach dem verheerenden Gutachten über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Bayern (SCHWULISSIMO berichtete) ist dies binnen kürzester Zeit der zweite Schlag gegen die obersten Kirchenvertreter. Überregional bekannte Persönlichkeiten haben sich allerdings nicht geoutet.
Im Kern steht die Frage im Raum, ob die sexuelle Orientierung ein Kündigungsgrund sein darf wie das in der Kirche noch immer gängige Praxis ist. Gegenüber dem Spiegel erklärte sich der schwule katholische Pfarrer Frank Kribber, der bei der Aktion mit dabei ist: „Die Bischöfe müssen wachgerüttelt werden, damit sie an dem Thema nicht mehr vorbeikommen. Wenn keiner sich offen bekennt, wird sich in der Kirche nie etwas ändern.“
Inzwischen meldete sich auch der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann via Twitter zu Wort: „Was für ein Mut! Heute outen sich 125 Priester und Beschäftigte der katholischen Kirche als schwul, lesbisch, bisexuell, trans, inter oder nicht-binär. In ihrem Manifest #outinchurch fordern sie Akzeptanz. Und eine Kirche ohne Angst.“ Es geht dabei um strukturelle Ungerechtigkeiten, die keinem anderen Arbeitgeber in Deutschland sonst so genehmigt werden würden. In der begleitenden exklusiven ARD-Dokumentation »Wie Gott uns schuf« kommen heute Abend viele der Betroffenen zu Wort und erzählen teilweise sehr berührende Geschichten von einem jahrelangem Kampf und der Doppelmoral der katholischen Kirche. Warum viele dieser Menschen trotzdem bis heute für die Kirche arbeiten, erklären sie zumeist mit ihrer Leidenschaft und ihrem persönlichen Engagement für die Kirche und den Glauben. Referatsleiter Ehebrecht-Zumsande aus dem Erzbistum Hamburg dazu: „Wir brauchen dringend eine gesellschaftspolitische Debatte darüber, wie es sein kann, dass im Jahr 2022 eine Institution mit ihrem eigenen Arbeitsrecht fundamentale Menschenrechte verletzt. Das kirchliche Arbeitsrecht muss geändert werden, damit niemand mehr aufgrund seiner sexuellen Identität seinen Job, seine Karriere und sein Auskommen verlieren kann.“
Bleibt die Frage offen, wie und ob die katholische Kirche darauf reagieren wird. Auf das vernichtende Gutachten von letzter Woche haben die führenden Köpfe der Institution bisher mit kurzen, nichtssagenden Statements oder gleich ganz mit altbekanntem Schweigen reagiert. Wird die Kirche also weiterhin versuchen, ihre massiven Probleme einfach auszusitzen?
TV Tipp: »Wie Gott uns schuf«: 24. Januar 2022, 22.25 Uhr, Das Erste.