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Geheime LGBTI*-Listen

Geheime LGBTI*-Listen US-Gouverneur Ron DeSantis will Universitäten einschüchtern

ms - 20.01.2023 - 11:00 Uhr

Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, hat sich im vergangenen Jahr weit über die Grenzen seines Bundesstaates hinaus einen Namen gemacht, als er trotz aller Widerstände das berüchtigte “Don´t Say Gay“-Gesetz im Juli 2022 in Kraft treten hat lassen, das seitdem alle LGBTI*-Themen an Schulen unter Strafandrohung verbietet. Damit hat sich DeSantis gleichzeitig auch als möglicher republikanischer Kandidat für die US-Präsidentschaftswahlen 2024 in Stellung gebracht. Das scheint DeSantis allerdings noch nicht genug zu sein – nachdem er gerade dabei ist, den Disney-Konzern massiv anzugreifen, legte er nun in dieser Woche nach und scheint eine Hetzjagd auf Trans-Personen beginnen zu wollen.

Texas als Vorbild für Florida?

Bereits in Texas versucht der ebenso queer-feindliche Gouverneur Greg Abbott derzeit eine Art von “Verdächtigen-Liste“ erstellen zu lassen, die alle Trans-Personen im Bundesstaat dokumentieren soll. Zuvor hatte Abbott im letzten Jahr die Jugendämter angewiesen, Ermittlungen aufgrund von Kindesmissbrauch einzuleiten gegen Eltern, die ihren minderjährigen Kindern medizinische Trans-Behandlungen ermöglichen. Ron DeSantis scheint nun in eine ähnliche Richtung unterwegs zu sein – er forderte von allen Universitäten im Bundesstaat Florida, sie mögen alle Informationen über jene Studenten weitergeben, die eine geschlechtsangleichende Gesundheitsversorgung erhalten.

Alle Daten zu Trans-Personen sollen erfasst werden

Warum DeSantis diese Informationen konkret haben möchte, ließ er auch auf Rückfrage unbeantwortet. Mehrere Universitäten im Bundesstaat bieten Dienstleistungen für Personen an, die an einer Geschlechtsdysphorie leiden. Dabei will es die Regierung offenbar ganz genau wissen: In der Umfrage wird nach Daten über die Anzahl der Personen gefragt, bei denen eine Geschlechtsdysphorie diagnostiziert wurde oder die in Universitätskliniken behandelt wurden.

Die Universitäten werden gebeten, die Anzahl der Studenten anzugeben, die in den letzten fünf Jahren geschlechtsangleichende Behandlungen, einschließlich chirurgischer Eingriffe, erhalten haben, und ebenso anzugeben, wo die Behandlung durchgeführt wurde, sowie eine Aufschlüsselung nach Alter der Personen, denen Hormone oder ähnliche Medikamente wie Pubertätsblocker verschrieben wurden oder die sich chirurgischen Eingriffen unterzogen haben.

Kein Geld mehr für LGBTI*-freundliche Universitäten?

Seitens des Regierungsstabes hieß es nach mehrfacher Rückfrage der Universitäten schlussendlich nur, die Umfragen dienten der Aufgabe des Bundesstaates, die “institutionellen Ressourcen zu verwalten und das öffentliche Interesse“ zu schützen. Für LGBTI*-Aktivisten ist klar, DeSantis will mit den anstehenden Haushaltsplanungen im Februar dieses Jahres die Gelder bei all jenen Universitäten kürzen, die Trans-Personen unterstützen. "Ich denke, dass eine vollständige Abschaffung von Dienstleistungen sicherlich auf dem Tisch liegt", so Fentrice Driskell, Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus von Florida.

Und Pressesprecher Brandon Wolf von Equality Florida erklärte: „Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass DeSantis sein Amt benutzt, um zu versuchen, Hochschulen und Universitäten einzuschüchtern, damit sie ihre Studenten weniger einbeziehen, um sich politisch zu bereichern. Diese Institutionen sollten trotz der Versuche des Gouverneurs, sie einzuschüchtern, weiterhin positive Dienstleistungen für alle Studierenden anbieten."

Was macht der Gouverneur mit geheimen Listen?

Die Pläne des Gouverneurs scheinen indes noch weiter zu gehen, denn inzwischen forderte DeSantis die staatlichen Universitäten zudem auf, alle Ausgaben aufzulisten, die sie für Programme zur Förderung von Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion an den Bildungseinrichtungen verwenden. Driskell stellt dazu weiter klar: "So etwas habe ich noch nie gesehen. Es ist eine wirklich erschreckende Situation, in der wir uns in der Geschichte Floridas befinden!“ LGBTI*-Aktivisten befürchten zudem, dass der Gouverneur nicht nur auf finanzieller Seite gegen die Community vorgehen könnte, sondern stellen sich außerdem die bange Frage: Was könnte DeSantis noch alles mit gesammelten geheimen Listen von allen Trans-Personen im Bundesstaat anstellen?

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